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MMA - Mastitis, Metritis, Agalaktie - Grundlagen

 

Einleitung
Sauenhalter kennen das Problem: nach dem Abferkeln kommt es häufig zur Erkrankung der Sau. Sie frisst nicht genug, sie hat nicht genügend Milch, sie eitert aus der Scheide, das Gesäuge ist entzündet und als Folge kommen die Ferkel zu kurz, oft in Verbindung mit Durchfallerkrankungen. Spätestens jetzt hat sich ein wirtschaftlich bedeutendes Problem im Stall eingeschlichen: MMA. Hierzu eine Übersicht über die möglichen Ursachen, Prophylaxe- und Behandlungsmaßnahmen. 


Begriffsbestimmung:

  • Mastitis: Entzündung des Gesäuges
  • Metritis: Entzündung der Gebärmutter
  • Agalaktie: Keine, aber auch unzureichende Milchproduktion.


Mastitis: 
Die Entzündung des Gesäuges ist charakterisiert durch die klassischen Entzündungsanzeichen wie Rötung, Schwellung, Wärme, Schmerz und den Verlust der Fähigkeit, ausreichend Milch in einwandfreier Qualität zu produzieren. 
Die Ursachen sind in der Regel Bakterien, die über die Zitzenöffnung, Verletzungen des Gesäuges oder über die Blutbahn in die Drüsenkomplexe gelangen.
Die Mastitis betrifft nicht immer das gesamte Gesäuge, gerade bei Altsauen sind häufig nur die vorderen Gesäugekomplexe betroffen. 

Metritis:
Das Leitsymptom der Gebärmutterentzündung ist der nach der Geburt auftretende, oft faulig riechende Ausfluss. 
Als Ursache ist wie bei der Mastitis eine Keimbesiedlung von außen durch die noch weit offenen Geburtswege möglich. Auch durch manuelle Geburtshilfe besteht ein großes Risiko zur Keimeinschleppung. Andererseits können aber auch Reste von Nachgeburten oder sogar tote Ferkel in der Gebärmutter eine Metritis auslösen.

Das Allgemeinbefinden der Sau ist sowohl bei der Mastitis als auch bei der Metritis gestört, es tritt Fieber häufig mit Temperaturen von über 40°C auf. Die Futter- und Wasseraufnahme kann reduziert sein, die Tiere liegen viel (in Bauchlage auf dem Gesäuge) und machen einen erschöpften Eindruck.

Agalaktie:
Agalaktie ist streng übersetzt das völlige Fehlen der Milchproduktion. Beim MMA-Komplex wird jedoch auch der Milchmangel zur Agalaktie gezählt. 
Milchmangel wird häufig am Verhalten der Ferkel beobachtet, sie sind unruhig und schlafen häufig am Gesäuge der Sau, statt ihr Ferkelnest aufzusuchen. Ihr Ernährungszustand wird binnen Stunden schlechter, was an deutlich eingefallenen Hungergruben sichtbar wird.

Das Gesäuge der Sau ist bei der Mastitis - bedingten Agalaktie geschwollen, hart und gerötet, im Gegensatz zum Milchmangel ohne Entzündung. Dort erscheint das Gesäuge schlaff und leer.

Die Ursachen der Agalaktie sind vielfältig, z. B. kann eine ausgeprägte Mastitis zum Versiegen des Milchflusses führen. Aber auch ungenügende Futter- oder Wasseraufnahme, oder ein Ungleichgewicht der für die Laktation wichtigen Hormone kann ein Auslöser sein.

Prolaktin: Dieses Hormon steuert die Bildung einer funktionsfähigen Milchdrüse zur Zeit der Geburt. Daneben stimuliert es auch den Milchfluss. Im Falle Metritis oder Mastitis wird die Bildung von Prolaktin durch Toxine der Entzündung gehemmt, was die Milchproduktion reduziert.

Oxytocin: Es bewirkt den sogenannten "Milcheinschuss". Durch das Saugen der Ferkel wird es ausgeschüttet, seine Wirksamkeit ist nur sehr kurz. 
Die Muskulatur der Gebärmutter zieht sich um den Zeitpunkt der Geburt herum durch Oxytocineinwirkung zusammen (Wehen).
Auch die Oxytocin-Ausschüttung kann durch verschiedene Toxine gehemmt werden. 


