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Virale und bakterielle Erreger von Fruchtbarkeitsstörungen beim Schwein

Dr. Klaus Truschner, Fachtierarzt für Schweine 

PPV (Porcine Parvovirose)
Diese Infektion charakterisiert sich durch die Geburt toter Ferkel (still birth), den Abgang mumifizierter Früchte (mumifacation), Embryonaltod (embryonic death) und Sterilität (infertility). Sie verläuft normalerweise ohne äußere klinische Anzeichen und daher unbemerkt vom Besitzer und wurde deshalb auch als Smedi-Syndrom bezeichnet. Diagnostische Untersuchungen haben gezeigt, dass die PPV weltweit die wichtigste infektiöse Ursache des embryonalen und fetalen Todes ist und dass die meisten Schweinebestände einen sehr hohen Verseuchungsgrad, insbesondere bei Altsauen, aufweisen.

In diesen Beständen infizieren sich weibliche Jungtiere in der Regel zwischen dem 6. - 8. Lebensmonat, d.h. dass ein hoher Prozentsatz der zur Remontierung bestimmten Jungsauen zur Zeit der ersten Belegung noch nicht infiziert und damit für diese Virusinfektion nach dem Absinken des maternalen Antikörperspiegels voll empfänglich ist.

Erfolgt die Infektion in den ersten drei Trächtigkeitswochen, so sterben entweder alle Embryonen oder ein großer Teil davon ab und werden resorbiert (aufgesaugt), sodass entweder nach 4 - 6 Wochen eine azyklische Rausche auftritt oder nur einige wenige (1 - 4) Ferkel geboren werden. Werden die Sauen zwischen dem 35. und 70 Trächtigkeitstag infiziert, so sterben die nicht immunen Feten ab und mumifizieren, während die immunen Feten (aktive Antikörperbildung) überleben, jedoch das Virus beherbergen, und die Geburt erfolgt zum normalen Termin.

Sind hingegen alle Feten abgestorben und mumifiziert, so kann sich die Geburt um bei zu 2 - 4 Wochen verzögern oder die Sau stößt die Früchte überhaupt nicht aus und ist anscheinend unfruchtbar.

Diese Infektion tritt nicht nur bei Jungsauen auf, wenn Sauenbestände aufgestockt, frisch aufgebaut oder in Folge von Hybridprogrammen jährlich eine entsprechende Anzahl von Jungsauen zugekauft wird, sondern auch Altsauen können nach dem Absinken der entweder durch natürliche Infektion oder durch Vakzination erworbenen, schützenden Antikörper wiederum an dieser Infektion erkranken.


PRRS (Porcines Reproduktives und Respiratorisches Syndrom)
Der seuchenhafte Spätabort der Sau hat sich während des Winters 1990/91 unter großen wirtschaftlichen Verlusten rasch in verschienen westeuropäischen schweineproduzierenden Ländern ausgebreitet. Da gleichzeitig mit dem Abortgeschehen bei Sauen in den letzten Tagen der Trächtigkeit bei Mastschweinen respiratorische Erkrankungen beobachtet wurden, entstand der Name PRRS.

Während schon bald nach dem ersten Auftreten der seuchenhaften Erkrankung die Übertragbarkeit des Abortes nachgewiesen werden konnte, bleiben bis heute die Zusammenhänge zur Pathogenese der Veränderungen am Atmungstrakt spekulativ. Die Beobachtung, dass Ferkel, die aus abortierten Würfen überleben, anfällig für viele Infektionserreger sind, hat zu der Annahme geführt, dass eine Immunsuppression durch das Virus ausgelöst wird.
(Bereits 1991 gelang es einer holländischen Arbeitgruppe um Wensvoort, ein Arterievirus, das als Lelystaadvirus bezeichnet wurde, zu identifizieren.)

