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Kann eine "gute ackerbauliche Praxis" den Befall mit Mykotoxinen verhindern?

Thomas Preuße 

Im vergangenen Sommer haben Landwirte, die in einigen Regionen Europas von Dauerregen geplagt worden sind, die Abreife ihres Weizens besonders gespannt verfolgt: Werden die Körner rot, besteht die Gefahr, dass Mykotoxine entstehen, nachdem die Ähren mit Fusarium-Pilzen infiziert worden sind? Denn Handel, Mühlen und Futtermittelindustrie sind nervös geworden und untersuchen das Getreide. Dort und auf EU-Ebene wird über die Einführung verbindlicher Grenzwerte diskutiert.

Kann ich durch "gute ackerbauliche Praxis" vermeiden, dass dieses Problem überhaupt entsteht? Kann ich auf dem Feld noch eingreifen? Es mag nützlich sein, sich zunächst die wichtigsten Zusammenhänge in Erinnerung zu rufen.

  • Fusarien treten nicht in jedem Jahr an jedem Ort auf. Feuchte Witterung während der Blüte erzeugt das Problem, bestimmte Fruchtfolgen, Bodenbearbeitungsverfahren oder Sorten verstärken es. Übertrieben wäre also, jetzt ein Schreckensszenario aufzubauen und von einer generellen Belastung des Getreides auszugehen. 
  • Doch die von Fusarien vor allem in Weizen und Triticale gebildeten Gifte (Mykotoxine) kann man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Die Sauenhalter haben das schon lang erkannt. Rinder sind weniger anfällig. In den letzten Jahren fordern im Zuge der Diskussion um den Verbraucherschutz auch die Mühlen möglichst unbelastetes Getreide.
  • Diesem Ziel sollen Grenzwerte für die auf dem Feld durch Fusarien gebildeten Mykotoxine dienen, also vor allem Deoxynivalenon (DON) und Zearalenon (ZEA). Bisher gibt es sie nur für Gifte von Lagerpilzen (Ochratoxin A). Die Diskussion spielt sich auf mehreren Ebenen ab: Mühlen wollen schön möglichst bald Höchstwerte einführen, z.B. 0,5 oder 0,75 mg/kg Getreide für DON. Die Futtermittelindustrie z.B. in den Niederlanden nennt einen Wert von 0,75 mg/kg. Darüber hinaus wird eine EU-Verordnung kommen, die 1,0 mg/kg DON für Futter- und zwischen 0,5 und 1,0 mg/kg zur Lebensmittelgetreide vorschreiben könnte. Letztere Werte beziehen sich allerdings auf gereinigte Ware, nicht auf angeliefertes Getreide! Für die niedrigere Zahl spricht sich zum Beispiel Deutschland aus, die höhere bevorzugen die Südeuropäer, die um ihre Durumproduktion fürchten. Aber befallenes Getreide lässt sich mit zumutbarem Aufwand nur zum Teil reinigen. Zusammen mit der EU-Verordnung soll ein Verschneidungsverbot kommen, das den Umgang mit belastetem Getreide erheblich verschärfen würde.
  • Solche Grenzwerte werfen allerdings eine Fülle praktischer Fragen auf. Es gibt zum Beispiel Unsicherheiten beim Nachweis der Mykotoxine und keine Tests, die justiziabel und praktikabel zugleich sind. Wie die Probennahme beim Handel schnell und genau zugleich organisiert werden kann, ist ebenfalls ungeklärt.


Fehlt die feucht-warme Witterung während der Blüte ist das Risiko recht gering. Aufgrund des Infektionsweges von Stoppelresten auf Blätter und in die Ähre sind Fruchtfolge und Bodenbearbeitung (in dieser Reihenfolge) die entscheidenden Größen für eine Infektion. Besonders kritisch ist Weizen nach Mais, womöglich noch pfluglos. Dann haben Sie einen großen Teil des möglichen Risikos zusammen. "Das auf dem Boden verbleibende schwerer verrottende Maisstroh mit einem engen C : N-Verhältnis von 25 : 1 (Getreidestroh 80 - 100 : 1) ist ein geeigneter Nährboden für den Pilz, der dann Ascosporen produziert", sagt der deutsche Pflanzenschutz-Experte Dr. Georg Meinert. "Diese werden von dem auf dem Boden liegenden Maisstroh auf die Weizenähre aktiv ausgeschleudert und infizieren die Ähren. Im Vergleich zum Silomais ist der Körnermais eine größere Gefahr, weil der Pilz längere Zeit wachsen kann und Körnermais nach der Ernte mehr organisches Material hinterlässt."

