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Haltung und Management von Schweinen in Großgruppen

S. A. Edwards, Department of Agriculture; S. P. Turner, Animal Biology Division, University of Aberdeen 

Einleitung
Die Wahl des Haltungssystems für Schweine wird durch viele Faktoren beeinflusst (Kosten, einfaches Management, Einflüsse auf die Tiergesundheit und –entwicklung, äußerer Druck auf die Tierhaltung, Umwelteinflüsse und Absatzmarkt). 

Ein großer Teil der Kosten entsteht durch die Innenausstattung der Ställe. Viele Stallabteile und Servicewege kosten Geld, verringern den vorhandenen Raum und damit die Tierzahl im Stall. Daher sind Haltungssysteme mit großen Gruppen ökonomisch attraktiv, ungefähr 20 – 30% mehr Tiere können in dem selben Gebäude gehalten werden. 

Der wachsende Trend zur Großgruppenhaltung wurde durch eine Zahl anderer Entwicklungen in der Industrie unterstützt: 
1. Das Verbot der Kastenstand– und Anbindehaltung bei Sauen führte zur Anwendung der Elektronischen Abruffütterung, deren Effizienz große Gruppen erfordert; 
2. Outdoor - Betriebe nutzen zunehmend vorhandene Gebäude zur Aufzucht. Oft wird die Strohhaltung bevorzugt, um einen höheren Preis für die Tiere zu erzielen. Die Mechanisierung des Einstreuens und der Entmistung wird durch Großgruppenhaltung erleichtert.
3. In kleineren Betrieben kann z.B. durch die Einführung des 3 - Wochen - Rhythmus eine "Großgruppe" geschaffen werden, bei der durch die Anwendung des Rein - Raus - Prinzipes ein besseres Gesundheitsmanagement durchgeführt werden kann. 

Diese Einflüsse führten zu einer wachsenden Popularität großer Gruppen in allen Stufen der Produktion (tragende Sauen, Babyferkel, Aufzucht – Mastschweine). Die Ergebnisse sind nicht immer positiv, berichtet wurde über vermehrte Aggressionen bei den Sauen, schlechteres Wachstum und größere Schwankungen bei den Absetzferkeln und den Mastschweinen und Qualitätseinbußen bei den Schlachtkörpern. Solche Berichte deuten an, dass es sich entweder um ein generelles Problem des Managements von Großgruppen handelt. Dem widersprechen die exzellenten Resultate einiger Produzenten. 

Oft fehlt einfach das Wissen, wie solche Systeme effektiv gestaltet und gemanagt werden. Dieser Bericht fasst das derzeit vorhandene Wissen über Großgruppenmanagement zusammen, bietet praktische Empfehlungen und identifiziert die Gebiete, die weiter erforscht werden müssen.


Großgruppen im Eroscenter
Die Besamung ist die sensibelste Zeit im Management einer Sauenherde und die besondere Aufmerksamkeit für die einzelne Sau ist notwendig, um gute Ergebnisse zu erzielen. 

Die Abschaffung der Kastenstand – und Anbindehaltung in Großbritannien führte zur Anwendung der Gruppenhaltung auch für diese Produktionsstufe. Das bedeutete eine geringere Ausnutzung des Stalls und mehr und schwierigere Arbeit. Einige Farmer suchen deshalb nach Möglichkeiten, die den Arbeitsaufwand für die Besamung verringern. 

Als Vorbild diente das erfolgreiche System vieler Outdoor - Herden: dort bleiben frisch abgesetzte Sauen in einer Gruppe und werden ad lib gefüttert.Beim Beginn der Rausche werden sie entsprechend ihres Alters und ihrer Kondition einer passenden Gruppe mit Ebern zugeordnet. Sie bleiben in dieser Gruppe, werden während des Östrus mehrmals gedeckt, bis sie 3 – 4 Wochen vor der Abferkelung wieder in ihre ursprüngliche Gruppe kommen.

Eine Sauenherde, in der 9 Sauen pro Woche abgesetzt werden, sollte 3 dynamische Gruppen für kleine, mittlere und große Sauen haben. Jede Gruppe besteht aus 3 Ebern, 33-36 Sauen und jede Woche kommen 3 rauschende Sauen dazu und 3 hochtragende Tiere werden entfernt.