Zuchtschweine: 
Spätaborte und hohe Ferkelverluste, die anfangs über einen Zeitraum von etwa 3 Monaten den größten Teil der Würfe betrafen, treten nur noch in seltenen Einzelfällen als Bestanderkrankung auf. Sie sind jetzt eher bei Einzeltieren in infizierten Herden zu beobachten. Nach erfolgter Durchseuchung wird innerhalb von 3 - 4 Monaten wieder ein normales Leistungsniveau des Betriebes errecht.

Ferkel:
Die Krankheitserscheinungen bei Ferkeln sind vom Infektionszeitpunkt - intrauterin oder postnatal - abhängig. Die intrauterine Infektion im letzten Drittel der Trächtigkeit führt bei den noch lebend geborenen Ferkeln zu einer stark erhöhten Anfälligkeit gegenüber vielen Infektionskrankheiten und in deren Folge auch zu einer überaus hohen Sterblichkeitsrate.

Die Zuwachsleistung dieser Schweine ist deutlich und dauerhaft reduziert. Ferkel, die sich kurz nach der Geburt infizieren, zeigen häufig Anzeichen einer Atemwegserkrankung, in deren Folge besonders dann Todesfälle beobachtet werden, wenn es zu Sekundärinfektionen kommt. 

Epidemiologie
Die schnelle Erregerausbreitung, die in kurzer Zeit weite Teile der deutschen Schweinepopulation sowie die anderer europäischer Länder erfasste, erfolgte vorrangig durch den Handel mit infizierten Schweinen. 
Die in der Anfangszeit noch fehlende Diagnostik, die langandauernde Phase der Virämie und damit verbunden die Möglichkeit zur Erregerausscheidung, begünstigte die Virusübertragung. In Regionen mit hoher Bestanddichte kann außerdem die Windverschleppung über Distanzen von bis zu zwei Kilometern die Krankheitsausbreitung unterstützen. Die Krankheitsübertragung durch das Ejakulat infizierter Eber ist in der Akutphase der Erkrankung (ca. 4 - 6 Wochen) möglich.

Einmal in einen Bestand eingeschleppt, breitet sich das Virus durch Tier-zu-Tier-Kontakt schnell aus.

Niederländische Verlaufsuntersuchungen haben gezeigt, dass innerhalb von zwei bis drei Monaten bei 85 - 90% der Zuchtschweine eine Serokonversion feststellbar ist. Der Anteil der Reagenten nimmt nach 6 bis 12 Monaten wieder ab. In einem Großteil der einmal infizierten Herden bleibt der Erreger endemisch. Auch zwei bis drei Jahre nach der Einschleppung reagieren ständig 50 - 70% der Zuchtschweine serologisch positiv.

Neueste Untersuchungen haben gezeigt, dass auch in chronisch infizierten Beständen die Sauenpopulation nicht zu 100% infiziert ist. Vielmehr existieren sogenannte Subpopulationen von akut infizierten, nicht infizierten und chronisch infizierten Sauen nebeneinander. Dies ist hauptsächlich der Grund für eine permanente Virusübertragung innerhalb einer Sauenherde, wobei sich der Anteil der verschiedenen Untergruppen im Laufe der Zeit durchaus ändern kann. Diese Erkenntnis deckt sich mit dem klinischen Bild der immer wieder wellenartig auftretenden PRRS, das allerdings je nach Betriebstyp und Größe des Bestandes in seiner Intensität variieren kann.


Influenza (Schweinegrippe)
Die Influenza des Schweines ist eine akut verlaufende, hochkontagiöse, virusbedingte Entzündung des Atmungstraktes, die vor allem im Herbst, Winter und Frühjahr auftritt. 
Sie tritt regelmäßig in der kalten Jahreszeit in vielen weit voneinander entfernten Beständen beinahe gleichzeitig auf. Die Virusausscheidung erfolgt über Nasensekrete, die Ansteckung gesunder Tiere geschieht aerogen durch Tröpfcheninfektion. Schweine können Dauerausscheider sein, bzw. das Virus noch über 2 -3 Monate nach überstandener Infektion streuen und daher kann das Virus in einer Herde ständig zirkulieren. Die Inkubationszeit beträt 1 - 4 Tage, und die Erkrankung breitet sich im Bestand bei den Mastschweinen zumeist explosionsartig, bei den Zuchtsauen eher von Sau zu Sau zeitlich etwas verzögert, aus.

