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Streptokokken - ein zunehmendes Problem in der Schweineproduktion



Das Bakterium Streptococcus suis hat in deutschen Schweinebeständen als Erreger von Erkrankungen besonders im Saugferkel- und Aufzuchtbereich eine große Bedeutung. In seltenen Fällen kann der Erreger auch Erkrankungen beim Menschen hervorrufen. Nach neuesten Untersuchungen haben Personen, die beruflich mit Schweinen zu tun haben (Landwirte, Tierärzte, Metzger etc.) ein 1.500fach höheres Risiko an einer Streptokokken-Infektion zu erkranken als Personen anderer Berufsgruppen: 83 Prozent aller erkrankten Personen haben oder hatten Kontakt mit Schweinen. Obwohl der größere Teil dieser Erkrankung symptomlos oder mit milden Symptomen verläuft, sterben nach einer niederländischen Untersuchung 7 Prozent der Betroffenen. Die genannten Fakten sind ein zusätzlicher Grund, ganz entschieden gegen den gefährlichen Erreger vorzugehen.


Je nach Zeitpunkt, Art und Schwere der Erkrankung beim Schwein kann man eine grobe Einteilung treffen:

·  1. Frühe Streptokokkeninfektion im Saugferkelalter

·  2. Spätere Streptokokkeninfektion in Aufzucht und Mast

·  3. Streptococcus suis als Sekundärerreger
·  4. Streptokokkeninfektionen der Zuchtsauen


Frühe Streptokokkeninfektion im Saugferkelalter 

Ein Problem, das fast jeder Ferkelerzeuger kennt. Hervorgerufen u. a. durch Streptococcus suis erkranken Saugferkel meist gegen Ende der ersten Lebenswoche. Die Infektion erfolgt über die Muttersau, der Erreger sitzt meist auf den Tonsillen (Mandeln) der Sau, ohne dort aber Schaden anzurichten. Die Ferkel infizieren sich in der Regel über frische Wunden,
wie beispielsweise den Nabel. Möglich sind auch Infektionen über kleine Wunden am Kronsaum (raue Böden!) oder eine eröffnete Zahnhöhle bei abgekniffenen Zähnen.

Typischerweise bekommt das betroffene Ferkel Fieber, zeigt ein gestörtes Allgemeinbefinden, oft auch raues, struppiges Haarkleid. Zunächst sind vor allem die Gelenke betroffen, die ersten Schwellungen zeigen sich sehr oft am Karpalgelenk, vielfach zunächst ohne Lahmheit (Abbildung 1). Die gefürchtete Hirnhautentzündung (Meningitis), bei der die Tiere im Endstadium rudernd seitlich am Boden liegen, entsteht meist über eine Ohrenentzündung.
Dementsprechend ist das erste Symptom oft ein Schiefhalten des Kopfes oder einfach nur ein typisches Verdrehen der Augen (Abbildung 2). Aufmerksame Landwirte, die diese ersten Hinweise zu deuten wissen und nach Anweisung des Tierarztes sofort ein wirksames Injektionsantibiotikum einsetzen, können das betroffene Tier oft noch retten. Für Tiere, die bereits in Seitenlage sind, ist die Prognose dagegen eher schlecht. Allerdings ist dieser schwere und tödliche Verlauf nicht die Regel, der größere wirtschaftliche Verlust
entsteht dem Betrieb durch Kümmerer, die die Erkrankung zwar überstanden, aber in der wichtigen und sensiblen Neugeborenenphase irreparable Schäden davongetragen haben.

Da Streptococcus suis praktisch überall vorkommt, ist Hygiene im betroffenen Betrieb oberstes Gebot. Besonders gefährdet sind Jungsauenwürfe, Würfe von MMA-kranken Sauen und untergewichtige Ferkel, deren Immunsystem den Keim nicht eliminieren kann.

In gefährdeten Betrieben gibt es folglich eine ganze Reihe von Maßnahmen, die der Landwirt streng beachten sollte:

·  * Vor Einstallung in den sauberen und desinfizierten Abferkelbereich die Sau waschen

·  * Geburtsüberwachung und Nabeldesinfektion bei den Neugeborenen

·  * Zähne auf keinen Fall kneifen sondern wenn nötig schleifen

·  * Sämtliche biotechnischen Maßnahmen (Kupieren, Kastrieren, Impfen) mit sauberen, desinfizierten Instrumenten durchführen

·  * Konsequente MMA-Überwachung der Sauen (Temperaturkontrolle), eventuell antibiotische Therapie

Vielfach reichen diese Maßnahmen zunächst nicht aus oder es ist nicht kurzfristig möglich, die Ursachen abzustellen. So findet man etwa in älteren Abferkelställen häufig sehr raue Böden, an denen sich die neugeborenen Ferkel kleine Wunden am Kronsaum zuziehen. Ein neuer Bodenbelag ist aber eine Maßnahme, die nicht von heute auf morgen umzusetzen ist.

