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Künstliche Besamung: Hofabsamer oder Spermazukauf?

Dr. Friedrich Busse, Landwirtschaftskammer Weser-Ems (dlz 3/2000) 

Vom eigenen Eber Sperma gewinnen und damit die Sauen besamen: Eine Reihe spezialisierter Sauenhalter ist dazu bereits übergegangen, um insbesondere Kosten zu sparen. Doch stellt dieses Verfahren hohe Ansprüche und ist auch nicht ganz ohne Nachteile, wie Dr. Friedrich-Wilhelm Busse von der Landwirtschaftskammer 
Weser-Ems erläutert.

Seit den 60er Jahren hat die Anzahl künstlicher Besamungen beim Schwein kontinuierlich zugenommen. Die erste Besamungsstation dazu wurde 1958/59 in Neustadt/Aisch in Bayern gegründet. Hier lag damals die durchschnittliche Sauenzahl pro Betrieb bei acht Tieren. Da es sich bei dieser Größenordnung nicht lohnte, einen eigenen Eber anzuschaffen, griffen viele Schweinehalter auf das neuartige Verfahren zurück. 

1980 machte der Anteil der Besamungen an den Belegungen in Bayern beispielsweise immerhin 29 Prozent aus. In den folgenden Jahren nahm die künstliche Besamung durch Besamungstechniker und durch Eigenbestandsbesamer bundesweit stetig zu. Nach der Novellierung des Tierzuchtgesetzes im Jahre 1990 kann der Sauenhalter aber auch ohne behördliche Genehmigung von seinem eigenen Eber Sperma gewinnen und damit die Sauen seines Bestandes besamen. Um von einer anerkannten Besamungsstation Sperma beziehen zu können, muss ein Betriebs- angehöriger an einem Kurzlehrgang über die Besamung erfolgreich teilgenommen haben. Für die Landwirte, die ihren Eber selbst absamen, ist dagegen keine Genehmigung mehr durch die zuständige Behörde erforderlich. 


Fachkenntnis und bester Hygienestatus sind Pflicht
Wer aber eine hofeigene Besamungsstation erfolgreich betreiben will, benötigt neben Erfahrungen im Deckmanagement fundierte Kenntnisse, wie man Sperma gewinnt und behandelt. Es müssen hohe Hygieneanforderungen beim Umgang mit dem Sperma beachtet werden. Über eine eigene Besamungsstation sollte man erst nachdenken, wenn das Management im Betrieb stimmt, genügend Zeit da ist und bereits überdurchschnittliche Fruchtbarkeitsergebnisse zu Buche stehen – sichtbar insbesondere an der Zahl der aufgezogenen Ferkel, der Wurffolge und der Umrauscherquote.

Damit sich die Kosten für die Einrichtung und den Betrieb einer hofeigenen Besamungsstation rentieren, sollte die Bestandsgröße möglichst über 200, besser 300 Sauen liegen. In den Betrieben sollten Gruppenabferkelung und ein fester Produktionsrhythmus Standard sein. Um hygienisch sauber arbeiten zu können, muss ein separater, gefliester Raum eingerichtet werden. Dieser benötigt Anschluss für warmes und kaltes Wasser, ein Waschbecken, ein Tisch sowie verschiedene Schränke (Wärme-, Kühl-, Vorratsschrank) zum Aufbewahren von Instrumenten, Verdünner und Sperma. Notwendig sind außerdem ein Sprungbock, ein Mikroskop und verschiedene Instrumente (siehe Textkasten „Dies benötigen Sie für die eigene Spermagewinnung“).

Erforderlich sind natürlich in Abhängigkeit von der Bestandsgröße und dem Abferkelrhythmus des Betriebes mehrere Eber, die sich auch als Samenlieferanten eignen. Da hierfür nicht jeder Eber in Frage kommt, muss das Sperma vorher in einem anerkannten Labor biologisch geprüft werden. Gleichzeitig wird getestet, ob der Eber den Sprungbock annimmt und ob er sich mit der behandschuhten Hand absamen lässt. Nur Eber, die alle diese Voraussetzungen erfüllen, lassen sich für die eigene Spermagewinnung einsetzen.

Welche Arbeitsschritte vom Absamen des Ebers bis zum Aufbewahren des Spermas notwendig sind, zeigt der gleichnamige Textkasten. Diese einzelnen Schritte müssen regelmäßig für jede gewonnene Spermaprobe durchgeführt werden, soll die Besamung erfolgreich sein. Wie üblich werden die Sauen dann auch mit dem selbst gewonnenen und aufbereiteten Sperma zwei- bis dreimal unter Beisein des Ebers besamt.


