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EU: Fragen und Antworten zu tierischen Nebenprodukten

Europäische Kommission für Lebensmittelsicherheit 

Vom Erzeuger bis zum Verbraucher
Die Diskussion über die Lockerung des Tiermehlverfütterungsverbotes wirft immer mehr Fragen auf. Hierzu eine Reihe von Fragen, die in einer Stellungnahme der Europäischen Kommission beantwortet wurden:

    • 1. Wie lautet die Empfehlung der Europäischen Kommission für den Umgang mit tierischen Nebenprodukten?
      Die Kommission präsentierte im Oktober 2000 einen Vorschlag zum verantwortungsbewussten Umgang mit tierischen Nebenprodukten, in Übereinstimmung mit den Zielen des Weißbuches der Lebensmittelsicherheit. Das Programm "Vom Stall bis auf den Tisch" soll neben der Haltung, dem Transport und der Verarbeitung von Lebensmitteln auch die Bestimmung dieser Nebenprodukte beeinhalten. 
    • 2. Was sind "Tierische Nebenprodukte?
      Es handelt sich dabei um Teile von Tieren, die nicht direkt als Lebensmittel verzehrt werden. Sie werden u.a. zu Fleisch- und Knochenmehl, Fetten, Gelatine, Kollagen, Heimtierfutter, Leim, Leder, Seife oder Dünger verarbeitet. Die Alternative zu diesen Nutzungsmöglichkeiten ist die Vernichtung, insbesondere die Verbrennung.
    • 3. Enthält der Vorschlag die Erlaubnis zur Verfütterung von Fleisch- und Knochenmehl an Nutztiere?
      Nein, das Verfütterungsverbot für Tiermehl wurde verlängert, bis geeignete Verfahren und Kontrollmöglichkeiten für die Unbedenklichkeit erarbeitet wurden. 
    • 4. Um welche Mengen dieser Nebenprodukte wird hier diskutiert?
      Schätzungsweise werden vom Schlachtkörper von Hühnern nur 68%, von Schweinen nur 62%, von Rindern nur 54% und von Schafen und Ziegen nur 52% direkt verzehrt. Damit fallen jährlich in der EU mehr als 10 Millionen Tonnen an tierischen Nebenprodukten von völlig gesunden Tieren, deren Fleisch Lebensmittelqualität besitzt, an. Diese Nebenprodukte werden weiterverarbeitet und gelangen so z. T. auch in die Lebensmittelkette. Hier einige Beispiele:
      • Knochen, Häute und Bindegewebe wie Sehnen werden für die Gelatineproduktion genutzt, woraus wiederum Desserts, Weingummi, Marshmallows und fleischhaltige Fertigprodukte, hergestellt werden. Ferner findet Gelatine im Tierfutter als Bindemittel für Pellets, als Überzug für Vitamine und im Hundefutter Verwendung. Die pharmazeutische Industrie nutzt es als Rohstoff für Kapseln und die Photoindustrie für Silberemulsionen auf Photopapier.
      • Mischungen aus Knochen, Putzfleisch, bestimmten Innereien werden in ihre Bestandteile wie Eiweiß und Fett aufgespalten und für die Herstellung von Lebensmitteln, Futtermitteln, Kosmetika, pharmazeutischen und technischen Produkten verwendet.
      • Einige Innereien und Putzfleisch benötigt die pharmazeutische Industrie oder sie gelangen in Heimtierfuttermittel, erhitzt unter bestimmten Bedingungen (133°C für 20 Minuten unter einem Druck von 3 bar) wurden zur Futtermittelherstellung verwendet.

    • 5. Gibt es Risiken bei diesen Verfahren?
      Nein. Die derzeitigen Kontrollbestimmungen erfordern eine gründliche Untersuchung des Rohmaterials vor und nach der Schlachtung. Nur dann erhält es die Beurteilung der Lebensmitteltauglichkeit. Die für die Lebensmittelherstellung nicht geeigneten Anteile besitzen die gleiche Sicherheit. 
  • 6. Ist Fleisch- und Knochenmehl eine Erfindung der "Intensivhaltung von Tieren"?
    Nicht wirklich. Der große Unterschied zwischen der heutigen Situation und der Vergangenheit ist, dass früher ein größerer Anteil der Tiere auch tatsächlich gegessen wurde. In den letzten Jahren sank dieser Anteil aufgrund des höheren Lebensstandards, höherer Einkommen und der Veränderung der Essgewohnheiten. Entgegen der üblichen Meinung wird Fleisch- und Knochenmehl bereits seit mehr als 100 Jahren in der Tierernährung eingesetzt.
  • 7. Was lief in den letzten Jahren falsch?
    Es ist bekannt, dass der Ursprung von BSE in der Verfütterung von Tiermehl liegt. Es ist zwar nicht geklärt, woher dieses Ursprungs-Agens stammt, damit beschäftigt sich derzeit die Wissenschaft. 

