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Schadnager Ratten und Mäuse: Der ewige Kampf

Christin Lehmann, Dr. R. Heggemann 

Vorkommen und Bedeutung
Schadnager kommen überall vor, wo ihnen Fressmöglichkeiten und Schutz vor natürlichen Feinden geboten werden. Sie leben saisonal innerhalb und außerhalb von Gebäuden, meist in der Nähe von Vorratshaltungen, landwirtschaftlichen Betrieben, Müllplätzen und Nahrungsmittelbetrieben. Die sichtbare Schadwirkung besteht in der Verschmutzung und dem Fraß von Nahrungs- und Futtermitteln (eine Ratte vertilgt im Jahr bis 32 kg Getreideprodukte) und in der Zerstörung von Bausubstanzen durch die Nagetätigkeit. Häufig unterschätzt wird die Bedeutung der Schadnager als Überträger oder Zwischenwirt von Krankheitserregern, die für Mensch und Tier gefährlich sein können. Historisches Beispiel hierfür ist die Verbreitung des Pesterregers durch Rattenflöhe. Für das Schwein relevante Erreger, die durch Schadnager übertragen werden können, sind u.a. Salmonellen, Leptospiren, Campylobacter, Togaviren (Maul-u. Klauenseuche), Picornaviren (Schweinepest) und Herpesviren (Aujeszkysche Krankheit) und andere mehr.


Biologische Daten
Ratten:
Die zur Ordnung der Nagetiere gehörende Wanderratte hat die Hausratte in Deutschland weitgehend aus den Ställen verdrängt. Die Wanderratte hat eine Körperlänge von bis zu 27 cm und eine Schwanzlänge bis zu 20 cm, die Färbung der Felloberseite ist graubraun bis rötlichbraun, die Bauchseite weiß bis hellgrau, die Lebenserwartung liegt bei 2,5 bis 3,5 Jahren. Die Weibchen werden mit 6 Wochen geschlechtsreif, sind in Gebäuden ganzjährig fortpflanzungsfähig und alle 4-5 Tage paarungsbereit. Der Eisprung wird durch den Deckakt ausgelöst, die Tragezeit beträgt 21-23 Tage und schon 24 Stunden nach der Geburt ist das Weibchen wieder befruchtungsfähig. 3 Wochen dauert die Säugezeit, pro Wurf werden ca. 4-15 (max. 26) Junge geboren und 2-7 (9) Würfe pro Jahr sind möglich. Diese Daten zur Fortpflanzungsfreudigkeit von Ratten zeigen, wie schnell die Zahl der Schadnager bei optimalen Lebensbedingungen explodieren kann. 

Mäuse:
Mäuse sind in Gebäuden ganzjährig fortpflanzungsfähig. Bei 10-12 Würfen pro Jahr können bis zu 16 Jungen pro Wurf aufgezogen werden. Die Geschlechtsreife tritt bereits nach 30-45 Tagen ein. Auch diese biologischen Daten zeigen deutlich, das eine sporadische oder halbherzige Bekämpfung keinen Sinn macht.


Verhalten

Ratten sind überwiegend dunkelheitsaktiv, aber sehr anpassungsfähig. Sie bewegen sich, wenn möglich, nur in Deckung fort (in Röhren an der Wand) und meiden freie Plätze. Häufig sind anhand von Fuß- und Kotspuren feste Wechsel (Laufwege) zu erkennen (siehe Bild). Mäuse bewegen sich im gesamten Raum. Bevorzugt nahe der Wand oder Deckung, aber nicht unmittelbar davor. Ratten sind Rudeltiere, mit einer strengen Rangordnung und ausgeprägtem Territorialverhalten. Gegenüber Umgebungs- oder Futterveränderungen reagieren sie sehr misstrauisch. In einem Rudel müssen rangniedere Tiere zunächst das neue Futter kosten (Vorkosterfunktion). Wenn diese es unbeschadet überstehen, fressen auch die anderen Ratten. Ratten fressen sich an wenigen Stellen satt, im Gegensatz zu Mäusen, die mal hier und mal da kosten.







Bekämpfung

Die Bekämpfung von Schadnagern muss in erster Linie strategisch und allumfassend erfolgen. Es muss auch zu Beginn klar sein, um welche(n) Schadnager es sich handelt. Führt man sich die Vermehrungs- und die Anpassungsfähigkeit von Nagern vor Augen, wird deutlich, daß man mit sporadischen und örtlich begrenzten Maßnahmen nichts erreicht.

