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Zur optimalen Gestaltung der Abferkelbucht

D. Hesse, Institut für Betriebstechnik und Bauforschung der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) 

1. Einleitung
Derzeit werden ferkelführende Sauen in der Praxis zumeist in Ferkelschutzkörben (ca. 60 %) oder Anbindung (ca. 33 %) gehalten. Andere Formen (z.B. mit mehr Bewegungsfläche für die Sau) nehmen derzeit ca. 7 % ein (VERDENER BERICHTE, 1998). Die in Forschung und Wissenschaft bekannten etwa 15 verschiedenen Abferkelsysteme, können hier im wesentlichen eingeordnet werden. Mit 48 % werden zumeist Gülleverfahren angewandt. Obwohl das Stroh gerade in diesem Bereich die meiste Arbeit macht, wird es doch in 45 % der Abferkelbuchten genutzt. Die restlichen 7 % sind nicht eindeutig zuzuordnen (VERDENER BERICHTE, 1998). 

In der Praxis zeigen sich immer wieder Probleme im Bereich MMA und insbeondere bei den Ferkelverlusten durch Erdrücken. Im folgenden Beitrag werden zunächst verschiedene Haltungsverfahren diskutiert sowie die durch die Schweinehaltungsverordnung gestellten Anforderungen aufgezeigt. Abschließend werden Kriterien zur Beurteilung von Abferkelbuchten vorgestellt, welche im Rahmen einer DLG-Prüfung erarbeitet wurden.


2. Zur Entwicklung von Abferkelbuchten
Bis in die sechziger Jahre hinein waren Abferkelbuchten ohne Fixierung der Muttersau Standard. In solchen Buchten wurden Ferkel häufig von der Muttersau erdrückt. Zur Verminderung solcher Erdrückungsverluste wurden meist sogenannte “Ferkelschutzrohre” an den Wänden der Bucht befestigt. Doch auch diese bewirkten keine eindeutige Minderung der Erdrückungsverluste (HESSE, 1992).

Einen neuen Ansatz stellte die Abferkelbox der Firma Höhne dar. Hierbei handelte es sich um ein Gestell, welches vor dem Abferkeln in die Bucht geschoben werden konnte, um die Bewegungsmöglichkeiten der Muttersau einzuschränken und so Ferkelverluste zu vermeiden. Diese Abferkelbox hatte offensichtlich positive Effekte in Bezug auf die Ferkelverluste, und so begann die Weiterentwicklung solcher Abferkelboxen (ANONYMUS, 1973).

Im Jahre 1973 wurde die erste Abferkelbucht einer freiwilligen DLG-Gebrauchswertprüfung unterzogen, die Neuma-Abferkelbucht mit Ferkelschutzkorb. Der erfolgreiche Abschluß dieser Prüfung und die aufgrund dieses Ferkelschutzkorbes geringe Zahl an erdrückten Ferkeln führte in der Praxis zu weiteren Entwicklungen zur Verbesserung solcher Ferkelschutzkörbe (ANONYMUS, 1973).

Im Bereich der Verhaltensforschung wurde die Bewegungseinschränkung der Muttersau jedoch als wenig tiergerecht eingestuft, weshalb die Entwicklung von Abferkelbuchten mit freier Bewegung für die Sau vorangetrieben wurde. Von solchen Buchten versprach man sich ausserdem positive Effekte im Hinblick auf das MMA-Risiko und die Geburten. Diese Aktivitäten führten zu zahlreichen völlig unterschiedlichen Entwicklungen, z. B. WEBER, 1991; HESSE, 1992; SCHMID, 1993; PETERCORD, 1995; WEBER, 1996.

