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04.05.2016

Betreff: Saugferkelversorgung

Einige Anmerkungen zur Saugferkelversorgung:
1. Heutzutage gibt es mehr Saugferkel als funktionsfähige Zitzen in den ersten Tagen an der Sau
2. Als Folge kommt es bereits in den ersten Stunden und Tagen nach der Geburt zu starken Kämpfen um die Zitzen unter den Ferkel. Dies führt zu Bißverletzungen im Bereich der Köpfe der Ferkel, aber auch zu Verletzungen am oberen Kronsaumbereich der noch weichen Klauen. Hierdurch gelangen Erreger (Strepto-, Staphylokokken, Arcanobakterien)bereits in den ersten Tagen in das unschuldige Ferkel. Folgen sind Entzündungen auf der Haut, aber auch aufsteigend in Gelenken.
3. Der Nabel trocknet in den ersten 6 Stunden nach der Geburt ab. In dieser Zeit ist er aber äußerst empfänglich für Infektionen mit obigen Erregern, die in der Umgebung vorhanden sind. Durch Kapillarwirkung gelangen diese Eitererreger bis in den Übergangsbereich zur Bauchhöhle. Hier setzen sie sich meistens fest und es kommt zu einer kleinen entzündlichen Veränderung in diesem Bereich. Während der folgenden Saugferkelphase merkt man noch gar nichts, aber gegen Ende der Flatdeckphase tauchen dann auf einmal vermehrt Nabelbrüche auf. Diese beruhen darauf, dass die Entzündungen im Ferkelalter zwar ausheilen, aber an der Stelle das Bauchfell nicht geschlossen ist, sodass hier eine Prädilektionsstelle verbleibt. Mit zunehmendem Gewicht der Ferkel kommt es dann zwangsläufig zum Nabelbruch. Ohne Metaphylaxe können diese Brüche bis zu 5 % der Ferkel betreffen.
4. Eine Eisenversorgung der Ferkel nach dem 4. Lebenstag führt zu einem sichtbaren Auftreten von blassen Ferkeln gegen Ende der Säuge-, Anfang der Flatdeckphase. Eisen ist nicht nur lebensnotwendig für den Sauerstofftransport, sondern auch für die Immunabwehr des Ferkels. Bei heutzutage bis zu 16 lebend geborenen Ferkeln pro Wurf kommt es vor allen Dingen bei den leichteren Ferkeln bereits bei der Geburt zu einem latenten Eisenmangel. Auch die Versorgung mit Biestmilch kann bei dieser hohen Anzahl Ferkel diesen Mangel nicht ausgleichen. Folgen sind höhere Infektanfälligkeiten der Ferkel
5. Auch die Sauen werden durch die spitzen Zähne der kleinen Saugferkel arg in Mitleidenschaft gezogen. Auf Grund der Rangkämpfe kommt es zu einer nicht unerheblichen Reizung rund um die Striche, so dass es eine Vielzahl von Sauen gibt, die nicht mehr säugen wollen als eben nötig. Dieser Prozess setzt sich dann die ganze Säugephase fort.

Diese geschilderten Fakten sollten in die Beurteilung der Saugferkelversorgung dringend einbezogen werden. Auch ich hätte nichts dagegen die Saugferkel in den ersten Tagen in Ruhe zu lassen, aber dann müssen wir die Uhr in der Ferkelproduktion 20 Jahre zurückdrehen. Alternativ wäre es auch möglich die Ferkel direkt nach der Geburt so aufzuteilen, dass jedes Ferkel einen funktionierenden Platz am Gesäuge findet. Dann wäre vielleicht auch das Zähneschleifen überflüssig. Ziel aller Maßnahmen muss es sein Saugferkelverluste zu senken, Sauen zu schonen und möglichst gesunde Ferkel zu verkaufen. Ich empfehle immmer wieder, eine Hälfte der Abferkelabteile der frühen Saugferkelbehandlung zu unterziehen und die andere Hälfte in Ruhe zu lassen. Am Ende der Säugephase werden die Ferkel dann gewogen, beurteilt, die Saugferkelverluste verglichen und eine Gesäugebeurteilung der Sauen vorgenommen. Sollten sich hierbei nach mehreren Durchgängen keine signifikanten Unterschiede zeigen, so kann man auf seinem Betrieb ruhig auf die frühe Saugferkelbehandlung verzichten.

MfG
Heinrich