Prophylaxe
Am Anfang jeder Bekämpfungsstrategie müssen immer vorbeugende Maßnahmen stehen. Gebäude sind möglichst nagerdicht zu gestalten, d.h. Türen, Tore, Fenster, Belüftungen, Kanäle und Abflüsse sollten so verschlossen werden, dass keine Öffnung größer als 8 mm (Mäuse) ist und Gebäude sollten auch stets verschlossen oder nach dem Öffnen binnen kurzer Zeit wieder verschlossen werden. Ein 100% sicheres Gebäude wird es in der Landwirtschaft trotz aller Maßnahmen wohl kaum geben, wir sollten es den Nagern aber doch so schwer wie möglich machen hineinzugelangen. 

Rückzugsmöglichkeiten wie Gerümpelecken (siehe Bild) und offen zugängliches Futter in den Gängen und in Silobereichen müssen vermieden werden. Regelmäßige Inspektionen zur Feststellung von Schadnagerbefall gehören zu den routinemäßigen Vorbeugemaßnahmen. Die Kontrolle von Köderstationen im wöchentlichen Abstand ermöglicht eine Erkennung des Befalls schon im Anfangsstadium.






















Bekämpfung

Bewährte Maßnahme ist der Einsatz von Fraßködern. Je nach Nagerart und Befallsmenge müssen die Anzahl und die Platzierung der Köderstationen, die Wahl der Köderart und der Ködermenge pro Station festgelegt werden. Es ist ratsam bei der Erstbekämpfung oder bei massivem Befall einen Fachmann zu Rate zu ziehen oder mit der Bekämpfung zu beauftragen. 

Es sollten im Abstand von 10 m entlang der Wand oder Deckung auf den Laufwegen der Ratten Attraktivbehälter stationiert werden. Diese Behälter müssen alle 4-7 Tage kontrolliert und mit frischem Köder bestückt werden. Tote Nager müssen täglich entfernt werden. 



Für Ratten sind in der Regel sogenannte Multi-Dose Köder geeigneter, hier ist eine mehrmalige Aufnahme (3-5x) des Giftes notwendig, um eine wirksame Dosis des Giftes zu erreichen. Der Wirkungseintritt erfolgt nach 4-8 (14) Tagen. Aus Sicherheitsgründen sind die Multi-Dose Köder zu bevorzugen, Single-Dose Präparate beinhalten ein deutlich höheres Gefahrenpotential (Vergiftungen bei nicht Zieltieren) und dürfen nur in geschlossenen Räumen angewendet werden. (Aufgrund des unterschiedlichen Fressverhaltens werden bei Mäusen die Single-Dose-Wirkstoffe bevorzugt.) Die Beköderungszeit sollte mindestens 3 Wochen und ggf. gleichzeitig in benachbarten Betrieben erfolgen.


Fehlerquellen
Köderattraktivität

  • erste Wahl sind Schüttköder auf Haferflockenbasis
  • industriell hergestellte Portionsköder werden oft nicht in genügender Menge aufgenommen oder werden zur Vorratshaltung verschleppt
  • bei Nichtannahme könnte es auch am Geschmack liegen, Ratten sind gegenüber Neuem sehr mißtrauisch, das Untermischen von bekannten Bestandteilen (z.B. Fischmehl oder Zucker) könnte da Abhilfe schaffen.
  • ungewohnte Bißfestigkeit (zu hart, zu weich)
  • unzureichende Ködermenge
  • ausreichende Alternativen zur Futteraufnahme
  • nach 3-4 Tagen wird ausgelegter Köder unattraktiv
  • Lagerung neben stark riechenden Substanzen (z.B. Pflanzenschutzmittel)

Attraktivbehälter
  • falscher Ort (auf freien Plätzen, nicht auf den benutzten Wegen)
  • zu klein oder zu groß
  • wacklige Aufstellung
  • fremder oder unangenehmer Geruch

Vitamin-K-Gehalt im Futter
  • Rattengift enthält in der Regel Cumarinderivate, deren Wirkung mit Vitamin K aufgehoben werden kann. In einigen Vitamin-Ergänzungsfuttermitteln oder in Maissilage ist Vit. K in erhöhtem Umfang enthalten!

Resistenz
  • klassische Resistenzen spielen eine untergeordnete Rolle (Ausnahme Münsterland)






Pigpool - Fazit für die Praxis
Schadnagerbekämpfung ist in vielen Betrieben noch nicht fester Bestandteil der Betriebshygiene. Sie muss aber regelmäßig, andauernd und mit Sachverstand durchgeführt werden und den Außenbereich des Betriebes mit einschließen. Bei der Erstbekämpfung und/oder starkem Befall empfiehlt es sich ein Fachunternehmen zu Rate zu ziehen.



Quellen 
Plagegeister und Co.; Bayer Vital
Krankheiten der Heimtiere; Gabrisch/Zwart 
Handbuch der tierischen Veredlung; Th. Weidner

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