Im Jahre 1993 wurden auf der internationalen Messe “Euro-Tier `93” von insgesamt fünf Herstellern verschiedene Abferkelbuchten mit freier Bewegung für die Muttersau angeboten. Aufgrund dieser Entwicklung und der starken Nachfrage nach solchen Abferkelbuchten aus der Praxis, wurden zahlreiche Buchten nicht nur auf Praxisbetrieben, sondern auch in Lehr- und Versuchsanstalten installiert. Zwei der Hersteller hatten ihre Konzepte sogar zu einer unverbindlichen Untersuchung zur Verfügung gestellt. Die Tabelle 02 zeigt die wesentlichen Daten zum Ferkelaufzuchterfolg verschiedener Abferkelbuchten am Beispiel einer Auswertung der Lehr- und Versuchsanstalt “Haus Düsse” (ANONYMUS, 1996).

Tab. 02: Ergebnisse zum Aufzuchterfolg von Abferkelbuchten 


In diesen mehrjährigen Untersuchungen wurden, im Vergleich zu standardmäßigen Abferkelbuchten mit Ferkelschutzkorb, in verschiedenen Bewegungsbuchten im Mittel etwa drei Prozent höhere Ferkelverluste gefunden. Dies ist nicht nur aus Sicht des Tierschutzes ein alarmierendes Ergebnis, sondern hat auch gravierende Auswirkung auf die Wirtschaftlichkeit solcher Buchten. Auch konnte kein Einfluß der Bewegungsbuchten auf das MMA-Risiko festgestellt werden. Als Konsequenz sank die Nachfrage der Praxis deutlich, so daß auch die deutschen Hersteller mittlerweile solche Abferkelbuchten wieder aus der Angebotsliste zurückzogen (HESSE et al. 1999).

Aus Sicht der Sau scheinen Gruppenhaltungssysteme, insbesondere mit Einzelabferkelung und anschließendem Gruppensäugen besonders positiv (HÖRNING, 1993). In Einzelfällen wurde (insbesondere im Bereich von Forschung und Wissenschaft) mit solchen Systemen auch ein - der herkömmlichen Haltung - ähnliches Leistungsniveau erreicht (WECHLSER, 1995). Aus Sicht der Ferkel betrachtet (Ferkelverluste, -verletzungen) sind solche Systeme jedoch eher negativ (TROXLER, 1998) einzuordnen.

Insgesamt betrachtet, erscheint die Weiterentwicklung der Abferkelbuchten mit Ferkelschutzkörben als der sinnvollere Weg. Im Rahmen einer durch die DLG durchgeführten Prüfung zeigte sich der unter Kapitel 3. aufgezeigte Entwicklungsstand.


3. Was sagt die Schweinehaltungsverordnung ?
Wesentliches Ziel bei der Gestaltung von Abferkelbuchten ist die Tiergerechtheit im Sinne der Aufzucht einer möglichst großen Zahl von Ferkeln, d. h. möglichst geringe Ferkelverluste. Auch soll eine möglichst sauengerechte Haltung in dem Sinne ermöglicht werden, daß die Sauen Möglichkeiten der Bewegung bzw. des Nestbaues haben.

In der Schweinehaltungsverordnung von 1994 werden dementsprechend folgende Mindestanforderungen an Abferkelbuchten gestellt:
Tab. 01: Mindestanforderungen an eine möglichst tiergerechte Abferkelbucht 



Entsprechend dem im Tierschutzgesetz verankerten Prinzip der Bedarfsdeckung und Schadensvermeidung wird in der Schweinehaltungsverordnung der Schwerpunkt auf die arteigene Körperhaltung von Sau und Ferkel sowie auf die Bodengestaltung gelegt.


4. Ergebnisse der DLG-Prüfung von Abferkelbuchten
In den letzten beiden Jahren wurden seitens der DLG 12 verschiedene Abferkelbuchten einer Prüfung unterzogen. Die Basis zur Bewertung der Abferkelbuchten war nicht nur der Gebrauchswert und die in der Schweinehaltungsverordnung niedergelegten Mindestanforderungen, sondern auch die im Laufe der Prüfung gesammelten Erfahrungen in den Bereichen Tierverhalten und Tiergesundheit. 