Die Vorteile dieses Systems sind geringe Haltungskosten und wenig Arbeitsaufwand. Es gibt aber auch viele potentielle Risiken bei diesem System. Die Aggression gegen die neu hinzukommenden Sauen trifft sie genau in der kritischen Zeit der Belegung und der Einnistung der Eizelle in die Gebärmutter. Durch diesen Stress können sich die Trächtigkeitsrate und die Wurfgröße verringern. Werden einfache Fütterungssysteme benutzt, kann die Aggression anhalten und eine ungleiche Futteraufnahme bewirken. Das Resultat ist eine ungenügende Futterverwertung und das führt dann zur ungleichmäßigen Kondition der Sauen bei der Abferkelung. Auch die Haltung der Eber ist schwierig, es besteht das Risiko der ungleichen Ausnutzung der einzelnen Eber, ein unfruchtbarer Eber wird spät entdeckt und die Besamungsqualität kann sich durch Aggressionen zwischen den Ebern verringern.

Die Ergebnisse solcher Haltungssysteme in Outdoor - Betrieben sind sehr unterschiedlich. Es gibt nur wenig Informationen über dynamische Systeme bei Stallhaltung. Es scheint große Unterschiede hinsichtlich des Niveaus der Aggressionen bei den Sauen zwischen den Betrieben zu geben. Faktoren, die das Geschehen wahrscheinlich beeinflussen, sind für die Stallhaltung noch zu wenig erforscht. (Fütterungsniveau, Fütterungssystem, Platzbedarf, optimale Gruppengröße.) 

Die besten Ergebnisse wurden erzielt, wenn pro Sau mindestens 4qm zur Verfügung standen, mindestens ein Eber pro zugeführter rauschender Sau zur Verfügung stand und die Ebergruppe aus 3 – 5 Ebern bestand.


Eingliederung von Jungsauen in Großgruppen
Die vielleicht größte Bedeutung hat die Eingliederung der Jungsauen in größere Herden. Ein effektives System ist in Aberdeen entwickelt worden: die Jungsauen werden mit Prostaglandin synchronisiert, verbringen die nächsten 3 Wochen bei ad libitum Fütterung im gleichen Stall und werden dann in Vierergruppen in eine Bucht mit 4 – 5 Ebern gebracht. Dort verbleiben sie 5 Wochen, um die Möglichkeit einer 2. Rausche abzuwarten. Nach der Trächtigkeitsdiagnose werden sie einer entsprechenden Gruppe tragender Sauen zugeordnet. 
Da die Deckqualität der Eber sehr variiert, besteht hier der Vorteil, dass die Jungsauen während der Rausche durch verschiedene Eber mehrmals gedeckt werden. Das hat eine hohe Trächtigkeitsrate (90%) und eine gute Wurfgröße (11,6) der synchronisierten Jungsauen zur Folge ohne Arbeitsaufwand für die Rauschekontrolle und Belegung. 

Das dynamische System für die Belegung in großen Gruppen kann also funktionieren. Für eine abschließende Beurteilung liegen aber bislang zu wenig Daten und Erfahrungen vor.


Großgruppen für tragende Sauen
Die Haltung von tragenden Sauen in Großgruppen wird schon seit einiger Zeit praktiziert, meist unter Nutzung der elektronischen Abruffütterung. Die kleinste effektive Gruppengröße liegt bei 30 - 40 Sauen pro Futterstation. Viele Betriebe gingen den nächsten Schritt zu 100 – 200 Sauen mit mehreren Futterstationen bis zu einem extremen Fall mit 400 Sauen in einer Gruppe. 

Der bemerkenswerte Vorteil solch großer Gruppen besteht nicht nur in den geringen Stallkosten, sondern auch in der Erkenntnis, dass wachsende Gruppengrößen und der sich daraus ergebende große Raum die Aggression senkt. Der wissenschaftliche Beweis für diesen Effekt fehlt allerdings noch. Bei diesen großen Gruppen ist es für das einzelne Tier nicht möglich, alle Individuen zu kennen, es werden kleine, zusammenpassende Untergruppen gebildet. Diese halten sich überwiegend in den gleichen Bereichen der Großbucht auf, um Aggressionen zu vermeiden. Neuen Sauen wird beigebracht, separate Liegeflächen zu nutzen, auf denen sie für eine gewisse Zeit der Einführung eingesperrt werden.

Größere Gruppen und die damit größeren Buchtenflächen können für dynamische Gruppen vorteilhaft sein, für statische Gruppen scheint es jedoch nicht zutreffend zu sein. Die Kostenvorteile steigender Gruppengrößen müssen mit den höheren Anforderungen an die Qualität der Tierpflege und des Managements verglichen werden. Die derzeit untersuchten Gruppengrößen sind weit entfernt von denen, die für den kommerziellen Bedarf relevant sind. Weitere Untersuchungen mit viel größeren Gruppen sind unbedingt notwendig.