Wird dieses infektiöse Material sauber in den Boden eingepflügt, ohne dass Reste auf der Erdoberfläche verbleiben, ist die Infektionsquelle weitgehend beseitigt und die Gefahr des Ährenbefalls zunächst geringer. Die Pilzsporen halten sich aber einige Jahre im Boden, so dass sie beim nächsten Pflügen wieder hoch geholt werden können. Durch die konservierende Bodenbearbeitung werden die Maisreste wohl in den Boden flach eingearbeitet, aber es bleibt noch genügend infektiöses Material auf der Bodenoberfläche. Besonders kritisch ist die Direktsaat (no-till). Auch reduzieren die zugelassenen Fungizide den DON-Gehalt bei low-till stärker als bei no-till.


Es wird immer gern gefordert, die Fruchtfolge zu ändern, um die konservierende Bodenbearbeitung ohne zu große Fusarium-Gefahr beibehalten zu können. Also den Anteil an Mais und Weizen zu verringern und den weiterer Sommerkulturen zu erhöhen. Angesichts des wirtschaftlichen Druckes auf die Ackerbaubetriebe ist das jedoch wenig realistisch. Es ist aber auch keine Lösung, generell die konservierende Bodenbearbeitung über Bord zu werden. Abgesehen von ihren wirtschaftlichen Vorteilen ist sie in manchen Ländern gute fachliche Praxis vor allem auf erosionsgefährdeten Äckern. Teilweise wird sie sogar mit Hilfe der EU-Umweltprogramme gefördert. Damit bleiben Sortenwahl und Pflanzenschutz.

Ertragreiche Sorten, die vollständig resistent sind gegen Ährenfusarien, gibt es nicht. Aber das Sortiment der teilweise resistenten Sorten wächst, sagt der deutsche Mykotoxin-Spezialist Dr. Bernd Rodemann. Diese Sorten setzen nur dem Erstbefall und der weiteren Ausbreitung in der Spindel und im Ährchen Widerstand entgegen, nicht aber dem Befall weiterer Körner (ausgehend von einer befallenen Spindel) oder der Bildung und Ausbreitung von Mykotoxinen.

Mit sinkender Halmlänge steigt in der Regel die Anfälligkeit für Fusarien. Das ist charakteristisch für viele Hochertragssorten. Solche Sorten haben oft auch eine dichte Ähre mit hoher Fruchtbarkeit der Ährchen. Während der Blüte werden schnell viele reife Antheren aus dem Ährchen geschoben und die Primäranfälligkeit damit erhöht. Es wird aber künftig auch kurzstrohige Sorten mit geringer Anfälligkeit geben.

Immer wieder in Frage gestellt wird, ob rote Körner auch automatisch Mykotoxine bedeuten. Untersuchungen - meist unter erhöhtem Befallsdruck - zeigen, dass eine enge Beziehung dieser Befallsbonitur mit dem Auge und dem DON-Gehalt im Korn besteht. Einen solchen Zusammenhang findet man auch zwischen dem Gehalt an Fusarien im Korn (ELISA-Test) und dem DON-Gehalt.

