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Schweineproduktion in den USA – Struktur, Trends und Herausforderungen

Pic Deutschland 

Anlässlich der von der DLG ausgerichteten 4. Konferenz des Forums "Spitzenbetriebe Schweinemast und Ferkelproduktion" vom 22. bis 23. Februar 2005 in Göttingen hielt Jürgen Kramer, PIC International Group, Franklin, USA einen Vortrag zum Status Quo und zu neuesten Tendenzen der Schweineproduktion in den USA. In Zeiten immer stärker werdender Internationalisierung der Märkte, wollen wir an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen und anhand seiner Ausführungen einen Blick über den "großen Teich" werfen:
Neun Prozent des Weltsauenbestandes von rund 72,2 Mill. Sauen werden in den USA gehalten. Die Schweinehaltung hat nach wie vor ihren regionalen Schwerpunkt im Mittelwesten, dem so genannten "corn belt" (Mais-Gürtel) oder auch "corn-soy belt" (Mais-Soja-Gürtel). Insbesondere sind hier die Staaten Illinois, Iowa, Indiana und South Carolina zu nennen. Eine Reihe von Staaten hat in den letzten zehn Jahren in dieser Region beträchtliche Marktanteile verloren, z.B. Illinois. Andere, wie North Carolina und Oklahoma, die bislang nicht zu den führenden Saaten in der Schweinehaltung gehörten, sind in die Spitzengruppe vorgedrungen. South Dakota und Wisconsin hingegen sind, bedingt durch agrarpolitische Maßnahmen, nicht mehr in der Gruppe der zehn führenden Staaten in der Schweinehaltung vertreten. 
Während sich der Pro-Kopf-Verbrauch in den letzten 20 Jahren nahezu konstant um die 67 kg bewegt, hat sowohl der Anteil an in den USA produzierten Schweinen, als auch der Anteil von importierten Schweinen und importiertem Fleisch stetig zugenommen. Die gleiche Aussage lässt sich für den Export treffen. In 2002 hat die USA 731.000 t Schweinefleisch und damit 8,2 % ihrer gesamten Produktion exportiert. Nach den EU-Ländern und Kanada nimmt die USA mit 18,2 % Anteil am weltweiten Schweinefleischhandel damit noch vor Brasilien den dritten Platz ein. Hauptexportländer sind Japan (38 %), Mexiko (30 %) und Kanada (11 %). Es folgen danach China, Südkorea und Taiwan. Importe kommen größtenteils aus Kanada, im Jahre 2003 betrug der Anteil 82 %. 










Der Trend geht zur Zusammenführung von Flatdeck- und Mastbuchten zu so genannten "Nurfins"



Konzentration und vertikale Integration bestimmen die Marktentwicklung
Strukturwandel und Konzentrationsprozess schreiten in den USA immer schneller voran, und die vertikale Integration wird seitens der führenden Unternehmen forciert. Lag der Anteil der schweineproduzierenden landwirtschaftlichen Unternehmen, die mehr als 50.000 Schlachtschweine pro Jahr produzieren, 1988 noch bei lediglich 9 %, so waren es im Jahre 2003 bereits 59 %. In 2003 gab es insgesamt 70.130 Unternehmen am Markt, 25 davon produzierten mehr als 500.000 Schlachtschweine pro Jahr und hielten bei insgesamt 44.903.026 verkauften Schlachtschweinen einen Marktanteil von 40 %. In der Kategorie 50.000 bis 500.000 produzierte Schlachtschweine pro Jahr gibt es mittlerweile auch nur noch 134 Unternehmen, die mit insgesamt 20.380.606 verkauften Schlachtschweinen einen Marktanteil von 19 % halten.

Die zehn größten Sauenhalter haben einen Marktanteil von 30 %
Sieben Unternehmen halten jeweils mehr als 100.000 Sauen: Smithfield Foods (808.000), Premium Standard Farms (225.000), Seabord Farms (213.000), Christensen Farms (144.000), Iowa Select Farms (130.000), Prestage Frams (130.000) und The Pipestone System (100.000). In der Rangliste folgen weitere größere Unternehmen, die durch Fusionen oder Übernahmen, wie aktuelle Beispiele belegen, schnell in den "Club der 100.000er" aufsteigen können. Während in Deutschland die Top 10 der Sauenhalter mit 60.000 Sauen insgesamt einen Marktanteil von nur 2,2 % einnehmen, haben die Top 10 Sauenhalter mit 1,89 Millionen Sauen in den USA einen Marktanteil von 30,3 %. Derzeit hält sich der Anteil der Familienunternehmen und der Kapitalgesellschaften noch die Waage, der starke Trend zu immer mehr börsennotierten agarindustriellen Unternehmen zeichnet sich allerdings klar ab. Für den klassischen Familienbetrieb gibt es wahrscheinlich nur bedingt eine Zukunft.