Großgruppen für die Abferkelung
Großgruppen in der Abferkelung wurden in der Praxis bislang nur im Outdoor – Bereich betrieben. Versuche, die Abferkelung in Gruppen im Stall einzuführen, resultierten fast immer in hohen Ferkelverlusten. 

Ein Versuch in Holland, die Abferkelung in eine über die gesamte Reproduktionsphase statische Gruppe zu integrieren, läuft auf Forschungsniveau und scheint weit von der praktischen Anwendung entfernt zu sein. Da sich das Wildschwein natürlicherweise zum Abferkeln von der Gruppe trennt, scheint die Gruppenhaltung für dieses Produktionsstadium unangebracht zu sein.


Großgruppen für Absatzferkel
Großgruppen für Absatzferkel stehen im Mittelpunkt des wachsenden Interesses, da sich hier die Möglichkeit der preiswerten Stallhaltung und des vereinfachten Managements ergibt. Gleichzeitig wird das Umstallen der Ferkel und der daraus resultierende Stress vermieden.

Anfangs wurden hauptsächlich große Ställe mit Strohhaltung genutzt. Jetzt sind Systeme mit kontrollierter Umgebung und Vollspaltenboden entwickelt worden. Die häufig beobachtete verringerte Wachstumsrate in der Anfangsphase wird durch das spätere Wachstum kompensiert. Wahrscheinlich ist die Vermeidung von Aggressionen durch Umstallungen dafür verantwortlich.

In einer Versuchsgruppe mit 130 Tieren lag das Platzangebot bei 0,22 qm pro Tier, größere Buchten bewirkten niedrigere Tageszunahmen in der Anfangsphase. Später hatte ein größeres Platzangebot keinen Einfluss mehr.

Ein Vorteil bei der Buchtengestaltung ist die Anbringung zweier Tröge in unterschiedlichen Bereichen. Dabei steigt die Wachstumsrate im Vergleich zu einer Futterstation, auch wenn diese größer ist als die beiden getrennten zusammen.


Großgruppen für Vormast - und Endmasttiere
Wie bei den Absatzferkeln wurde Großgruppenhaltung bei Vor– und Endmasttieren zunächst als kostengünstige, auf Tiefstreu basierende Haltungsform bekannt. Insbesondere Ferkel aus Outdoor – Herden wurden so in bestehenden Altgebäuden aufgestallt. Wachstum und Fleischqualität variierten in dieser Aufstallungsform teilweise recht deutlich, wobei letztendlich nicht sicher ist, inwieweit es sich hier um genetische oder haltungsbedingte Einflüsse handelt.
Mehr und mehr wurden dann Haltungssysteme in Großgruppen mit Minimaleinstreu populär.

Die unterschiedlichen und teilweise widersprüchlichen Ergebnisse zeigen, dass der relative Erfolg von Großgruppenhaltung eventuell von Details im Management bestimmt wird, die wir derzeit nur unvollständig verstehen.

Bei der Formulierung von Empfehlungen für die Großgruppenhaltung besteht das Problem, dass die bisherigen Arbeiten sich mit den Bedürfnissen von Schweinen auseinandergesetzt haben, die in relativ kleinen Gruppen (< 20) gehalten wurden. Die Übertragung solcher Daten und Erfahrungen auf Großgruppensysteme ist fragwürdig. 

Erste Ergebnisse einer vergleichenden Untersuchung aus Aberdeen:
Bei Gruppen mit 20 oder 60 Tieren auf Vollspaltenboden konnten keine Unterschiede bezüglich der Futteraufnahme, Tageszunahme und gleichmäßiges Wachstum gefunden werden, wenn 1 oder 2 Tränknippel je 20 Tiere zur Verfügung standen. In der Gruppe, in der nur ein Tränknippel zur Verfügung stand, kam es aber häufiger zu Aggressionen.

In Gruppen mit 20 oder 80 Tieren auf Tiefstreu konnte eine Reduktion der Futteraufnahme beobachtet werden, wenn die durchschnittliche Fressplatzbreite von 42,5 auf 32,5 mm je Tier reduziert wurde. Dieser Effekt trat auch ein, wenn ad libitum gefüttert wurde. Die Wachstumsrate sank, als die Tiere schwerer wurden (> 40kg) und mehr Futter benötigten, wobei sich dieser Effekt nicht nur auf die kleineren Tiere der Gruppen konzentrierte.