Wie lässt sich der Weizenanbau planen, wenn man durch die Sortenwahl das Mykotoxin-Risiko vermindern will? Rodemann gibt folgende Empfehlungen:
  • Wählen Sie Sorten mit geringer Anfälligkeit aus. Bewerten Sie diesen Faktor höher als den Kornertrag.
  • Suchen Sie aus diesem Sortiment die Sorten für Ihre Verwertungsrichtung
  • Wählen Sie aus den übrigen Sorgen Bestandesdichtetypen aus, da diese meist weniger befallen sind.
  • Legen Sie dann Wert auf langstrohige Sorten mit einem großen Abstand zwischen Fahneblatt und Ähre. Und suchen Sie anschließend noch nach Möglichkeit frühreife Sorten mit geringer Lagerneigung.
Welche Rolle spielt die Bestandesführung? Intensiv genutzte Bestände (N-Dünger, Wachstumsregler) werden leichter infiziert. Das ist auch der Grund, warum im Öko-Landbau das Mykotoxin-Problem weniger groß ist. Die Blattbehandlung vor allem mit Strobilurinen kann unter widrigen Bedingungen über die Verlängerung der Blühphase infektionsfördernd wirken, allerdings nicht mit demselben Grad wie Vorfrucht, Bodenbearbeitung und Sorte. Das zeigen Versuche in mehreren europäischen Ländern. Warum ist das so? Strobilurine schaffen Platz für Fusarien, weil sie diese gar nicht, andere Pilze aber sehr gut bekämpfen. Dieser Effekt kann aber auch von einem Azol, das Fusarien nicht bekämpft, als Strobilurin-Partner ausgelöst werden. Das Wissen darüber ist noch begrenzt, denn es können auch verschiedene Fusarium-Arten, die mehr oder weniger gute Mykotoxinbildner sind, unterschiedlich gut bekämpft werden.

Der Greening-Effekt (vor allem der Strobis, aber auch - schwächer - von Azolen) kann die Infektion begünstigen. Vielleicht führen Strobilurine auch zu einem anderen Blühverhalten, ähnlich der Infektion des Roggens mit Mutterkorn. Auch dies kann die Infektion erleichtern. Es gibt zudem Beobachtungen in mehreren Versuchen, bei denen die Strobilurin-Mittel unterschiedlich gewirkt haben, wie auch Azole nicht alle Fusarien gleich gut bekämpfen. In der Praxis müssen Sie aber auf diese Produkte wahrscheinlich nur verzichten, wenn Sie alle anderen Risikofaktoren gleichzeitig vorliegen haben.

Und zum Schluss die Frage, die sonst bei Pilzkrankheiten im Vordergrund steht: Kann man Fusarien direkt bekämpfen und damit die Mykotoxingehalte senken? Nur zwei Substanzen wirken überhaupt, Tebuconazole und Metoconazole. Dies aber auch nur, wenn der Termin während der Blüte (1 bis 2 Tage vor bis fünf Tage nach der Inokulation) genau getroffen wird. Dann lässt sich der DON-Gehalt um 50 bis 70% senken. Ein falscher Zeitpunkt führt aber u.U. zum gegenteiligen Effekt, wenn Fusarien nicht ausreichend bekämpft werden und die Blühzeit sich dennoch verlängert.

Britische Forscher arbeiten daran, die Benetzung der Ähre mit Fungiziden zu verbessern. So bringen die Verwendung von double fan nozzles und eine verminderte Fahrgeschwindigkeit einen besseren Bekämpfungserfolg.

Neue Wirkstoffe sind in Arbeit, die Fusarien besser bekämpfen. Damit besteht die Hoffnung, dass sich das Problem in den nächsten Jahren etwas entschärft.

Irgendwo werden Sie immer einen Kompromiss machen müssen. Denn wenn Sie die geschätzten Kosten in der Grafik zusammenrechnen, kommen Sie (ohne den Verzicht auf Mais) schon auf 150 bis 180 Euro/ha. Das kann so wenig der Normalfall sein wie ein anfälliger pfluglos bestellter Stoppelweizen ohne weitere Absicherung.

Alle Fachleute sind sich darüber einig, dass die pflanzenbaulichen Maßnahmen immer im Vordergrund stehen müssen: Weg mit den hochanfälligen Sorten! Und wenn doch, dann nie pfluglos nach Mais oder als Stoppelweizen! Erst in kritischen Situationen käme dann der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in die Blüte.


Quelle: agrifuture for European Business Farmers

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