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Samenzelle, Samenuntersuchung, das Ejakulat und seine Normwerte

Dr. Klaus Truschner, Fachtierarzt für Schweine 

Die Verwendung des Ejakulates für die künstliche Besamung ist von der Erfüllung bestimmter Mindestwerte abhängig:

Mittelwerte und Mindestanforderungen an ein originäres Ebersperma



Merkmal Maßeinheit Mittelwert Mindestanforderung für KB
Volumen des filtrierten Ejakulates ml 200 (50 - 500) mehr als 80
Farbe --- milchweiß (weißgrau bis gelbweiß) grauweiß, milchweiß, gelbweiß
Konsistenz --- milchig (wässrig bis rahmig) wässrig, milchig, rahmig
Anteil vorwärts- beweglicher Spermien % 60 (0 - 80) mehr als 50
Spermienkon- zentration 106Mikroliter 0,3 (0,1 - 1,0) Jungeber: mehr als 0,15; Alteber: mehr als 0,18
Spermiengesamtzahl / Ejakulat 109 60 (2 - 200) ---
morphologisch abnorme Spermien % 15 (5 - 50) weniger als 25
darunter Spermien mit Protoplasmatropfen % 10 (2 - 40) weniger als 20
pathomorphe Spermien % 4 (0 - 15) weniger als 15
pH-Wert --- 7,2 (6,6 - 7,7) ---


Der physiologische Samenerguss des Ebers besteht aus: 
  • Samenzellen (Spermien)
  • Samenplasma (Absonderung der akzessorischen Geschlechtsdrüsen)
  • Sekret der Harnröhrenzwiebeldrüse (Eberkitt)

Die Menge des Ejakulats schwankt von Eber zu Eber sehr stark. Sie ist abhängig vom Alter, der Jahreszeit und der individuellen Veranlagung und liegt in der Regel zwischen 100 und 500 ml.

Bei der Samenuntersuchung wird unterschieden zwischen einer makroskopischen (Volumen, Aussehen, Konsistenz, Farbe, Geruch), einer mikroskopischen (Dichte, Beweglichkeit (Motilität), Anteil der lebenden Samenzellen, veränderte Spermien, Lebensdauer in Form eines Haltbarkeitstests, Verklumpungen, Fremdzellen und andere Beimengungen) und letztens eine chemisch-physikalische Samenuntersuchung (pH-Wert).

Das Ejakulat besteht aus:

1. der Vorphase

2. der ersten Hauptphase (spermienreich)

3. der zweiten Hauptphase (spermienarm)

4. Sekret der Harnröhrenzwiebeldrüse (Eberkitt)



Die einzelnen Samenzellen bestehen aus fünf Teilen:

 


Kopf mit Kopfkappe

  • Hals
  • Mittelstück
  • Hauptstück
  • Schwanz

Der Kopf ist abgeflacht und enthält ebenso wie die Eizelle den halben Satz der Erbanlagen. Dadurch erhält die befruchtete Einzelle nach dem Verschmelzen des weiblichen und männlichen Kernes wieder den vollen Satz an Erbinformation (50% vom Eber, 50% von der Sau). Die Kopfkappe spielt eine große Rolle beim Eindringen der Samenzelle in das Ei. Das Mittelstück enthält die Energiequelle für die Schwanzbewegungen und ist sozusagen der Motor der Samenzelle. Das Samenplasma besteht aus Wasser, verschiedenen Zuckerarten, Säuren, Fermenten, Vitaminen und auch Hormonen und erfüllt eine wichtige Aufgabe bei der endgültigen Reifung der Samenzelle.

Das Sekret der Harnröhrenzwiebeldrüse (der Eberkitt) dient lediglich dem Verschluss des Gebärmutterhalskanals nach der Ejakulation. Jedes Ejakulat ist mehr oder weniger mit Bakterien belastet. Diese stammen zum Großteil aus dem Präputialbeutel und können auch bei sauberster Gewinnung zu einem geringen Prozentsatz in die Samenflüssigkeit gelangen. Aus diesem Grund sind die meisten am Markt erhältlichen Samenverdünner auch mit bestimmten spermaverträglichen Antibiotikazusätzen versehen. 

Prinzipiell gilt: Je sauberer das Ejakulat gewonnen wird, desto besser ist die Haltbarkeit der verdünnten Samenportionen und desto höher ist auch die Sicherheit einer erfolgreichen Besamung. Diese hohen hygienischen Anforderungen können natürlich nur in einem mit entsprechenden Gerätschaften ausgestatteten und kontrollierten Labor einer zentralen Eberstation gewährleistet werden.

Bevor die ersten Ejakulate an die Landwirte ausgegeben werden, erfolgt in den Quarantänestationen eine zweimalige Blutuntersuchung der neu zugekauften Eber auf anzeigpflichtige sowie mit dem Samen übertragbare Krankheitserreger und eine Keimbestimmung des Samenergusses bei der Ankunft in der Station. Jedes Ejakulat wird vor dem Bearbeitungsvorgang auf seine Menge, Beweglichkeit und Dichte geprüft und anschließend erst über eine computergesteuerte Pumpe entsprechend verdünnt. Von der letzten Samentube wird eine nochmalig Beurteilung des Spermas hinsichtlich der Motilität vorgenommen, um sicherzustellen, dass der Verdünnungsvorgang die Vitalität des Samens nicht beeinträchtigt hat. Zusätzlich wird von jeder Samenprobe ein Rückhaltemuster angelegt, um die Beweglichkeit des verdünnten Spermas auch an den folgenden Tagen stets zu überprüfen, solange, bis die Motilität unter den Wert von 40% gesunken ist. Dies dient einerseits der Beurteilung und Auswahl der Eber vor Tagen, an welchen keine Absamung erfolgt (Wochenende, Feiertage), andererseits um bei eventuellen Anfragen in punkto Haltbarkeit stets Kontrolldaten zu haben.