"Produziertes Fleisch je Sau und Jahr als Leistungskriterium"
Hohe Zuwachsleistung und niedrige Futterverwertung dominieren sehr stark die auf Senkung der Produktionskosten ausgerichteten amerikanischen Zuchtziele und damit auch die am Markt eingesetzten Sauen und Eber. So ist es auch erklärlich, dass der Leistungsanstieg im Merkmal produzierte kg Schweinefleisch pro Sau und Jahr sich im Wesentlichen aus der Verbesserung dieser beiden Merkmale zusammensetzt. In den USA produziert eine Sau durchschnittlich 1.363 kg Schweinefleisch pro Jahr, in Deutschland sind es zum Vergleich 1.563 kg. Die Verbesserung der Fruchtbarkeit wurde in den letzten drei Jahren nun höher gewichtet. Nichtsdestotrotz können sich die Fruchtbarkeitszahlen auch in diesen Größenordnungen von mehreren 100.000 Sauen durchaus mit europäischen Spitzen-Betrieben messen. Es werden Leistungsmittel zwischen 22 und 24 abgesetzten Ferkeln/Sau und Jahr erreicht. In einer nach PIC- und PigChamp-Sauenplaner erfassten Datenbasis von 525.861 Sauen mit im Mittel 22,74 abgesetzten Ferkeln pro Sau und Jahr erreichen die Top 25 % der Betriebe 24,52 abgesetzte Ferkel pro Sau und Jahr, die Top 10 % Betriebe sogar 25,12 abgesetzte Ferkel pro Sau und Jahr. Der Marktanteil der PIC USA bei den 30 größten Schweineproduzenten, die 50 % des Marktes mit Schlachtschweinen versorgen, liegt bei 52 % (Sauen 51 %, Eber 54 %).

Hohe Tageszunahmen und optimale Futterverwertung sind das Ziel

In den letzten drei Jahrzehnten wurden die Schlachtgewichte angehoben, heute werden Schlachtschweine zwischen 120 und 125 kg abgeliefert, das Mittel liegt aktuell bei 120,5 kg (1975: 108,2 kg). Die Fütterung basiert auf Mais und Soja. Tageszunahmen in der Mast um die 900 g und eine Futterverwertung von unter 1:2,6 sind keine Seltenheit mehr. Die Produktionskosten pro kg Schlachtgewicht liegen in den USA bei 1,15 € (zum Vergleich: Deutschland 1,34 €, Niederlande 1,30 €, Dänemark 1,29 €, Spanien 1,16 €, Brasilien 0,99 €). Futterkosten (50 %), Gebäude (20 %) und Personal (12 %) stellen das Gros der Produktionskosten. Genetikkosten schlagen ebenso wie Energiekosten mit lediglich 2,5 % zu Buche. Ein Mitarbeiter betreut im Schnitt 138 Sauen in den USA (Deutschland: 120) und kostet pro Sau 16 $/Monat (Deutschland 21 $/Monat).

Der Umweltschutz erfährt auch in den USA eine stetig steigende Bedeutung. Die Einflüsse des Konzentrationsprozesses auf Boden, Grundwasser und Luft werden stärker diskutiert und strenge Umweltauflagen in einzelnen Staaten eingeführt, so das sich der so genannte Umweltauflagen-Index dort mittlerweile den europäischen Verhältnissen stark angenähert hat, was wiederum eine Verlagerung der Schweineproduktion aus dem Mittleren Westen in südlichere Staaten zur Folge hat.












Großgruppen von 400 bis 800 Mastschweine werden zukünftig die Haltungsverfahren bestimmen.



Konzentration auf der Produktionsseite – Konzentration auf der Verarbeitungsseite
Mit dem Konzentrationsprozess in der Produktion von Schlachtschweinen einher geht der Konzentrationsprozess der Schlachtunternehmen, die in der Regel Bestandteil der vertikal integrierten Unternehmen sind. Die vier größten Schlachtunternehmen (Smithfield 116.500 Schweine/Tag, Tyson 72.100 Schweine/Tag, Swift 46.100 Schweine/Tag und Excel 36.000 Schweine/Tag) haben einen Marktanteil von 57,1 %, die acht größten Unternehmen kontrollieren 80,3 % des Marktes. Der freie Handel mit Schlachtschweinen ist stark rückläufig und nimmt heute nur noch11,6 % ein, während das Gros der Schlachtschweine über Vermarktungsverträge mit 71,3 % oder Schlachtunternehmen mit 17,1 % auf Vertragsbasis gebunden ist.