Diagnose
Eine Erkrankung im Sinne vom MMA-Komplex liegt vor, wenn eine Störung des Allgemeinbefindens und ein oder mehrere der oben beschriebenen Krankheitsbilder vorliegen. In vielen Fällen können Fieber und eine verminderte Futteraufnahme beobachtet werden.
Eine Besonderheit stellt in diesem Zusammenhang die sogenannte Laktationshyperthermie dar. Hier kommt es zu einem Temperaturanstieg bei Sauen nach der Geburt auf Werte von über 40°C über mehrere Tage. Störungen des Allgemeinbefindens, der Futteraufnahme oder Veränderungen an Gesäuge und Gebärmutter werden hierbei nicht festgestellt. In aller Regel sind davon nur Sauen mit dem ersten Wurf betroffen. Seltener auch Sauen im zweiten Wurf. Die Ursachen für diese erhöhte Temperatur sind noch nicht vollständig abgeklärt. Angenommen werden untrainierte Stoffwechselvorgänge, die einen vermehrten Abbau von körpereigenen Fettreserven bedingen. Eine fiebersenkende Behandlung bleibt meist erfolglos. Bei der routinemäßigen Temperaturkontrolle sollte man dieses Phänomen im Hinterkopf behalten und eine Behandlung nur beim Vorliegen eines weiteren Symptoms des MMA-Komplexes einleiten.


Ursachen
Beim MMA-Komplex handelt es sich um eine Faktorenerkrankung, d. h. dass verschiedene Faktoren und nicht nur ein bestimmter Erreger für die Erkrankung verantwortlich sind.


1. Fütterung
Die Futtermenge und -zusammensetzung der Sauen um die Geburt herum ist entscheidend für das vermehrte Auftreten von MMA. Das Futter sollte die Sau ausreichend mit Energie versorgen, aber den Darm nicht belasten. Die alte Weisheit: "ein voller Darm gebiert nicht gern" hat nach wie vor seine Bedeutung. Durch Verstopfung kann es zu verzögerten Geburten kommen; das Risiko der Gebärmutterentzündung steigt. Darminhalt, der zu lange im Darm steht, kann Toxine abgeben, die die Bildung von Hormonen beeinflusst, was zu Agalaktie führt. Verstopfte Sauen fressen nicht gern, sie kommen in ein Energiedefizit und können aus diesem Grund nicht genügend Milch für die Ferkel produzieren.

Daher sollte kurz vor der Geburt die Ration drastisch gekürzt werden, um den Darm nicht zu überlasten, natürlich ohne dass die Sau in eine Energiemangelsituation gerät.
Die ideale Fütterungsstrategie ist von vielen Faktoren abhängig. Bei gehäuftem Auftreten von MMA ist immer daran zu denken, an der Fütterung etwas zu ändern. Die verschiedenen Hersteller bieten individuelle Problemlösungen an. 

Der Einsatz von abführenden Substanzen kann die Darmfunktion unterstützen. Hierbei können quellfähige Bestandteile ebenso hilfreich sein wie Glaubersalz. Beim Glaubersalz ist jedoch auf eine ausreichende Menge zu achten, da es in einer Dosierung von 15 g/Tier eine verstopfende Wirkung haben kann. Untersuchungen belegen, dass 0,6 g/kg KGW (entspricht 60 g/100 kg KGW) eine gute abführende Wirkung haben. Limitierender Faktor ist hier sicherlich die mangelnde Aufnahmeakzeptanz.

Die Versorgung mit wichtigen Mineralien wie Calcium und Phosphor ist durch handelsübliche Sauenfutter in der Regel sichergestellt. Bei hofeigenen Mischungen sollte der Mineralstoffgehalt überprüft werden.

Die Zufütterung von Säuren mit dem Ziel den pH-Wert des Harns zu senken (bei einem niedrigen pH-Wert des Harn sinkt die Gefahr einer Blasenentzündung; diese ist häufig Ursache für eine Gebärmutterentzündung) ist vielfach untersucht worden. Viele Säuren brachten jedoch nur wenig bis gar keinen Effekt. 
Durch die Zufütterung von Mineralsalzen ist es jedoch möglich, den Harn-pH zu senken. Geeignete Futtermittel sind im Handel erhältlich.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Trinkwasserversorgung. Sauen sollten immer freien Zugang zu Wasser haben. Bei unterschiedlichen Tränkesystemen im Warte- und Abferkelbereicht ist es hilfreich, am Anfang Wasser in den Trog zu füllen, damit es nicht zu Verstopfungen kommt. Die Durchflussraten von Nippeltränken sollten min. 1 - 2 l pro Minute betragen, damit die Sauen genügend Wasser aufnehmen. Nach der Geburt geschwächte Sauen sollten durch Auftreiben und manuelle Wassergabe im Trog zum Saufen animiert werden.

