Header-Grafik

Glässersche Krankheit - Grundlagen

Christin Lehmann, Bahnhofstr. 69, 25782 Tellingstedt 

Einleitung

Bei der Glässerschen Krankheit handelt es sich um eine durch Hämophilus parasuis hervorgerufene bakterielle Infektion, die auf der ganzen Welt verbreitet ist. 
1910 erstmalig als eigenständige Erkrankung von Glässer beschrieben, erfolgte die endgültige Definition des Erregers erst im Jahr 1976 durch Kilian. Seither wird H.parasuis als die infektiöse Ursache für die typische Polyserositis (Entzündung der inneren Körperhäute) und Polyarthritis (Entzündung von mehreren Gelenken) bei Schweinen aller Altersgruppen angesehen. 


Ursache und Übertragung

Es existieren 15 pathogene und apathogene Serotypen von Hämophilus parasuis, sowie unzählige Subtypen. Die Klassifizierung ist uneinheitlich, im deutschen Sprachgebrauch wird der Serotyp 5 als wichtigster Serotyp behandelt. Kreuzimmunitäten zwischen den einzelnen Stämmen werden unterschiedlich diskutiert. 
Der Erreger wird häufiger auf den Nasenschleimhäuten gesunder Schweine gefunden, diese Stämme gelten als wenig virulent. Aus den Lungen gesunder Schweine wird Hämophilus parasuis hingegen äußerst selten isoliert. 
Die Übertragung durch die Luft ist selbst bei hohen Erregerdosen experimentell selten gelungen, als Hauptübertragungsweg wird der direkte Tierkontakt gesehen. 
Unter Praxisbedingungen haben die meisten Saugferkel in konventioneller Haltung Kontakt mit dem Erreger, werden aber durch die Antikörper in der Sauenmilch geschützt. Meist wird eine belastbare Immunität ausgebildet, die Erregerausscheidung jedoch nicht verhindert. 
In der 5. - 8. Lebenswoche lässt die Wirkung der maternalen Antikörper nach. Hat das Ferkel bis zu diesem Alter aufgrund fehlenden Erregerkontakts (z.B. SEW - Bestände) keine eigene Immunität aufgebaut, ist es von da an voll empfänglich. 
Zum Ausbruch der Krankheit kommt es bei Saugferkeln ohne maternalen Antikörperschutz (z.B. MMA bei der Sau), bei Absatz- oder Mastläufern (Zusammenstallung versch. Herkünfte), bei Eingliederung von Jungsauen ohne belastbare Immunität oder bei Altsauen in einem Hämophilus -parasuis - freien Bestand, wenn positive (infizierte) Jungsauen zugekauft werden. 


Klinische Symptome und Verlauf 

Die Symptome und der Verlauf der Erkrankung sind abhängig von dem Erregerstamm, von der betroffenen Altersklasse und in zunehmendem Maße vom Gesundheitsstatus der Herde und vom Vorhandensein anderer Erkrankungen. 
Typisch ist eine Entzündung des Brustfells, des Herzbeutels und des Bauchfells. Bei akutem Verlauf haben diese Tiere große Schmerzen (aufgekrümmter Rücken), Fieber (> 40°C), und sie verweigern die Futteraufnahme. Dazu kommen Gelenkentzündungen und in deren Folge Bewegungsunlust. Bei Entzündungen der Hirnhäute treten zentralnervöse Störungen, wie Zittern und Ruderbewegungen in Seitenlage auf. Perakute Todesfälle sind die Folge einer Septikämie ("Blutvergiftung"), hier sind vorher maximal Fieber und Fressunlust zu erkennen. 
Atemwegssymptome treten häufig in Verbindung mit anderen Erregern auf. 
Der akute Verlauf kann in ein chronisches Geschehen übergehen, als Folge der Entzündung der inneren Häute haben die erkrankten Tiere irreparable Organschäden, sie kümmern und weisen ein struppiges Haarkleid auf. Eine Nutzung als Masttier ist häufig nicht mehr möglich. Insgesamt scheinen Faktoren, die das Immunsystem schwächen oder belasten, wie z.B. Circovirus, PRRS, Co-Infektionen, Mycotoxine, Überbelegung, Klimamängel etc. eine klinische Ausbildung der Glässerschen Krankheit zu begünstigen. 