Die Schweine der größeren Gruppe hatten in der ersten Phase der Mast eine geringere Wachstumsrate, die aber in der 2. Masthälfte nicht mehr zu beobachten war. Grund dafür könnten vermehrte Rangkämpfe in der Anfangsphase sein, was aber nicht durch eine höhere Anzahl an Hautverletzungen zu belegen war. Im Hinblick auf das Fressplatzangebot gab es zwischen den verschiedenen Gruppen keine Unterschiede, so dass die Maße für kleinere und große Gruppen gleichermaßen gelten.
Ein Vergleich von Gruppen mit 20, 40 und 80 Tieren auf Teilspaltenboden mit geringer Einstreu zeigte, dass generell ein Futterautomat für 10 Tiere besseres Anfangs– und Gesamtwachstum bewirkte als ein Futterautomat für 20 Tiere. Die Tageszunahmen waren wiederum nur am Beginn der Mast in den größeren Gruppen schlechter, hier auch in Verbindung mit vermehrten Hautverletzungen, wobei sich dieser Effekt mit fortschreitender Mastdauer gegen Null reduzierte.

Bei einem Vergleich von Gruppen mit 20 oder 80 Tieren auf Tiefstreu mit einer Tierdichte von 50 oder 32 kg KGW je qm (wöchentliche Anpassung der Buchtengröße) verringerte sich die Futteraufnahme aber nicht die Wachstumsrate bei einem geringeren Platzangebot unabhängig von der Gruppengröße. Die Schweine mit dem geringeren Platzangebot hatten mehr Hautverletzungen und eine reduzierte Immunantwort auf experimentelle Infektionen. Das deutet darauf hin, dass das eine Fläche von 1 qm pro 50 kg KGW unzureichend war. 

Eine interessante Entdeckung aus den USA ist, dass Schweine, die in Großgruppen auf Tiefstreu gehalten wurden, eine geringere Todesrate beim Transport und eine bessere Fleischqualität aufwiesen, als Tiere aus konventioneller Intensivhaltung. 


Fragen für die Zukunft
Im Zuge der Untersuchungen der Großgruppenhaltung wurde festgestellt, dass das Verhalten des einzelnen Schweins durch seinen sozialen Hintergrund verändert werden kann. Unter kontrollierten Testbedingungen zeigten Schweine aus großen Gruppen weniger Aggressivität als in kleinen Gruppen gehaltene Schweine. Wodurch kommen diese Veränderungen? In welchem Alter sind Schweine für diese Einflüsse empfänglich? Wie lange halten diese Effekte an? Die Beantwortung dieser Fragen wäre ein entscheidender Schritt zur Verbesserung der Leistung, der Haltungsbedingungen und der Produktqualität in der kommerziellen Praxis.
Natürlich haben Schweine in Großgruppen eine andere Sozialstruktur. Es scheint unwahrscheinlich, dass jedes einzelne Schwein alle Buchtengenossen erkennt und dass sich feste Hierarchien innerhalb der Gruppe ausbilden. Die Bildung von stabilen Untergruppen bei jüngeren Schweinen scheint wie in Sauenherden stattzufinden. Unter solchen Bedingungen erscheint es unsinnig, dass die Tiere um die dominante Position in der Gruppe kämpfen. Das Verständnis der hierfür verantwortlichen sozialen Strategie könnte die Basis für bessere Haltungssysteme der Zukunft sein.


Schlussfolgerungen
Die Stallgestaltung für Großgruppen erfordert aber auch die Berücksichtigung besonderer Fragen, wie zum Beispiel die Förderung der Bildung von Untergruppen bei tragenden Sauen, der Zugang zum Futter und Wasser bei den Absetzern, die Gestaltung von Buchten, die ein korrektes räumliches Verhalten ermöglichen, so dass die Tiere getrennte und geeignete Fress-, Trink-, Schlaf- und Kotplätze einhalten können. 

Wenn Schweine in großen Buchten gehalten werden, wird die Einzeltierbeobachtung äußerst schwierig. Eine exzellente Tierbetreuung ist bei den Absatzferkeln und in der Aufzucht Grundvoraussetzung. In sensiblen Zuchtphasen wie Abferkelung und Säugeperiode ist diese Art der Haltung nicht und für den Zeitraum der Belegung und der Frühträchtigkeit nur unter Vorbehalt zu empfehlen. Trotz dieser Einschränkungen bietet dieses Haltungssystem Vorteile bei den Stall– und Arbeitskosten und bei entsprechendem Management keine Minderung der Entwicklung und des Wohlbefindens der Tiere.

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