Header-Grafik

Praxisrelevante Tipps zur hofeigenen Spermagewinnung

Dr. Klaus Truschner, Fachtierarzt für Schweine, Tierärztliche Praxisgemeinschaft Ried 

Einleitung
Die hofeigene Samengewinnung hat in den letzten Jahren gerade in größeren Zuchtbetrieben immer mehr an Bedeutung gewonnen. Gründe dafür sind vor allem die Unabhängigkeit von Samenlieferungen der Besamungsstationen, eine gewisse Kostenersparnis und mehr Flexibilität an Wochenenden/Feiertagen oder bei plötzlich auftretenden Umrauschern.

Trotzdem wird ein Landwirt, der mit der Samengewinnung und -verarbeitung im eigenen Betrieb beginnt, nicht immer sofort den erwünschten durchschlagenden Erfolg haben. Zur hygienisch einwandfreien Spermagewinnung und -verarbeitung gehört viel Sachkenntnis und vor allem auch Erfahrung, denn ungeahnte Fehlerquellen gibt es genug.


Hier eine Auflistung der wichtigsten Fehler, deren Ursachen und Lösungen:


Phantom und äußere Bedingungen
 
Springt der Eber nur ungern, ist er bei der Absamung sehr unruhig bzw. ejakuliert er nur unvollständig oder zu kurz, so kann das Phantom Ursache der Probleme sein: Um dem Eber den notwendigen sicheren Halt zu gewährleisten, ist die Wahl eines Phantoms mit seitlichen Halterungen für die Vorderbeine des Ebers besonders wichtig. Die Größe des Phantoms sollte darüber hinaus auch in einer richtigen Relation zur Körpergröße des Tieres stehen. Besonders für große Eber sollte es nicht zu kurz oder zu niedrig sein, weshalb sich Modelle, die in der Länge und Höhe verstellbar sind, in der Praxis bewähren. Auch ein rutschfester Untergrund ist von entscheidender Bedeutung, denn wenn der Eber während des Absamens abrutscht, besteht für Tier und Mensch eine erhöhte Verletzungsgefahr. 


Peinliche Sauberkeit und hygienisches Arbeiten sind ein absolutes Muss

Das Absamen selber erfordert höchste Genauigkeit in punkto Hygiene. Bei Kontamination des Ejakulates mit Schmutz und Bakterien kommt es zu erhöhten Umrauschraten und schlimmstenfalls zur Infektion der Sauen. Deshalb sollte man während der gesamten Samengewinnung und -verarbeitung auf peinlichste Sauberkeit achten. 

Die Hygiene beginnt schon beim Eber: So müssen die Präputialhaare regelmäßig gekürzt werden, der Vorhautsack sollte entleert und der gesamte Bereich um den Penis muss vor dem Absamen am besten trocken mit Einweg-Zellstoff gereinigt werden.

Aber auch auf die eigenen Hände ist zu achten: Gründliches Händewaschen vor dem Kontakt mit dem Tier und das Tragen von 2 Paar Einmalhandschuhen übereinander hat sich bewährt. Dabei wird, nachdem man alle notwendigen Vorbereitungsarbeiten erledigt hat, der äußere, verschmutzte Handschuh abgestreift und erst dann der Penis des Ebers ergriffen (Doppelhandschuhmethode).

Alle Geräte zur Absamung müssen ebenfalls äußerst sauber gehalten werden. Am wenigsten Kontaminationsgefahr besteht bei Einmalgefäßen, die, wie der Name schon sagt, auf keinen Fall mehrmals benutzt werden sollten. Das Auspacken der Geräte und Einsetzen von Gazefiltern erfolgt am besten mit gewaschenen, behandschuhten Händen bzw. man verwendet fertige Kombinationen (US-Bag-System der Fa. Minitüb). Zum Schutz vor Fliegen kann ein Stück sauberes Fliegengaze über das Tablett mit dem Samenauffanggefäß etc. gelegt werden.