Diagnose

Bei ausgeprägten Symptomen und klassischem Sektionsbefund (siehe Fotos: Fibrinfäden und fibrinöse Verklebungen im Bauch- und Brustraum) bereitet die Diagnosestellung keine Schwierigkeiten. Trotzdem muss eine Erregerisolierung angestrebt werden, um eine Feststellung des Serotyps und die Erstellung eines Antibiogramms zu ermöglichen. Die Isolation des Erregers aus den Hirnhäuten, dem Herzbeutel oder der Gelenkflüssigkeit unbehandelter Tiere sollte versucht werden, gelingt aber nicht immer. 




Eingeschickte Proben müssen unbedingt gekühlt sein, Tiere sollten möglichst lebend zur Sektion gebracht werden.     







Differentialdiagnose
 
  
Bei der akuten Verlaufsform kann auch eine Streptokokkenmeningitis oder Ödemkrankheit vorliegen, bei der chronischen Form sollten APP, Mykoplasma hyosynovia-Infektionen, Vit-E-Mangel (Maulbeerherzkrankheit) und Pasteurellen-Infektionen abgegrenzt werden. 


Therapie

Die Behandlung sollte bei einem akuten Krankheitsgeschehen sofort mit einem nach Resistenstest schnell wirksamen Antibiotikum per Injektion aller Tiere der betroffenen Altersgruppe erfolgen. Bewährt hat sich hier der Wirkstoff Cefquinom. Erfolgt die Behandlung zu spät oder mit einem nicht genügend wirksamen Mittel, haben die entstehenden Verklebungen der serösen Häute häufig einen chronischen Krankheitsverlauf und damit die Mastunfähigkeit zu Folge. 
Nachfolgend ist das Verabreichen von wirksamen Antibiotika über das Futter oder Trinkwasser über eine gewisse Zeit zu empfehlen. 
  

Prophylaxe 
  
Seit kurzem ist eine handelsübliche Vakzine gegen die Glässersche Krankheit auf dem Markt, die für Ferkel ab der 5. Lebenswoche zugelassen ist. Sie beinhaltet inaktivierte Zellen des am weitesten verbreiteten Serotyp 5 und soll auch gegen die Serotypen 1, 12, 13 und 14 einen gewissen Schutz bieten. Die Impfung muss in ausreichendem Abstand vor der Infektion erfolgen. 
  
Für die Fälle (Saugferkel), wo das nicht möglich ist oder wo andere Hämophilus parasuis Stämme eine Rolle spielen, wird eine bestandsspezifische Vakzine empfohlen. Hier muss das Impfschema dem Krankheitsgeschehen individuell angepasst werden, z. B. Mutterschutzimpfung in der späten Trächtigkeit, wenn Saugferkel erkranken; Impfung der Saugferkel, wenn Absatzferkel erkranken oder wenn nicht immune Jungsauen zugekauft werden, in der Quarantäne. 
Sollte das Ergebnis der Impfung nicht befriedigend ausfallen oder die Wirkung nach einem gewissen Zeitraum nachlassen, müssen die verwendeten Stämme überprüft und gegebenenfalls gewechselt werden. 
  
Zu den wichtigsten vorbeugenden Maßnahmen gehört jedoch das Minimieren der prädisponierenden Faktoren, welche die Verbreitung des Erregers und den Ausbruch der Erkrankung begünstigen. 
  
Zu den Risikofaktoren gehören:  
 

  • das Mischen von Altersstufen, z. B. bei kontinuierlicher Belegung  und dem vielfach praktiziertem "Zurückstallen" von Kümmerern
  • der Tierzukauf aus unterschiedlichen Herkünften
  • Stress durch mangelhaftes Stallklima, Transport, Umstallen, Überbelegung
  • mangelhafte Hygiene bei der Stall- und Geräte- bzw. Instrumentenreinigung (Desinfektion)
  • mangelhafte Futterqualität
  • Vorhandensein von Begleitinfektionen (PCV II/PRRS)
  • ungenügendes Eingliederungsmanagement von Jungsauen
  • mangelhafte Aufnahme von Kolostrum bei MMA-Erkrankung  der Sau
 

zurück zur Übersicht