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22.11.2007

Betreff: AW: Durchfallprobleme in der Ferkelaufzucht vom 21.11.2007

Moin Gerhard,
vielen Dank für deine Ergänzungen. Im Detail sind deine Ausführungen
teilweise schwierig nachzuvollziehen, weil man ja deinen Betrieb nicht kennt und keine visuelle Vorstellung hat.
Ich möchte aber trotzdem meine Meinung bzw. Erfahrungen zu dem Thema
kundtun. Entgegen meiner sonstigen Gewohnheit handelt es sich hier teilweise um ein "Bauchgefühl" und nicht um wissenschaftliche oder schulmedizinisch fundierte Kenntnisse. Das nur so vorweg.
Aufgrund deiner Schilderungen gehe ich davon aus, dass es sich bei dem Durchfall um ein Coliproblem handelt. Beweis: Enteroxid ist wirksam.
Insofern macht eine Alzogurbehandlung und der Einsatz von Tylosin keinen oder nur sehr begrenzten Sinn. Die Ursache deines Problems ist nicht das (die) Futter, sondern in erster Linie die Fütterungstechnik. Beweis: Nach Umstallung in den Ferkelaufzuchtstall mit Trockenfütterung ist der Durchfall
verschwunden.

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Fütterungssysteme für abgesetzte
Ferkel, bei denen Futter rationiert gegeben wird (wie oft am Tag auch
immer!!!!)immer de facto eine rationierte Fütterung bleibt und somit
problematisch sind. Warum? Schweine wollen bei zugeteiltem Futter immer zeitgleich fressen (Futterneid)und frisches Futter fressen. Auch bei einer Sensor gesteuerten Fütterung, bei der die Gesamtfuttermenge einer quasi ad libitum Fütterung nahe kommt oder sogar entspricht, fressen die stärksten Ferkel immer!! bei einer erneuten, frischen Futtergabe zuerst, obwohl noch Reste im Trog waren. Daher bekommen immer die besseren und sehr gut entwickelten Ferkel Durchfall oder sterben(je nach Coli-Serotyp).

Als Lösung würde ich vorschlagen, den Ferkeln ständig zusätzlich
(Trocken)-Futter über einen Automaten oder Längstrog zur freien Aufnahme anzubieten und im Gegenzug ev. den ME-Gehalt zu reduzieren. Das solltest du noch mal mit deinem Futterlieferanten besprechen. Kann man ja erstmal in 2 Buchten ausprobieren.

So lobenswert dein Vorsatz ist, ohne Medikamente auszukommen, geht es leider manchmal nicht anders. Bei Bedarf und wenn es gut funktioniert ist gegen einen sinnvollen Einsatz von Colistin o.ä. nichts einzuwenden und auch aus tierschützerischen und ökonomischen Gründen geboten.

Noch zu deiner Erfahrung, das es unter der Ileitis Impfung "schlimmer
wurde". Der Grund dafür ist darin zu suchen, dass durch die Impfung ein Erreger "ausgeschaltet" wird (in diesem Fall die Lawsonien) und damit ein Konkurrent der Colis wegfällt. Dadurch können sich diese noch besser entfalten und das entsprechende Krankheitsbild verschlechtert sich. Das gleiche Phänomen kann man auch manchmal bei Medikationen mit hoch und breit wirksamen Medikamenten feststellen. Wenn dann z.B. "nur noch Clostridien übrig bleiben", kommt es zu entsprechenden Erkrankungen oder auch zu vermehrten Todesfällen. Wir haben so etwas gerade in 2 Mastbetrieben erlebt.

Ich glaube, mein Beitrag ist jetzt lang genug und hoffentlich hilft er dir etwas.
Wäre schön, wenn du uns auf dem Laufenden hälst.

