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08.09.2016

Betreff: AW: AW: Wirtschaftlichkeit Sauengenetik

Hallo Ulrike,

Tierschutz in Deutschland besteht nicht nur aus dem § 3 TierSchG.
Sondern beginnt mit Art. 20a GG, der Staatszielbestimmung Tierschutz als Rahmen, in den das Tierschutzgesetz mit den wesentlichen Normen in § 1 Satz
1 u. 2, dem § 2 mit dem Pflegegebot, u. v.a. auch dem Amputationsverbot in §
6 Abs. 1, Satz 1. Weitere Normen sind die Tierschutz Nutztierhaltungsverordnung. Sie alle sind Ausdruck eines ethisch basierten Tierschutzes, der bereits 1990 im § 90a BGB seinen Ausdruck fand: "Das Tier ist keine Sache", sondern ein Mitgeschöpf, das einen Eigenwert besitzt.
LG Günter


Antwort auf:

Die Gefahr einer einseitigen Zucht auf Höchstleistung sehe ich vor allem von einer ganz anderen Seite: Das Verhältnis Mensch- Tier hat sich in den letzten Jahren gewaltig geändert. Als ich vor über 30 Jahren als junger Tierarzt auf die Höfe kam, hatte jeder einen Hund, einen Kettenhund wohlbemerkt. Hatte der Glück (und der Tierarzt dadurch eher weniger), dann war das eine dünne Laufkette, hatte er keins, war es eben eine ausgediente Kuhkette, daumendick und einen Meter lang. Darüber hat sich kaum jemand Gedanken gemacht, genauso wenig wie über die Schultergurte, mit denen man Sauen an den Boden nagelte. Wie immer ist im Laufe der Zeit die gesunde Mittelschicht weggebrochen, die Tiere als Geschenk Gottes oder der Natur (jawohl, Geschenk, eine Sau ist kein Zigarettenautomat, aus der unten ein Schächtele fällt, wenn man oben Geld einwirft) angesehen und aus Achtung vor dem Schenkenden einigermaßen gut behandelt hat. Heutzutage sind einesteils Tiere zu reinen Produktionsmitteln verkommen, andererseits sehen sich Arzneimittelfirmen bemüßigt, darauf hinzuweisen, dass ein mit einem Spot- on- Insektizid behandelter Hund an diesem Tag ausnahmsweise nicht mit ins Bett des Halters darf. Die Situation der Nutztiere wird deshalb vermehrt von gefühlsduseldenden, oft schlecht informierten Menschen beurteilt und die gibt es in allen Bevölkerungsschichten.
Das könnte uns egal sein, gäbe es da nicht den §3 des Tierschutzgesetzes: "Es ist verboten, einem Tier außer in Notfällen Leistungen abzuverlangen, denen es wegen seines Zustandes offensichtlich nicht gewachsen ist oder die offensichtlich seine Kräfte übersteigen". Die Aussage ist klar, lässt aber einen großen Auslegungsspielraum. In etwa wie der „vernünftige Grund“ des §1. Früher war ein vernünftiger Grund, dass der Bauer möglichst leicht mit seinen Tieren Geld verdienen konnte: also Schwänze ab, Zähne gekniffen, kastriert… Jeder weiß, wie weit wir heute sind. Mit den „Leistungen, die offensichtlich seine Kräfte übersteigen“ wird es uns ähnlich ergehen. Bei den Holsteins sprechen ernstzunehmende Persönlichkeiten bereits von Qualzucht, bei Tieren, die an 120 Tage der Laktation eine negative Energiebilanz aufweisen, nicht ganz von der Hand zu weisen.
In die Haltungssysteme, der unserer Gesellschaft für die Tierhaltung in der Zukunft vorschweben, wird eine Höchstleistungssau nicht passen, oder der Aufwand, den sie und ihre Nachzucht dem Halter abverlangen, wird offensichtlich dessen Kräfte übersteigen.
Vermutlich wird die Zukunft den easy- care- Tieren gehören, wie sie meine irischen Schäferkollegen schon heute halten: Kleine, nicht arg hübsche Schafe, widerstandsfähig gegen Krankheiten und Wetter, die völlig auf sich allein gestellt gebären und ihre Jungen großziehen.
Ulrike Guttenberger


Antwort auf:


Hallo Jürgen ,

Wirtschaftlichkeit ist mit geringen Aufwand das größtmögliche Potential erreichen.