Einheitlichere Ferkel und gute Spermaqualität
Von den Besamungsstationen werden dem Ferkelerzeuger zahlreiche Eber aus den unterschiedlichen Zuchtprogrammen zur Verfügung gestellt. Natürlicher Weise ist auch innerhalb eines Zuchtprogramms die Streuung unter den Ebern hinsichtlich Leistung und Typ nicht unerheblich. Während eines Jahres können in einem Betrieb mit über 100 Sauen durch die Besamung 30 und mehr Eber einer Besamungsstation zum Einsatz kommen. Die genetische Streuung der Vatertiere kann so groß sein, dass der Sauenhalter dem Mäster keine einheitlichen Ferkelpartien liefern kann. Infolge des intensiveren Einsatzes des eigenen Ebers lassen sich dagegen genetisch einheitlichere Ferkel produzieren, wovon auch der Mäster profitiert. 

Auch die Spermaqualität kann sich bei selbst gewonnenem Sperma verbessern, da dieses hier in der Regel nur für zehn bis zwölf Portionen verdünnt wird. Das Sperma unterliegt zudem keiner Beeinflussung durch den Transport und daher auch einer geringeren Temperaturschwankung. Während des Transports mit Post oder Bahn zum Beispiel muss in einigen Monaten trotz einer Isolierverpackung mit Temperaturschwankungen von bis zu 7°C gerechnet werden. Da das beim Schwein verwendete Frischsperma äußerst empfindlich ist, kann die Qualität nach dem Verschicken herabgesetzt sein. Die Folge davon können kleinere Würfe oder eine höhere Umrauscherquote sein.

Mit einer eigenen Besamungsstation lässt sich ebenso das Risiko der Verschleppung von Krankheiten wie Parvovirose oder PRRS, die auch mit dem Sperma übertragen werden können, weiter reduzieren. Da sich die anerkannten Besamungsstationen dieser Gefahr bewusst sind, wird jede Station abgeschirmt betrieben, und alle Eber werden regelmäßig anhand von Blut- und Spermaproben auf die verschiedensten Erreger untersucht.

Für die Aufbereitung des Spermas in einer eigenen Station muss der Landwirt wie schon erwähnt Sachverstand mitbringen und genügend Zeit einplanen. Allein für das Absamen sind mindestens 20 Minuten notwendig. Dazu kommt noch die Zeit für das Vor- und das Nachbereiten des gewonnenen Ejakulates sowie für das Aufbewahren und Reinigen der benutzten Geräte. Daher beträgt der Zeitaufwand pro Eber mindestens 60 Minuten in der Woche. 

Ein Nachteil ist sicherlich auch, dass Anomalien wie Afterlosigkeit, Binneneber oder Brüche sich durch den intensiveren Einsatz der eigenen Eber, sofern er unerkannter Merkmalsträger ist, schneller und häufiger in einem Bestand ausbreiten können. Jeder neu eingestallte Eber sollte daher nach einem Ersteinsatz bei etwa 20 Sauen bis zur Geburt der Ferkel vier Monate lang nicht mehr benutzt werden. So lässt sich erkennen, inwieweit dieser Eber Anomalien vererbt.
Unter den Ebern gibt es auch negative Leistungsvererber, die erst nach dem Schlachten der Nachkommen nach einem Jahr als Versager erkannt werden. In einer eigenen Besamungsstation lassen sich solche leistungsmindernden Faktoren und Fehler eines Ebers nur schlecht früh genug erkennen und beheben. Um das Leistungsvermögen der in den anerkannten Besamungsstationen stehenden Eber beurteilen zu können, testet man diese in Mastprüfanstalten anhand ihrer Nachkommen. 

Für ein „Top-Genetik-Programm“, wie es viele Besamungsstationen beziehungsweise Zuchtverbände praktizieren, werden mindestens 100 Schlachtschweine je Eber geprüft. Außerdem untersucht man die ersten 50 Würfe aller Eber der Station auf das Auftreten von Anomalien. Eber, die eine bestimmte Indexzahl unterschreiten, werden nicht weiter für die Besamung eingesetzt. Sauenhalter mit eigener Spermagewinnung verzichten in der Regel auf diese aufwendigen Eberprüfungen. Hier muss man aber damit rechnen, dass sich diese Betriebe recht schnell vom genetischen Fortschritt abkoppeln, wenn die eigenen Eber ohne einen Leistungstest mehrere Jahre lang im Bestand eingesetzt werden. So vorteilhaft ein gleichmäßiges Mastschwein beim Einsatz nur weniger Eber sein kann, so nachteilig ist es, wenn es sich bei den ungeprüft abgesamten Ebern um schlechte Leistungsvererber handelt.


Bei den Besamungskosten kann man sparen
Sowohl beim Spermazukauf als auch bei der eigenen Gewinnung fallen bestimmte Kosten pro Spermaportion an. Die kalkulierten Festkosten einer eigenen Besamungsstation belaufen sich bei einer fünfjährigen Abschreibung auf etwa 500 DM pro Jahr, einschließlich Reparaturen und Zinsanspruch. Für den Eberkauf muss mit 1300 DM, für dessen Haltung pro Jahr mit rund 1650 DM gerechnet werden. Das bedeutet Kosten für einen Eber von 3450 DM und für zwei Eber von mindestens 6400 DM.