Für die Standortbesamung - geschlossene Eigenbestandsbesamung ("Hofabzapfer") sind folgende Punkte von besonderer Bedeutung:


Fehler bei der Absamung
  • zu hohe Absamfrequenz
  • ungeeignete Sprungunterlage (Phantom)
  • Abbruch des Absamvorganges nach der spermienreichen Samenfaktion
  • schlechte Bodenverhältnisse
  • schlechte Absamhygiene
  • Unwissenheit über Säuberung und Hygiene der Absamgefäße






Fehler bei der Samenmanipulation:
  • blindes Verdünnen (ohne Mikroskop)
  • schnelles Verdünnen
  • Samenverdünnung durch Einfließen des Samens in das Medium
  • keine Temperaturkontrolle
  • unzureichende Hygiene
  • falsche Lagerung

Absamungshygiene
  • regelmäßiger Gesundheits- und Samencheck mit dem Tierarzt
  • Eberhygiene: Kürzen der Präputialhaare, Vorhautsack entleeren, trockenes Reinigen mit Küchenrolle
  • Doppelhandschuhmethode: nach Entfernung des ersten Handschuhs nichts mehr außer Penis berühren
  • Sauberhaltung der Eberbox und des Absambereiches (Desinfektion des Phantoms nach jeder Benutzung)
  • absolute Hygiene bei den Absamungsgefäßen (US-Bag-System)
  • sauberste Absamungstechnik (keine Präputialflüssigkeit in Samenauffanggefäß)
  • Verwerfen des ersten und letzten Jets (Spritzer) des Ejakulates
  • Behandlung von kranken Ebern mit Antibiotika

Reihenfolge der Samenaufbereitung:
  • Ejakulatgewinnung
  • Grobfiltration
  • Feinfiltration
  • Verdünnung
  • Portionierung
  • Lagerung

Samenverdünnung
  • Verdünnungsrate = Verdünnervolumen / Samenmenge
  • Optimalverdünnung: zwischen 8 - 20fach
  • zu geringe Verdünnungsrate: inadäquate Versorgung der Spermien mit Nährstoffen
  • zu hohe Verdünnungsrate: osmotischer Schock der Samenzellen

Erfolgreiche Samenverdünnung: 
  • nur Samen verdünnen mit einer Beweglichkeit >60%
  • Samen und Verdünner sollten gleiche Temperatur haben (max.: 1°C Differenz) - nicht den Samen wärmen, den Verdünner kühlen, um Temperaturgleichheit zu erzielen
  • Verdünner dem Samen langsam hinzufügen und nicht umgekehrt
  • bei Samenverklumpungen (Agglutination): erneute Beurteilung nach 1 : 1 Verdünnung
  • bei permanent auftretenden Samenzellverklumpungen: Samen direkt in 50 - 100 ml Verdünnerlösung auffangen
  • stets erneute Beurteilung der Samenbeweglichkeit nach erfolgter Verdünnung
  • sofortige Portionierung zu Vermeidung unterschiedlicher Samenzellmengen je Dosis während Lagerung




Samenalterung und Herdenfruchtbarkeit
  • regelmäßige Haltbarkeitstests und patho-morphologischer Samenzellcheck (alle 2 Monate)
  • Jungsauen nur mit frischem Sperma (max. 1 - 2 Tage alt) besamen, sonst negative Auswirkungen auf die Abferkelrate und Wurfgröße
  • Altsauen reagieren auf älteres Sperma nicht so sensibel (hier entscheidet der Haltbarkeitstest)
Samenalterung in vitro (Besamungstube)
Es gibt einen kontinuierlichen Abfall der Befruchtungsfähigkeit vom Tag 1 nach dem Absamen bis zum Tag 5, wobei die Verluste in den ersten 2 Tagen nicht so stark sind. Man unterscheidet sogenannte 1 - 2 Tageseber, deren Samen sich nur über diesen Zeitraum befruchtungsfähig hält, von Ebern mit länger haltbarem Sperma (3 - 5 Tage), wobei die Gründe hierfür individueller, genetischer und durch die Häufigkeit der Absamung bedingter Natur sind. Zusätzlich ist eine um 10% niedrigere Befruchtungsrate im Sommer, aufgrund der höheren Temperaturen, gegenüber dem Winter feststellbar.

Angeraten wird, den verdünnten Samen nicht länger als 2 Tage aufzubewahren. Der für die Flüssigkonservierung (Kurzzeitkonservierung) heute am häufigsten verwendete Verdünner ist der sogenannte BTS-Verdünner. Dieser enthält einen EDTA-Zusatz als Calcium-Blocker zur Konservierung. Dadurch wird die Stoffwechselaktivität der Samenzellen herabgesetzt, indem der Antriebsmotor für die Geißelbewegungen gehemmt wird.

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