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Fliegenbekämpfung - aber richtig

Christin Lehman, Bahnhofstr. 69, 25782 Tellingstedt 

Einleitung
Das Wohlbefinden und die Gesundheit von Mensch und Tier sind Hauptvoraussetzungen für eine moderne, leistungsfähige und artgerechte Tierproduktion. 
Diese Voraussetzungen sind bei einer Fliegenplage nicht mehr gewährleistet.
Fliegen im Stall führen zu Unruhe, wodurch die Futteraufnahme beeinträchtigt wird. Sie können verschiedene Krankheiten, u.a. auch auf Menschen übertragen.
Auch der Mensch wird durch die Belästigung in seiner Leistung beeinträchtigt. Durch das Bestreben, Arbeiten so schnell wie möglich zu erledigen, um den Plagegeistern zu entkommen, werden Stallarbeiten nicht sorgfältig genug erledigt.
Um Fliegen effektiv zu bekämpfen, sind Grundkenntnisse über Fliegenarten, deren Biologie und Verhaltensweisen von Nutzen.


Fliegenarten
Einige Fliegenarten finden im Stall ideale Brutstätten und können sich dort explosionsartig und ganzjährig vermehren. Neben der Großen Stubenfliege treten in Schweineställen vor allem Tau- und Essigfliegen und die Kleine Stubenfliege auf.

Gemeine (Große) Stubenfliege (Musca domestica)
Die Stubenfliege ist schwarz und 7-8mm lang. Ihr nach unten gerichteter Saugrüssel endet in einem gut sichtbaren Saugkissen. Die Maden sind rund, weißlich, bis zu 12 mm lang und häuten sich drei mal. Die Puppenruhe wird in einem bräunlich gefärbten Tönnchen verbracht.
Die weibliche Stubenfliege legt bis zu 2000 Eier in verwesende Stoffe organischen Ursprungs (Fleischreste, Lebensmittelabfälle), Dung und andere Exkremente sowie eiternde Wunden. Wichtig ist ein hohes Maß an Feuchtigkeit, wie es z.B. im Mist und in der Gülleschwimmschicht zu finden ist. 


Unter günstigen Bedingungen bei Temperaturen um 30°C dauert die Entwicklung vom Ei bis zur adulten Fliege nur 7 Tage. Ein Rechenbeispiel zeigt, dass eine Fliege und ihre Nachkommen innerhalb von 3 Monaten eine Population von 250 Millionen Fliegen und mehr aufbauen können.







Das Puppenstadium erfolgt an einem trockenen Ort, nach der Puppenruhe verläßt die innerhalb weniger Stunden geschlechtsreife Fliege das Tönnchen und lebt ca. 2-4 Wochen. Alle 3 Entwicklungsstadien der Stubenfliege können überwintern.


Die Große Stubenfliege hält sich bevorzugt am Tier auf.











Tau-, Obst- oder Essigfliegen (Drosophila ssp.)
Je nach Art werden die Fliegen 2-4,5 mm groß und haben eine gelblich – braune Färbung. Einige Arten haben rote Augen und einen schwärzlichen Hinterleib. Die Maden sind weißlich, kompakt und 6-8 mm groß. Die dunkelbraun gefärbte Tönnchenpuppe erreicht eine Länge von 4 mm.

Das Weibchen legt im Verlauf von 10 – 15 Tagen bis zu 350 ovale, weiße Eier in faulende oder gärende organische Substanzen (Obst, Abfälle, aber auch frisches oder geräuchertes Fleisch). Nach 1 – 3 Tagen schlüpfen die Larven und verpuppen sich nach weiteren 4 – 5 Tagen. Schon kurz nach dem Schlupf sind die Fliegen geschlechtsreif, so dass der gesamte Entwicklungszyklus unter günstigen Bedingungen nur 7 Tage dauert.
Puppen und Fliegen der Drosophilaarten können überwintern, zur Plage werden sie vor allem im Spätsommer, wenn faulende Pflanzenreste vorhanden sind.
Die bevorzugten Aufenthaltsorte dieser Fliegen sind Wände und Einrichtungsgegenstände.