Trend zu Bestandsgrössen von bis 13.000 Sauen
Derzeitiger Trend in der Sauenhaltung ist, dass man von den traditionellen Bestandsgrößen von 1.100 bis 2.400 Sauen zu Größenordnungen von 4.000 bis 13.000 Sauen übergeht. Remontiert werden diese Herden nicht mehr wöchentlich bzw. monatlich sondern zukünftig nur noch alle 2 bis 3 Monate. Die Jungsauen werden nicht mehr direkt von Zuchtunternehmen zugekauft, sondern selbst in Eigenbestandsvermehrungssystemen, wie Closed-Herd- oder User-Group-Systemen, mit genetischem Input und Unterstützung von Zuchtunternehmen wie PIC erzeugt. Betrug die Säugezeit traditionell 14 bis 17 Tage, so werden die Ferkel in Zukunft mit 16 bis 17 Tagen abgesetzt. Hielt man Sauen bisher in unterschiedlichen Wurfnummern gemischt zusammen, wird heute eine Trennung nach Wurfnummer durchgeführt und die 1. Wurf-Sauen werden zur gezielteren Versorgung allein für sich gehalten. Traditionell gab es die Trennung Flatdeck - Mast, zukünftig werden beide Bereiche zum so genannten Nurfin ("Nursery“ = Flatdeck + "Finishing“ = Mast) zusammengefasst. Die Ferkel werden nach dem Absetzen unmittelbar in die späteren Mastabteile verbracht und bleiben dort bis zum Mastende. Früher wurden 15 bis 30 Tiere pro Bucht gehalten, heute geht der Trend aus arbeitswirtschaftlichen Gründen in Richtung 400 bis 800 Tiere pro Bucht. Während die Ausstallperiode traditionell 2 bis 3 Wochen dauerte, baut man heute Sortierungsbuchten ein, da über eine bessere Uniformität der Tiere ca. 0,75 $ mehr je Schlachtschwein zu erzielen sind. 










Höhere Homogenität, höhere Erlöse - Sortierungsschleusen optimieren die Vermarktung.


Dem inländischen Wachstum sind Grenzen gesetzt, neue Märkte müssen erschlossen werden …

Die Schweineproduktion in den USA steht vor neuen Herausforderungen. Die Wachstumsmöglichkeiten in den USA sind nicht unendlich, in North Carolina und Florida werden keine neuen Baugenehmigungen erteilt. In einigen Staaten ist der Widerstand gegen industrielle Produktionsformen und das Eindringen von Kapitalgesellschaften weiterhin groß. Unternehmen wie z.B. Smithfield suchen daher extern neue Wachstumsmöglichkeiten in Kanada, Polen, Rumänien, Mexiko und Brasilien. In den USA selbst versucht man intern durch Unternehmensübernahmen und Fusionen zu wachsen. Der Weg von der Familienfarm zum Vertragsproduzenten ist nicht für alle einfach und akzeptabel. Das Image der "Schweine-Industrie" in den USA ist nicht sehr hoch, so dass es zunehmend schwer fällt, Personal zu rekrutieren. Größtenteils wird die Arbeit in den Betrieben von lateinamerikanischen Mitarbeitern z. B. aus Mexiko unter Führung eines US-Betriebsleiters erledigt. Verständigungsprobleme und die Integration fremdsprachiger Arbeitnehmer stellen schon heute ein großes und zukünftig zunehmendes Problem dar. Die Höhe der Produktionskosten wird zukünftig verstärkt beeinflusst durch erhöhte Tierschutzauflagen (Platzangebot, Antibiotika, Wachstumsförderer etc.), Umweltauflagen (Gülle-Management etc.) und Nahrungsmittelsicherheits-Systeme (Krankheiten, Salmonellen, Campylobakter, E. Coli). Intern nimmt der Wettbewerbsdruck zu, z.B. durch Importe aus Ländern mit sehr niedrigen Produktionskosten – auch genannt "Brasilien-Samba".



Für die freundliche Unterstützung zu diesem Thema danken wir der PIC Deutschland recht herzlich!

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