Folgen ungenügender Wasseraufnahme:
  • Austrocknung des Darminhaltes mit Verstopfung
  • Blasen- bzw. Nierenentzündungen durch hochgradig konzentrierten und keimbelasteten Harn
  • Austrocknung der Tiere mit Temperaturanstieg bis zum Tod
  • Milchmangel


2. Hygiene
Ein gutes Hygienemanagement kann den Infektionsdruck für die Sauen (und auch für die Ferkel) deutlich herabsetzen. Sauen sind während und nach der Geburt empfänglicher für Infektionen. Sie liegen viel, Bakterien können durch die weit offenen Geburtswege leicht in die Gebärmutter und die Blase eindringen. Durch Verletzungen der Haut des Gesäuges (Ferkelzähne!) bestehen auch hier ideale Eintrittspforten für Erreger. Um dieses Verletzungsrisiko möglichst gering zu halten, empfiehlt es sich, die Zähne der Ferkel abzuschleifen. Beim Abkneifen entstehen oft sehr spitze Ecken, welche die Zitze oft noch mehr verletzen. Auch aus anderen Gründen sollte ein Abkneifen der Zähne auf jeden Fall unterlassen werden!

Idealerweise werden die Abferkelabteile im Rein-Raus-Verfahren mit Reinigung und Desinfektion belegt. Der Keimdruck ist so am geringsten. 

Dennoch bieten Nachgeburtsteile und totgeborene Ferkel im direkten Umfeld der Sau ideale Vermehrungsbedingungen für jede Art von Keimen. Das konsequente Entfernen dieser Materialien sollte eine Selbstverständlichkeit sein.

Eine weitere Möglichkeit, den Keimdruck zu senken, ist das Waschen der Sauen vor dem Einstallen in den Abferkelstall. Verschiedene Verfahren sind hier möglich, eine Duschvorrichtung im Treibgang, das Einsprühen mit einem Tierwaschmittel, das Schaum bildet oder auch das Abwaschen mit der Hand. Gerade in Beständen, die häufig MMA-Probleme haben, hat sich diese Maßnahme bezahlt gemacht. 


3. Behandlung
Ziel der Behandlung ist es, den Allgemeinzustand der Sau so zu verbessern, dass ihre Milchleistung für die Ferkel ausreichend bleibt oder wieder wird, und sie genügend Futter aufnimmt. 

Oxytocin bewirkt den Milcheinschuss, hat aber nur eine kurze Halbwertszeit, d.h. es muss öfter nachgespritzt werden. Eine Formulierung mit Depotwirkung wirkt länger, eine Überdosierung muss aber unbedingt vermieden werden.

Fiebersenkende und schmerzlindernde Medikamente sind angebracht, um den Allgemeinzustand zu verbessern.

Antibiotika wirken gegen die Erreger der Entzündung von Gesäuge oder Gebärmutter, sie sind auf jeden Fall lange genug zu verabreichen, um Resistenzen vorzubeugen. Eine Abklärung der Erregerempfindlichkeit über ein Antibiogramm ist hierbei empfehlenswert.

Bei sehr schwacher Milchleistung sollten die Ferkel umgesetzt werden. Vor allem dann, wenn sie nicht genügend Kolostrum aufgenommen haben. 


Pigpool-Fazit für die Praxis
Beim MMA-Komplex handelt es sich um eine sogenannte Faktorenerkrankung, die am sinnvollsten mit geeigneten Prophylaxe-Maßnahmen bekämpft werden sollte. Ein allgemeingültiges Fütterungskonzept liegt nicht vor, für jeden Bestand muss eine individuelle Strategie gefunden werden. 
Hygienische Maßnahmen spielen eine sehr wichtige Rolle. Ohne die tägliche Beachtung und Reinigung werden immer wieder MMA-Probleme auftreten.
Die Bedeutung von MMA wird deutlich, wenn man bedenkt, dass jeder Fall von MMA zu Leistungseinbußen der Ferkel führt. Bei dieser Erkrankung multipliziert sich der wirtschaftliche Schaden mit der Wurfgröße!



Literatur
B. McIntosh: Mastitis, Metritis, Agalactica (MMA) in Pigs, DPI note, Juni 98
C. Ulmer-Shakibaei, H. Plonait: Untersuchungen zur Laktationshyperthermie der Sau, Tierärztliche Umschau 8/1992
A. Persson: Clinical-Assessment of Udder Health-Status of Sows at Time of Weaning with Special Reference to Bacteriology and Cytology in Milk, Journal of Veterinary Medicine Series A, 1997
D. E. G. Lindemann, W. Bollwahn: Hinweise zur Dosierung von Glaubersalz bei Zuchtsauen, Dtsch. tierärztl. Wschr., 2/95
W. Wiesemüller: Fütterungsbedingte Maßnahmen zur Vorbeugung des MMA-Komplexes bei Sauen, DLZ 7/96

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