Die Kleine Stubenfliege (Fannia canicularis) ist leicht an ihrem Verhalten zu erkennen. Sie umkreist vor allem nachts Lampen und wechselt dabei ruckartig die Flugrichtung. Tiere und Menschen werden im Allgemeinen nicht belästigt. Die Fliege tritt vom zeitigen Frühjahr ab den ganzen Sommer hindurch auf. Ihre Entwicklungs- und Ernährungsweise ähnelt der der Großen Stubenfliege.



Die Graue Fleischfliege (Sarcophaga carnaria) wird 10 – 19 mm lang, die Brust ist graugelb längst gestreift und der Hinterleib schachbrettartig hell-dunkelgrau gemustert.

Zu den in Haus und Hof am häufigsten auftretenden Schmeißfliegen (Calliphoridae) gehören die 5 -–12 mm große Blauschwarze Schmeißfliege (Leichenfliege/Calliphora vicina) und die 8 mm großeKaisergoldfliege (Lucilla caesar). Sie fallen durch ihren brummenden Flugton, durch dicke Borsten am Hinterleib und bei einigen Arten durch ihre schillernd bunte Metallfärbung auf. Fleisch- und Schmeißfliegen legen ihre Eier bevorzugt in verwesende organische Stoffe, aber auch frisches Fleisch, Körperöffnungen oder offene Wunden können befallen werden. Die Larven schlüpfen kurz nach der Eiablage und fressen sich durch das umliegende Gewebe.

Der überaus lästige gemeine Wadenstecher (Stomoxys calcitrans) und die zu den Schwebfliegen gehörende Schwammfliege (Mistbiene/Eristalis tenax) treten vor allem in Rinderställen auf.


Schadwirkungen
1. Unruhe im Stall
Fliegen im Stall führen bei Tieren zu Unruhe, wodurch die Futteraufnahme reduziert werden kann und unerwünschte Aktivitäten bis hin zum Schwanzbeißen hervorgerufen werden. Damit wird das Wohlbefinden der Tiere beeinträchtigt, dies kann Leistungsdepressionen zur Folge haben. Auch tierschutzrechtliche Aspekte müssen beachtet werden.
Das Stallpersonal wird ebenso durch Fliegen belästigt. Ruhiges, motiviertes Arbeiten und ausreichende Tierbeobachtung sind bei massivem Fliegenbefall definitiv unmöglich.

2. Hygienische Bedeutung
Die Ernährungsgewohnheiten der Fliegen führen zur Übertragung von Krankheitserregern. Die erwachsenen Tiere ernähren sich hauptsächlich von flüssigen oder feuchten Nahrungsmitteln und sie überprüfen ständig durch betupfen mit ihrem Rüssel verschiedenste Stoffe auf ihre Genießbarkeit.

Es fällt auf, das sich Fliegen bevorzugt auf kranken Tieren aufhalten, deren Abwehrbewegungen reduziert sind.

Durch ständigen Aufenthaltswechsel bringen sie mit ihren Füssen, ihrer behaarten Körperoberfläche und ihrem Speichel Keime von einem Ort zum anderen, was besonders bedenklich ist, wenn Stall und Haus beieinander liegen.

Die Darmpassage von bestimmten Keimen (Streptokokken, Salmonellen) und damit auch die Übertragung durch den Kot ist nachgewiesen, wie auch die Passage von Colibakterien von der Larve über die Puppe zur adulten Fliege. Die Vehikelfunktion bei der Übertragung von Krankheiten wie Aujeszkysche Krankheit, MKS, Schweinepest und anderen ist unbestritten. Bei einer Erkrankung den ursächlichen Zusammenhang zwischen vorhandener Fliegenpopulation und Infektion im nachhinein festzustellen, scheint jedoch unmöglich.

Bei engem Zusammenliegen von Haus und Stall besteht eine erhöhte Gefahr der Übertragung von Keimen auf Nahrungsmittel (Salmonellen, Colibakterien, Leptospiren, Hefepilze, Essigbakterien), was im günstigen Fall nur ein Verderben der Lebensmittel zur Folge hat, unter ungünstigen Bedingungen können schwere Erkrankungen beim Menschen hervorgerufen werden.
Das Ablegen der Eier in offene Wunden und die Entwicklung der Larven im lebenden Organismus, die sogenannte Myiasis, hervorgerufen auch durch Fleisch- und Schmeißfliegen, spielt vor allem in der Freilandhaltung (bevorzugt bei Schafen) eine Rolle, bei Stallhaltung kommt es eher selten und nur bei äußerst ungünstigen Klimabedingungen vor.