Viele Grüße, Reinhold

Antwort auf:

Hallo,

dann mal zu meinen Ergänzungen:

Ich kann die Ferkel nicht sofort in den Absetzferkelstall umstallen,
weil ich am Mittwoch absetze, der Stall aber erst am Freitag gewaschen und desinfiziert ist, weil meistens die Ferkel nicht gleich am Montag, sondern erst Dienstag oder Mittwoch geholt werden und das zieht sich dann durch. Und da ich ja durch meine Probleme nicht die allerbesten Zunahmen habe, kann ich den Ferkelstall nicht schon eine Woche eher räumen. Wegen dem Überfressen: Da hab ich die Erfahrung gemacht, dass es sogar besser ist, die Ferkel noch ein wenig im Stall zu lassen, so ist der Stress nicht ganz so schlimm und sie fressen in den ersten 48 Stunden mehr.
Die Futteraufnahme geht meines Erachtens nach der Umstallung in den
Ferkelstall nicht zurück. Sie fressen eigentlich recht gut weiter. Es
sind übrigens keine "normalen" Trockenfutterautomaten, sondern welche
mit Wasserschalen links und rechts vom Futtertrog.

Die Rondomaten sind Breiautomaten, die immer erst füttern, wenn alles
wieder aufgefressen ist. Es werden pro Fütterung 600 g dosiert.
Allerdings können sie den ganzen Tag dahin fressen. Rationieren möchte ich es eher nicht, weil sonst bei voll belegten Stall die Kleinen hinten anstellen müssen und evtl. zu wenig erwischen.
Die zweite Medikation erfolgt deswegen mit Tylosin, weil ich ja das
Durchfallproblem früher erst mit 20-30 kg hatte und da Tylosin gespritzt habe, da ich bei der automatischen Fütterung im Ferkelaufzuchtstall nur mit erheblichen Arbeitsaufwand medizinieren kann.
Meine Fütterung sieht zurzeit so aus:
Man muss aber dazu sagen, dass ich da jedes viertel bis halbes Jahr
wieder wechsle, weil ich schon auch immer der Meinung war, dass es am
Futter liegt.

Im Abferkelstall (und seit kurzem bis 3 Tage nach dem Absetzen) kriegen die Ferkel ein Fertigfutter mit Blutplasma 16,5 MJ; 17,5 % RP, 1,5 % Lys, 1,7 % Rfas, das andere hab ich jetzt weggelassen...
Dann geb ich zwei Tage lang die Hälfte von dem Fertigfutter (schonende Futterumstellung soll ja gegen Durchfall helfen ... ;-) und einen 45%er mit 16,3 % RP, 14 MJ und 1,3 % Lys, der Rest Gerste, Weizen und Mais - hab grad die Inhalte der fertigen Mischung im Stall draußen...
Das füttere ich 7-10 Tage (je nach Futteraufnahme, die kleinen eine
knappe Woche länger) und mache dann eine Mischung mit 50 % von dieser
Mischung und 50 % von dem Ferkelaufzuchtfutter mit 4 % Mineralfutter - das ist arbeitstechnisch überhaupt kein Aufwand, mein Mischungscomputer weiß damit umzugehen :-)
Die Inhaltsstoffe meiner 4%er Mischung liefere ich gerne nach!

Mit freundlichen Grüßen, Gerhard Langreiter

Antwort auf:

Moin Gerhard,

das ist ja mal ein ausführlicher Vorbericht. Klasse; trotzdem noch einige Verständnisfragen: Ist deine erste Fütterung (Rondomat) eine Breifütterung, Trocken oder wie? Wird ad libitum gefüttert? Wieviel ME hat dein erstes Futter und wieviel RF? Warum erfolgt die "zweite Medikation" mit Tylosin, wenn Enteroxid doch gut wirksam ist?
Dysenterie ist sehr wohl nachweisbar, spielt aber in dem Alter eigentlich sehr selten bis gar keine Rolle. Ich habs in 25 Jahren Schweinepraxis jedenfalls noch nicht erlebt. Alzogur und Spalten hochnehmen kannst du dir sehr wahrscheinlich sparen.

Viele Grüße erstmal, Reinhold


Antwort auf:

Guten Abend liebe Pigpooler,

ich schlage mich schon seit langem (wie wohl viele von euch) mit Durchfallproblemen in der Ferkelaufzucht herum.
Hier der genaue Krankheitsverlauf:
Ich setze die Ferkel mit 26 Tagen ab, zwei bis drei Tage danach kommen sie in den Absetzferkelstall (Kunststoff und Zinkrost sowie gefließte Bodenheizung). Als Fütterung hab ich Rondomaten drin stehen, wo 45-55 Ferkel dranhängen (je nach "Ferkelglück").
Hier fängt schon das erste Mal der Durchfall an. Den hab ich aber seit dem ersten Auftreten mit verschiedenen Medizinalfuttern sehr gut im Griff, zurzeit setze ich Enteroxid ein. Dieses wende ich 7 Tage lang an. Danach ist eine Woche Ruhe und dann fängt der Durchfall wieder an, jetzt aber um einiges heftiger. Hier setze ich dann ein Tylosin-Medizinalfutter (Tylo-Suscit) ein, was aber in letzter Zeit nicht mehr hundertprozentig funktioniert. Was sehr verwunderlich ist. Bei den letzten beiden Durchgängen, als dann immer noch welche Durchfall hatten konnte ich folgendes Phänomen beobachten:
Bei mir werden die Ferkel nach 3 Wochen nochmal in einen Ferkelaufzuchtstall mit Betonspalten und Trockenfütterung umgestallt. Ab da hatten sie dann keinen Durchfall mehr! Nach 1, 2 Tagen war es bei jedem Ferkel ohne jede Behandlung verschwunden und taucht dann auch nicht mehr auf (oder nur sehr selten).
Ich hab das Problem mit einigen Auf und Abs schon 2 Jahre lang. In dieser Zeit hab ich einige tote Ferkel eingeschickt sowie viele Kotproben. Es konnte aber immer "nur" Coli nachgewiesen werden.
Mein Mäster hatte auch eine zeitlang Durchfallprobleme und ließ das Blut seiner Mastschweine untersuchen und konnte Ileitis nachweisen, woraufhin ich mit der Schluckimpfung begann. Damit wurde alles nur noch schlimmer und ich hatte einige Verluste!
Einmal wurde bei den Untersuchungen Dysenterie leicht nachgewiesen (kann anscheinend nicht leicht festgestellt werden), woraufhin ich Alzogur einsetzte. Keine positiven Ergebnisse! Nur in Kombination mit Tylosin (was ich auch während der Schluckimpfungszeit einsetzte) bekam ich den Durchfall, der damals noch nicht so bald wieder kam, in den Griff.
Vor ca. 1 Jahr habe ich die Roste des Absetzferkelstalls rausgenommen und Kanal + Roste gewaschen, desinfiziert und danach den Kanal mit Alzogur behandelt, doch nach zwei Durchgängen, wo es ein wenig leichter war mit dem Durchfalldruck, war alles wieder beim Alten. Und immer wieder das Phänomen, das im Ferkelaufzuchtstall Ruhe war. Nur anfangs hatten die Ferkel erst mit 20-25 kg den Durchfall, dass uns dann auch auf Illeitis schließen ließ. Erst im Laufe der Zeit kam er immer früher!
Ich hab schon alle möglichen Futtermischungen probiert und auch schon desöfteren das Mineralfutter gewechselt, hatte anfangs Fertigfutter, 50%er und 4%er - kein Unterschied.

Ich hoffe ich hab nichts vergessen und auch nicht zuviel geschrieben. Vielleicht weiß ja jemand von euch Rat oder den einen oder anderen Tipp, den ich noch nicht ausprobiert habe.
Es ist so, dass (mittlerweile) relativ selten Ferkel verenden. Wenn dann von einer Mahlzeit auf die andere. Doch durch den Durchfall, der immer wieder mal starkt ausbricht, weil ich zu spät mit dem Medizinieren angefangen habe, oder aufgrund falschem Medizinalfutters ausbricht, leidet nunmal die Aufzuchtleistung und so mein Geldbeutel und die Medizinalfutter sind ja auch nicht unbedingt die Billigsten...
Mein Ziel war es eigentlich immer, ohne Medikamente auszukommen, aber da hab ich zurzeit keine Chance.

Vielleicht noch kurz weitere Betriebsinfos: Ich habe 160 Zuchtsauen im 3-Wochenrhythmus mit Aufzucht der Ferkel bis 30 kg. Geimpft wird Parvo, Rotlauf und PRRS. Die Ferkel kriegen am ersten Tag oral Eisen und ein Penicilin gegen Saugferkeldurchfall und dicke Gelenke. Am siebten Tag kastriere ich und spritze nochmal Eisen und ca. am 21. Tag bekommen sie eine One-Shot-Mycoplasma-Impfung.

Viele Grüße und danke fürs Durchlesen, Gerhard Langreiter aus dem verschneiten Oberbayern.