Insgesamt wurden 30 Kriterien festgelegt. Dabei bezogen sich 12 Kriterien auf das Tierverhalten, vier auf die Tiergesundheit und 14 Kriterien auf die Erfüllung der in der Schweinehaltungsverordnung niedergelegten Mindestanforderungen. 

Soll sich eine Muttersau möglichst tiergerecht verhalten können, rücken insbesondere die Bewegungsmöglichkeit und der Nestbau in den Mittelpunkt des Interesses. Da bei allen 12 Abferkelbuchten weder Freilauf möglich war, noch Stroh verwendet wurde, erhielten alle Buchten in diesen beiden Kriterien eine negative Bewertung (HESSE et al. 1999). 

Häufig haben technische Lösung widersprüchliche Anforderungen zu erfüllen. So ist beispielsweise der Abstand der Trogkante zum Boden aus Sicht der Sau möglichst niedrig zu wählen. Aus Sicht der Ferkel ist aber ein größerer Abstand zwischen Trog und Boden positiv. Der Abstand der Abweiser zum Boden wiederum ist aus Sicht der Sauen möglichst niedrig zu wählen, aus Sicht der Ferkel jedoch um so positiver je höher er ist. Der Abstand zwischen den unteren Längsrohren ist für ein unbehindertes Liegen der Sau möglichst groß zu wählen, sollen diese Rohre jedoch Ferkelverluste durch Erdrücken möglichst wirkungsvoll vermindern, sind sie möglichst eng zu montieren. Senkrechte Abweiser sind hier hilfreich (HESSE et al. 1999). 
Die Tabelle 03 gibt einen Überblick der im Bereich Tiergerechtheit angelegten Kriterien. 

Tab. 03: Kriterien und ihre fünf Bewertungsstufen, erarbeitet von der Prüfkommission Schweinehaltung der DLG 



Die vergleichende Bewertung der Prüfergebnisse der 12 Abferkelbuchten ermöglicht es, die für das jeweilige Ziel optimale Bucht auswählen zu können. So zeigt sich beispielsweise, daß sieben Ferkelschutzkörbe aus Sicht der Sau, d. h. bezüglich der Kriterien “Stehen” und “Seitenlage”, besonders positiv abschneiden, während vier Ferkelschutzkörbe hier eher negativ zu beurteilen sind. Aus Sicht der Ferkel wiederum, sind sieben Ferkelschutzkörbe besonders positiv zu bewerten. Ein anderer Ferkelschutzkorb behindert das gleichzeitige Säugen sehr (HESSE et al. 1999)


5. ZusammenfassungAbferkelbuchten ermöglichten bis Mitte der sechziger Jahre zumeist eine freie Bewegung der Muttersau, waren aber durch relativ hohe Ferkelverluste infolge Erdrücken gekennzeichnet. Ferkelschutzkörbe schränkten diese Bewegungsmöglichkeit zwar ein, verminderten dafür aber Ferkelverluste durch Erdrücken. Neuartige Abferkelbuchten mit Bewegungsmöglichkeiten für die Sau konnten sich in der Praxis insbesondere aufgrund hoher Ferkelverluste nicht durchsetzen. Die Gruppenhaltung ferkelführender Sauen erscheint insbesondere aus Sicht der Ferkel als wenig positiv.

In der Schweinehaltungsverordnung von 1994 sind insgesamt 22 Mindestanforderungen zur Gestaltung einer tiergerechten Abferkelbucht niedergelegt worden. Eine aktuelle freiwillige DLG-Prüfung zeigte unterschiedliche Vorzüglichkeiten von 12 verschiedenen Abferkelbuchten auf. Deutlich wurde außerdem, daß verschiedene technische Lösungen aus Sicht von Sau und Ferkel Vor- und Nachteile haben.


Anschrift des Verfassers
Dr. sc agr. Dirk Hesse
Institut für Betriebstechnik und Bauforschung 
Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL)
Bundesallee 50
D- 38116 Braunschweig
Tel.: 0531/596-312
Fax. 0531/596-364
Email: dirk.hesse@fal.de

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