Hygienische Maßnahmen

  • Die Gestaltung eines optimalen Stallklimas ist die wichtigste Maßnahme. Vermeidet man feuchte Stellen, finden die Fliegen keine idealen Brutbedingungen. Undichte Tränken und Wasserleitungen sowie offen zugängliche Wasserstellen sollten vermieden werden, um die Kontamination des Trinkwassers mit Keimen zu verhindern.
  • Futtertröge sollten regelmäßig gereinigt werden und die Futterlagerung sollte trocken und vor Fliegen geschützt erfolgen. Feuchtes Futter stellt ein optimales Milieu für die Entwicklung der Fliegenbrut dar.
  • Der Stall und Hofbereich muss regelmäßig gereinigt werden, feuchte Dreckecken, ungeordnete Festmistplätze und Flüssigmistdeponien sind ideale Brutplätze.
  • Um das Problem der Schwimmdecken als ideale Brutstätte für die Fliegen zu reduzieren, sollte 14-tägig die Gülle entfernt und wenn möglich die Kanäle gespült werden, nicht zu vergessen sind die Unterseiten der Spalten.


Biotechnische Maßnahmen
Das Eindringen von Fliegen in den Stall kann durch Fliegengitter an Türen und Fenstern eingedämmt werden, ebenso durch das Aufstellen von Fallen an sonstigen Einflugschneisen (UV-Lichtfalle etc). Im Stall kann man Lockstoffe dazu benutzen, um Fliegen an Klebestreifen oder an Fraßgifte zu locken.


Chemische Maßnahmen
Man unterschiedet zwischen Wirkstoffen, die auf die erwachsenen Tiere (Insektizid) und auf das Larvenstadium (Larvizid) wirken.

Bei den Insektiziden gibt es bewährte Mittel, die auf Wand- und Deckenflächen als Belag aufgetragen werden, hier muss unbedingt auf Sauberkeit geachtet werden, da Schmutz, Staub und Feuchtigkeit die Wirkung der Mittel beeinträchtigen. Fliegen, die sich hauptsächlich am Tier aufhalten, werden dadurch nicht zufriedenstellend bekämpft.

Die Ausbringung über ein Aerosolverfahren hat nur einen kurzzeitigen Effekt und müsste häufig wiederholt werden, Resistenzen sind zu erwarten. Eine Alternative könnten hier Produkte auf Pyrethrumbasis (Pulver aus Blütenköpfen verschiedener Chrysanthemen) darstellen, sie wirken sehr schnell, haben eine geringe Toxizität, werden schnell abgebaut und Resistenzen treten nicht auf, allerdings sind diese Produkte im Verhältnis um einiges teurer.

Fraßgifte, die mit Lockstoffen versehen sind, haben eine ausgezeichnete Wirkung und ausgelegt auf Fensterbänken oder Köderstationen verringern sie sichtbar die Fliegenpopulation. Die Warnhinweise sind hier allerdings unbedingt zu beachten, denn die Lockstoffe machen das Gift auch für andere Tiere (Hunde) attraktiv.

Insektizide haben auf das Larvenstadium nur eine geringe Wirkung und im Notfall können sich die Larven in das durch den Chitinpanzer wenig angreifbare Puppenstadium zurückziehen.

Spezielle Gifte, die sogenannten Larvizide hemmen die Chitinsynthese, verhindern damit die Verpuppung und bringen die Larven zum Absterben.


Biologische Maßnahmen
Die biologische Bekämpfung der Fliegen bedient sich der natürlichen Feinde der Stubenfliege. Werden dieGüllefliege oder die Schlupfwespe in großer Anzahl an den Brutstätten ausgesetzt, kann man die Fliegenpopulation dauerhaft auf natürliche Art und Weise in Schach halten.

Güllefliege (Ophyra aenescens)
Die Larven der Güllefliegen haben die gleiche Nahrungsgrundlage wie die Stubenfliegenlarven, decken aber ihren Eiweißbedarf zusätzlich mit Stubenfliegenlarven ab. Bis zu 20 Stubenfliegenlarven können von einer Larve ausgesaugt werden, daher auch der Beiname Killerfliege.