Auch das Phantom muss nach jeder Benutzung gründlich gereinigt und desinfiziert werden. Zum Schutz vor Keimen, Staub und Fliegen sollte es auf keinen Fall im Stall, sondern mit Plastikfolie abgedeckt in einem gesonderten Raum gelagert werden. 
Beim Absamen muss darauf geachtet werden, dass auch vom Eber möglichst wenig Keime in das Sperma gelangen. Daher zieht man den Penis zur Seite, so dass sich das Auffanggefäß nicht direkt unter dem Tier befindet. Das Vor- und Nachsekret sollte aus den gleichen Gründen verworfen werden.


Samenverdünnung
Auch beim Verdünnen des Samens ist hygienisches Arbeiten höchstes Gebot. Besonderes Augenmerk dabei gilt der Temperatur der Verdünnerlösung. Sie darf um höchstens 1°C von der Temperatur des Samens abweichen, da sonst die Samenzellen absterben können. In der Regel kann man nicht davon ausgehen, dass frisches Sperma lange eine Temperatur von 37°C hält, es kühlt vielmehr nach der Entnahme rasch ab. Deshalb sollte sicherheitshalber die Messung im Ejakulat und im Verdünner erfolgen, um den Besamungserfolg nicht zu gefährden. 

Bei der Samenverdünnung folgt man den Angaben des Herstellers der Verdünnerlösung, es empfiehlt sich jedoch unbedingt, die Lösung dem Samen zuzugeben und nicht umgekehrt. Dabei muss durch vorsichtiges Schwenken eine gleichmäßige Verteilung erreicht werden, starkes Schütteln führt zu Qualitätsverlusten.

Mikroskopische Untersuchung
Entscheidend für den Befruchtungserfolg ist der Anteil an vorwärtsbeweglichen Spermien, weshalb der mikroskopischen Untersuchung des Ejakulates vor dem Verdünnen besondere Bedeutung zukommt. Mit ein wenig Übung lässt sich die Motilität (= Beweglichkeit) der Samenzellen gut einschätzen. Auch nach dem Verdünnungsvorgang sollte der Samen mikroskopisch untersucht werden, um eventuelle Verdünnungsfehler sofort festzustellen.
Die Anzahl der Spermien, die für eine ausreichende Befruchtungsrate notwendig ist, liegt bei mindestens 2 Milliarden Samenzellen pro Portion. Für die bestandseigene Samengewinnung wird aber von vielen Experten empfohlen, mindestens 3,5 Milliarden Spermien je Besamungsdosis vorzusehen. Das verdünnte Ejakulat sollte sofort in Portionen aufgeteilt werden, damit eine Entmischung bei der Lagerung verhindert wird.


Lagerung
Die Lagerung der fertigen Samenportionen ist immer vom verwendeten Verdünner abhängig, es ist aber unbedingt darauf zu achten, dass eine Lagertemperatur von 15-17° konstant eingehalten wird. Andernfalls kommt es zu einem massiven Qualitätsverlust bzw. zum Absterben der Spermien. Viele Verdünner konservieren den Samen nur wenig, so dass er am Tag der Gewinnung oder spätestens am folgenden Tag verbraucht werden muss. Zur besseren Nährstoffversorgung sollten die Portionen 2 mal täglich leicht geschwenkt werden, das verhindert auch das Absetzen und ein eventuelles Absticken der Samenzellen.
Besonders wichtig ist eine erneute Beurteilung der Spermienmotilität unmittelbar vor der Verwendung von 1-3 Tage altem Sperma.


Fazit
Beachtet man die Grundsätze der Hygiene und geht man mit dem empfindlichen Ebersperma entsprechend schonend um, so lassen sich mit bestandseigenem Sperma beinahe ebenso gute Befruchtungsraten erzielen wie mit Zukaufsperma. Hygienisches Arbeiten, Geduld, ein gewisses Know-How und Erfahrung werden dabei als wesentliche Faktoren zum Erfolg beitragen.

zurück zur Übersicht