Die Kosten für die Portionierung des Spermas liegen bei 1,40 DM pro Portion. Bei 2,3 Würfen und 2,5 Belegungen pro Sau und Jahr ergeben sich Spermakosten von 7,50 DM pro Sau und Jahr bei eigener Gewinnung. In der Tabelle „So viel kostet die eigene Besamungsstation“ sind die beiden Verfahren der Besamung in unterschiedlich großen Beständen einander gegenübergestellt. Bei der Berechnung der Kosten wurde davon ausgegangen, dass aus einem Ejakulat zwölf Portionen hergestellt werden. Des weiteren davon, dass Betriebe bis 200 Sauen neben einem Sucheber, der nicht zur Spermagewinnung benutzt wird, einen Eber zum Absamen benötigen. 

Berücksichtigt man die Fest- und variablen Kosten schneidet bereits der Betrieb mit mehr als 200 Sauen günstiger ab im Vergleich zum Spermazukauf. Geht man davon aus, dass alle Sauen instrumentell besamt werden. Nicht berechnet wurde, wenn für die hofeigene Besamungsstation ein nachkommengeprüfter Eber eingesetzt wird. Ebenso ist nur schwer zu kalkulieren, wenn der eigene Besamungseber krank wird und nicht für die Spermagewinnung zur Verfügung steht.

Welche praktischen Erfahrungen mit der hofeigenen Besamungsstation liegen vor? Seit mehreren Jahren werden in einer Reihe von Ferkelerzeuger- und in einigen Zuchtbetrieben Eber erfolgreich abgesamt und das gewonnene Sperma für die eigenen Sauen eingesetzt. Die in der Tabelle „Aufzuchtergebnisse bei eigener Spermagewinnung“ aufgeführten Resultate stammen aus Betrieben, in denen die Eber regelmäßig abgesamt werden. Sie zeigen, dass eine hofeigene Besamungsstation für Spezialisten mit gutem Betriebsmanagement und hohen Fruchtbarkeitsleistungen durchaus die Möglichkeit bietet, die Ergebnisse weiter zu steigern. Dazu ist es aber auch erforderlich, möglichst geprüfte Eber mit hoher Leistung einzusetzen. Diese sollten, um auch weiterhin am Zuchtfortschritt teilzunehmen, jährlich ausgetauscht werden


Arbeitsschritte vom Absamen des Ebers bis zum Aufbewahren des Spermas


Absamen des Ebers:

  • Einmalbecher mit Filter bespannen.
  • Eber an Absambock oder rauschende Sau heranführen und aufspringen lassen.
  • Eber ausschachten lassen.
  • Mit der behandschuhten Hand die Spitze des ausgeschachteten Penis umfassen und pulsierenden Druck auf den Penis ausüben.
  • Ejakulat im Becher auffangen.

Zu beachten sind die drei Absamphasen des Ebers:
  • Vorphase: wässrig bis schleimig ohne Sperma.
  • Hauptphase: milchig, spermareich.
  • Hauptphase: wässrig, spermaarm.

Zwischen der ersten und zweiten Hauptphase und zum Schluss wird der sog. Eberkitt ausgeschieden.

Beurteilung des Ejakulates:
  • Phasenkontrastmikroskop mit Heiztisch einstellen, Objektträger anwärmen.
  • Spermatropfen unverdünnt auf den Objektträger geben und untersuchen auf: Bewegungsaktivität, Vorwärts- und Ortsbewegung.
  • Untersuchung auf pathologische Formen und Dichte (eventuell durch anerkanntes Labor durchführen lassen)

Aufbereiten des Ejakulates:
  • Eberkitt abfiltern.
  • Ejakulat grobsinnlich beurteilen nach Farbe und Aussehen.
  • Destilliertes Wasser auf 37° C erwärmen.
  • Antbiotikahaltigen Verdünner zu erwärmtem Wasser geben.
  • Verdünnerlösung nach Herstellerangabe zubereiten
  • Samenflüssigkeit und Verdünnerlösung nach Herstellerangaben vermischen
  • Bis zu maximal zwölf Samenportionen in Einmalkunststoffflaschen abfüllen.
  • Spermaportionen im Wärmeschrank bei 16° C lagern.
  • Samenportionen täglich wenden.
  • Bei Spermaportionen, die älter sind als zwei bis drei Tage, vor dem Besamen die mikroskopische Beurteilung wiederholen und speziell auf die Bewegungsaktivität achten.

Dies benötigen Sie für die eigene Spermagewinnung
  • Einweg- und Mehrwegpipetten
  • Pipettenreiniger und Sterilisator
  • Thermometer
  • Messzylinder ein Liter und zwei Liter
  • Styroporbecher (200 und 400 ml)
  • Filterpapier, Stofffilter
  • Kunststoffflaschen für 100 ml mit Verschluss
  • Einweghandschuhe
  • Papierhandtücher
  • Demineralisator mit Ersatzpatrone
  • Verdünnerlösung
  • Thermobox 
  • Wärmeschrank
  • Phasenkontrastmikroskop mit Heizplatte
  • Sprungbock
  • Trächtigkeitstestgerät oder Scanner

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