In solchen Fällen wird der Tierarzt zu Rate gezogen. Er wird nach einer gründlichen Untersuchung unter Einbeziehung eines Labors die Diagnose stellen und je nach den Ergebnissen der Resistenztests ein geeignetes Antibiotikum verschreiben. Für neugeborene Ferkel kommt nur die Injektionsbehandlung in Frage, die meist noch zwei bis drei Mal wiederholt werden muss. Werden diese Wiederholungen nicht ordnungsgemäß durchgeführt,
steigt die Gefahr der Wiedererkrankung und der Resistenzbildung erheblich.

Bei der Auswahl des Medikamentes wird der Tierarzt neben der Wirksamkeit vor allem auf die Verträglichkeit und eine lange Wirkungsdauer achten. Manche Betriebe setzen die Muttersau nach Einstallung in den Abferkelbereich zwei bis drei Wochen lang über das Futter unter antibiotischen Schutz. Wenn diese Methode auch nicht ideal erscheint, so ist sie doch in schweren Fällen die einzige Möglichkeit, den Keimdruck wirklich effektiv zu senken.
In hartnäckigen Fällen wird der Tierarzt darüber hinaus empfehlen, einen bestandsspezifischen Impfstoff herstellen lassen. Dieser wird an die Muttersauen verabreicht und schützt die Ferkel über die Biestmilch vor dem gefährlichen Erreger. Die praktischen Erfahrungen mit der Impfung sind dabei jedoch sehr unterschiedlich.


Spätere Streptokokkeninfektion in Aufzucht und Mast 

Auch Streptokokkeninfektionen bei älteren Tieren können auf einer Infektion im Saugferkelalter beruhen. Der Erreger kann auf den Tonsillen (Mandeln) oder in den großen Abwehrzellen der Lunge überleben. Streptoccus suis ist auch ohne Sekundärerreger in der Lage, schwerste Lungenentzündungen, Herzklappenentzündungen oder tödliche Blutvergiftungen zu verursachen. Auch die gefürchteten Hirnhautentzündungen der Aufzuchtferkel entstehen auf diesem Wege. Die Erkrankung bricht typischerweise aus, wenn das Abwehrsystem des Tieres durch Stress oder andere Erkrankungen geschwächt ist. Ebenso sind natürlich Ansteckungen von anderen infizierten Tieren möglich.


Streptococcus suis als Sekundärerreger 

Wie oben bereits ausgeführt, kommen unterschiedliche Streptokokken-Stämme praktisch überall vor. Nicht nur bei Saugferkeln, auch bei älteren Tieren kann es folglich jederzeit zu einer Infektion über alle möglichen Eintrittspforten wie kleinste Wunden kommen. Wenn nun das Immunsystem des Tieres mit einer viralen Atemwegserkrankung wie zum Beispiel PRRS zu tun hat, können sich Streptokokken auf geschädigtes Gewebe setzen, sich
vermehren und den Verlauf solcher Viruserkrankungen ganz erheblich verschlimmern. Dies ist auch der Grund, warum man bei Virusinfektionen in der Regel auch Antibiotika einsetzt. Gegen die Viren sind Antibiotika zwar unwirksam, aber sie verhindern die gefürchteten bakteriellen Sekundärinfektionen.

Streptokokkeninfektionen der Zuchtsauen 

In abortierten Feten und aus dem Genitaltrakt der Sau konnten bereits Streptokokken nachgewiesen werden. Normalerweise wird Streptococcus suis allein einer gesunden Sau nichts anhaben können, als alleinige Ursache für Aborte ist er eher unwahrscheinlich. Allerdings nutzt der Erreger auch Läsionen im Genitalbereich und ein geschwächtes Immunsystem, um sich stark zu vermehren und Erkrankungen hervorzurufen oder zu verkomplizieren. 

Darüber hinaus muss man berücksichtigen, dass die Sau das Erregerreservoir darstellt, über das sich die Ferkel dann infizieren. Insofern sollte alles unternommen werden, um die Sauen eines Betriebes unter möglichst hygienischen Bedingungen zu halten.



Fazit

Streptococcus suis ist ein häufiger und gefährlicher Erreger in deutschen Schweinebeständen, der mit konsequenter Hygiene und zuverlässigen Medikamenten bekämpft werden muss. Neue, arbeitssparende Therapieansätze können in Zukunft erwartet werden. Bei der Auswahl eines geeigneten Therapeutikums greift eine Entscheidung nur über den Preis eines Fläschchens definitiv zu kurz. Geeignete Auswahlkriterien sind nach wie vor die

Wirksamkeit eines Medikamentes und die Gesamtwirtschaftlichkeit einer Therapie. Die Messgrößen die hier zu Rate gezogen werden sollten, sind: Reduktion der Tierverluste, verbesserte Tageszunahmen und Futterverwertung sowie Homogenität der Tiergruppe beim Verkauf. 

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