    Ungeachtet dieser Tatsache wurde BSE durch die Verfütterung von erkrankten Rindern in Form ungenügend bearbeiteter Tiermehle in den 80er Jahren verbreitet. Gegen die weitere Ausbreitung wurden von der EU folgende Maßnahmen ergriffen:
    • Verbot der Verfütterung von Proteinen von Säugetieren an Rinder, Schafe und Ziegen 1984.
    • Genaue Verfahren zur Herstellung von Tiermehl am 1.4.1997.
    • Programme zur Diagnose, Kontrolle und Ausmerzung von BSE am 1.5. 1998.
    • Das Entfernen von "Risikomaterial" aus der Nahrungs- und Futtermittelkette seit dem 1.10.2000.
    • Und nun das Verbot der Verfütterung von Tiermehl an Tiere der selben Art ("Kannibalismus"). Durch die Beobachtung der Erkrankung BSE wurde klar, dass eine Verbreitung am schnellsten durch das Fehlen der Speziesbarriere erfolgt.

  • 8. Was sind die wichtigsten Prinzipien der neuen Regelungen?
    Das Schlüsselprinzip wird eine EU-weite Regelung für die sichere Gewinnung, der Behandlung und auch der Vernichtung von tierischen Nebenprodukten sein. Das Fehlen einer solchen Regelung ist ein Risiko für die Gesundheit der Verbraucher und die Umwelt durch ungeeignete Verfahren der Verarbeitung dieser Produkte, von denen vielen Millionen Tonnen pro Jahr anfallen.
  • 9. Wie wird nach den neuen Regelungen mit behandelten Fleisch- und Knochenmehl umgegangen werden?
    Für derartige Mehle und auch Proteine wird es Voraussetzung werden, dass die Rohstoffe ausschließlich von lebensmitteltauglichen Tieren gewonnen werden. Das bedeutet, dass für die Futtermittel derselbe Standard wie für Lebensmittel besteht. Um eine klare Abgrenzung von nicht-tauglichen Tierkörpern zu gewährleisten, werden folgende Regelungen eingeführt:
    • Komplette Trennung von Transport und Verarbeitung von tauglichen und nicht-tauglichen Tieren.
    • Komplette Trennung von Anlagen und Geräten zur Verarbeitung von tauglichen und nicht-tauglichen Tieren.
    • Strenge Regelungen zur Zurückverfolgung von Nebenprodukten, inklusive der Kontrolle über den Weg des Risikomaterials mit Begleitdokumenten und Gesundheitsattesten. Dazu die Markierung von Materialien, die nicht-tauglich sind, z. B. durch Einfärbung.

    In der Praxis bedeutet das, dass keine Lebens- oder Futtermittel mehr Material von BSE-verdächtigen Tieren, Risikomaterial oder von Rindern, die älter als 30 Monate sind und keinem BSE-Schnelltest unterzogen wurden, enthalten.
  • 10. Worin bestehen die Unterschiede zur alten Gesetzgebung?
    In der Vergangenheit war es erlaubt, aus Rohstoffen, die nicht für den menschlichen Verzehr geeignet waren, Futtermittel herzustellen. Z.B. durften Tiere, die auf dem Betrieb verendet waren oder getötet wurden in die Futtermittelkette gelangen. Diese Praxis war es, die zu der Verbreitung von BSE geführt hat.
  • 11. Werden diesen Kontrollen funktionieren?
    Diese Regelungen werden genauso strikt gehandhabt werden, wie die in der Lebensmittelindustrie gültigen. Darüber hinaus sichert die farbige Markierung, dass untaugliches Material nicht in Futtermittel gelangt, und effektive Nachweismethoden aus Futterproben werden als praktische Kontrollinstrumente eingesetzt. 

    Natürlich kann man damit nicht jeden Verstoß gegen diese Regelungen verhindern. Es wird in der Verantwortung der Mitgliedsstaaten liegen, gegen diese Verstöße vorzugehen und sie zu bestrafen.
  • 12. Wird die Verfütterung von Fleisch- und Knochenmehl an Rinder wieder erlaubt werden?
    Nein, es wird verboten bleiben. Futtermittel tierischer Herkunft werden ausschließlich an Nichtwiederkäuer verfüttert werden dürfen, also an Schweine, Geflügel und Fische, die keine "Vegetarier" sind.
  • 13. Warum wird nicht ein generelles Verbot der Tiermehlverfütterung ausgesprochen?
    Schweine, Geflügel und Fische sind nicht von Natur aus Vegetarier, sie benötigen essentielle Aminosäuren, wie sie nur in Futtermittel tierischen Ursprungs vorkommen. Nach dem Verbot der Verfütterung von Tiermehl wichen viele Betriebe auf Fischmehl oder synthetisch hergestellte Proteine aus. Dabei traten jedoch viele Probleme in der Tiergesundheit auf, speziell bei Eintagsküken und Ferkeln.
  • 14. Was ist der ökonomische Hintergrund?
    Das Verbot hat immense Kosten für die Fleischproduktion verursacht:
    • Weil die tierischen Nebenprodukte nicht mehr in dem Maße verarbeitet wurden, verloren die Betriebe eine Einkommensquelle.
    • Der Ersatz der Proteine in der Tierernährung war mit hohen Kosten verbunden.
    • Es waren Importe von proteinhaltigen pflanzlichen Futtermitteln nötig, die daraufhin im Preis stiegen.
    • Es fielen Kosten für die Vernichtung (Verbrennung) der nicht benötigten Nebenprodukte an.

    Alles in allem stiegen die Kosten für die tierhaltenden Betriebe und die nachgelagerten Verarbeitungsbetriebe stark an.

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