Entscheidend für den Krankheitsverlauf ist die Immunitätslage (Abwehrkraft) des jeweiligen Betriebes. Bei einem voll empfänglichen Bestand treten die typischen Krankheitserscheinungen mit bellendem, schmerzhaften Husten, Atemnot, Fressunlust und Fieber bis 42°C auf. Die in der Regel mit vergesellschafteten bakteriellen Sekundärinfektionen können zu einer nicht unerheblichen Sterblichkeitsrate bei Mastschweinen führen. Bei den Zuchtsauen kann es infolge des hohen Fiebers zu Aborten in jedem Stadium der Trächtigkeit kommen. Auch Fruchtbarkeitsstörungen, Totgeburten, kleine und schwache Würfe werden im Zusammenhang mit akuten Influenzaausbrüchen immer wieder beschrieben.

Therapie
Es muss unter allen Umständen versucht werden, ein Angehen der Sekundärinfektionen zu verhindern, indem der Gesamtbestand durch Antibiotika über das Futter oder per Injektion abgedeckt wird. (Die Unterlassung einer Chemotherapie bei einem Influenzaausbruch ist als Kunstfehler zu betrachten.) Eine Schutzimpfung von Zuchtsauen und Ebern, aber auch von Mastschweinen gegen das Influenzavirus ist möglich.


Leptospirose
Die Leptospirose ist eine auch bei uns immer wieder auftretende bakterielle Infektion des Schweines, die sich umso besser im Bestand ausbreiten kann, je größer der Bestand ist, je dichter die Tiere aufgestallt sind und je intensiver der Tierverkehr sowohl innerhalb des Betriebes als auch zwischen den verschiedenen Beständen ist. Endemisches Vorkommen der Infektion in einer Schweineherde führt meist zu relativ unterschwelligen, aber stets vorhandenen klinischen Erscheinungen. Beim Erstauftreffen auf eine empfängliche Schweinepopulation können jedoch bedeutende Verluste durch Aborte, Umrauschen, Sterilität, totgeborene oder lebensschwache Ferkel eintreten. Die infizierten Tiere scheiden Leptospiren oft über Jahre aus, was immer wieder zu akuten Krankheitsschüben führen kann.


Chlamydien
Chlamydien sind kleine, intrazelluläre Bakterien, die sich nur in lebenden Zellen vermehren können und bei vielen Säugetierarten und Vögeln Krankheiten hervorrufen.
Chlamydien-Infektionen können beim Schwein unter anderem Lungenentzündungen, Brustfell- und Herzbeutelentzündungen, Gelenksentzündungen, Hodenentzündungen und Gebärmutterentzündungen mit erhöhtem Umrauschen, Aborten und die Geburt lebensschwacher Ferkel verursachen. Bis heute steckt die Chlamydienforschung noch in den Kinderschuhen, obwohl bei Schlachtschweinuntersuchungen 23% der Tiere Antikörper gegen diese Infektion zeigten. Da diese Krankheit fast immer mit PPV, PRRS und Leptospirose einhergeht, lässt sich schwer ihre alleinige Auswirkung beurteilen.


Brucellose
Der Vollständigkeit halber sei auch die Schweinebrucellose erwähnt, die vor allem dort auftritt, wo Schweinen Molkereiprodukte von infizierten Schaf-, Ziegen- oder Rinderbeständen verfüttert werden. Eine weitere Ansteckungsmöglichkeit ist über die manchmal noch propagierte Kontaktsuppe bei tragenden Muttersauen gegeben und natürlich beim Deckakt. Beim Eber zeigt sich die Brucellose häufig in Form von Hoden- und Nebenhodenentzündung, bei der Zuchtsau ist die häufigste klinische Erscheinungsform der Abort.

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