Die Güllefliege selbst ist äußerst flugträge und ortstreu, sie hält sich am liebsten an dunklen, warmen und feuchten Stellen auf, die sie im Unterflurbereich von Schweineställen mit Spaltenboden findet. So belästigt sie auch Mensch und Tier kaum und spielt als Krankheitsüberträger keine Rolle.

Günstig ist die Aussiedlung der Güllefliegen im Winter oder frühem Frühjahr bei geringem Stubenfliegenangebot, mehrere Freilassungen von Fliegen im wöchentlichen Abstand; so dass sich schnell ein dauerhaftes Gleichgewicht im Stall ausbilden kann. Sind keine Stubenfliegenlarven mehr vorhanden, reicht das vorhandene Nahrungsangebot, um die Güllefliegenpopulation aufrecht zu erhalten. Auffrischungen im Frühjahr mit einer einmaligen Freilassung werden empfohlen.

Schlupfwespen (Nasonia vitripennis, Spalangia ssp., Muscidifurax)
Die Schlupfwespe ist hervorragend an die Bedingungen der Tierhaltung mit Festmist angepasst. Sie sind nur wenige Millimeter groß, halten sich ausschließlich im Dungbereich auf und sind für Mensch und Tier völlig ungefährlich. Die Weibchen legen ihre 1 - 8 Eier in die Puppen der Stubenfliegen, die sich entwickelnden Larven töten ihren Wirt langsam. Zum Teil stechen die Schlupfwespen die Puppen auch zur Nahrungsaufnahme an, insgesamt können von einer Schlupfwespe 35 - 200 Puppen der Stubenfliege abgetötet werden.

Günstig ist die Aussiedlung im Frühjahr, bevor sich eine Fliegenplage entwickelt. Eine dauerhafte Aussiedlung ist nicht möglich, da die Schlupfwespen sehr temperaturanfällig sind und zugrunde gehen, sobald keine Fliegen mehr vorhanden sind.
Eine gleichzeitige Ansiedlung von Schlupfwespen und Güllefliegen wird nicht empfohlen, da die Schlupfwespe auch in den Puppen der Güllefliege parasitiert.


Praktische Tipps
Bei der Ausbringung von Fliegengiften sollte man einige Hinweise beachten. 
  • Fliegen halten sich nur zu 20% im oberen Stallbereich auf, 80% sind unter den Spalten! Bei der Ausbringung des Fliegenmittels sollte zuerst unter die Spalten gesprüht werden, um die Fliegen aufzujagen.
  • Die Wirksamkeit eines Wandspritzmittels wird erhöht, wenn vor der Ausbringung der Staub entfernt wird.
  • Alle 2 - 3 Monate empfiehlt es sich wegen der Ausbildung von Resistenzen das Mittel zu wechseln.
  • Vorgeschriebene Konzentrationen sind einzuhalten. Das bedeutet, dass auch Überdosierungen unbedingt zu vermeiden sind. Hier gilt: "Viel hilft nicht viel"! Mit der Bekämpfung beginnt man am besten bereits im April/Mai, bevor sich eine Population zur Plage entwickelt hat.
  • Die Wahl der Bekämpfungsart und des -mittels sollte nicht nur vom Preis abhängig gemacht werden, Wirkstoff, Aufwandmenge, Ausbringungsort, Ausbringungsweise und Konzentrationen sind die wichtigen Entscheidungsparameter.

Pigpool - Fazit für die Praxis
Fliegen sind bei ganzjähriger Stallhaltung nicht nur ein hygienisches Problem. Eine strategische, konzeptionelle Fliegenbekämpfung wird leider (ähnlich wie bei der Schadnagerbekämpfung) immer noch viel zu selten durchgeführt. Eine kontinuierliche, fachlich richtig durchgeführte Fliegenbekämpfung ist kostengünstiger und allemal effektiver als eine sporadische und falsch durchgeführte. Dies gilt nicht nur für chemische Bekämpfungsstrategien, sondern ebenso für die geschilderten hygienischen, biotechnischen und biologischen Maßnahmen.

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