Ich behaupte nur mal in Zahlen als Beispiel :

750,- € feste Kosten je Sau u Jahr . ( Ohne Ammens. und Jungs. )

12 Ferkel per Wurf x 2,4 Durchgänge = 28,8 Ferkel / Sau / Jahr -- 750,- € : 28,8 Ferkel = 26,04 € / Ferkel bei Geburt
14 Ferkel per Wurf x 2,4 Durchgänge = 33,6 Ferkel / Sau / jahr --- 750,- € : 33,6 Ferkel = 22,32 € / Ferkel bei Geburt
3,71 € Differenz bei Geburt Ich gehe immer über den Weg , denn die Kosten von Futter / Impfungen usw. .. sind auf jedem Betrieb unterschiedlich.
Ist auf dem Betrieb dann noch ein Ammensystem installiert , kommt ein besserer Gesundheitsstatus und bessere Absetzgewichte ONTOP . Ein Leertag / Sau kostet ja auch ca. 4,- € / Tag .

Wo liegt ab der Geburt der Erfolg ? Ausgeglichene Ferkel in hoher Zahl in zeitlicher Zielsetzung groß zu bekommen.
Beispiel:
14 Ferkel bei der Sau .
0 Ammenbildung .
28 Tage Säugezeit .
3 Phasige Milch und flüssige Pre - Starter Linie über Tasse.
Ab 13 Tag das erste Trockenfutter.
7,99 kg / Ferkel Absetzgewicht.


Die dänische Genetik hat auf Grund der hohen Ferkelzahl nicht das große Geburtsgewicht der Ferkel , aber das Entscheidende ist , das die Ferkel durchweg eine Agilität haben und das Geburtsgewicht bis zum Absetzen aufholen .

In dieser Thematik ist das Sauenfutter immer mit eingeschlossen .

Rainer
Antwort auf:

Hallo,
nun muss ich mich auch einmal melden. Natürlich interessiert eine Bank die Gesamtwirtschaftlichkeit, wenn ich mit 27 ferkel pro Sau positive Ergebnisse nach Vollkosten erziele ist das doch i.O. Sinn und Zweck ist es doch nicht und hier gebe ich der TÄ natürlich recht, untergewichtige Absetzer zu produzieren die mich dann, falls überhaupt möglich (siehe Spanferkel) weil ich sie 1-2 Wo länger in der Aufzucht habe, richtig Geld kosten (Platzbedarf und Gesundheit auch nicht vergessen) Das Optimum muss jeder Betriebsinhaber für sich selber rechnerisch feststellen. Erkaufe ich mir "Höchstleistungen" und zu welchem Preis?? Natürlich kann man mit 27 F/Sau auch Geld verdienen, je nachdem, wie hoch Deine Kosten für die Ferkel sind, da hilft doch nur eine Vollkostenanalyse-oft mals ist eine Umstellung des Produktionsrhytmus sinnvoller (größere Gruppen, höhere Aufschläge) um die Erlöse zu steigern, als mit der Genetik zu brechen. Oder ich senke meine Kosten in anderen Bereichen, wenn ich sie kenne. Ich bin der Meinung, dass man mit jeder modernen Genetik 28/29 Ferkl absetzen kann und das mit moderaten Kosten- ohne Danzucht, die lasse ich mal außen vor (wer 25 leb.geb.Ferkel hat sollte ja mindestens 12 -13 oder 14 Ferkel absetzen können, aber was sind das für sinnlose Rechnungen und es bedeutet mit nichten, das diese Betriebe ihre Vollkosten erwirtschaften (hohe Remontierung-hohe
viele Grüße Christine


Antwort auf:

Gut gebrüllt Löwe. Ulrike, ein grosses Kompliment für den Mut dies mitzuteilen und für Dein fundiertes Wissen mit praktischem Background und dem überzeugenden Vergleich.

Ruedi aus Irland


Antwort auf:

Hallo Ulrike,

die DanAvl-Zucht geht schon lange auf lange Nutzungsdauer.
Ein Schwerpunkt sind auch die gut entwickelten Ferkel am 5ten Tag, seit 2004 Zuchtziel.

Ich begleite eine ganze Reihe von Betrieben mit ueber 30 Ferkeln pro Sau und Jahr.

Zwei ganz wichtige Aspekte:
1) Die DanSau frisst gern, was fuer die Ernaehrung der vielen Ferkel sehr wichtig ist!
Sie darf nicht zu rationiert gefuettert werden.
Man beachte die Futterkosten pro verkauften Ferkel ...
2) Wer mit dem Verkauf von schweren Ferkeln Geld verdienen will,
d.h. seine Produktionskosten pro Ferkel optimieren will,
der befasse sich einmal mit dem zweistufigen Ammensystem!
So ziemlich das Beste was Sau, Ferkel und Geldbeutel passieren kann ...

Von unterwegs,
mit freundlichem Grusse
Dr. Dirk Hesse

Mob: 0172/4203001
Imehl: hesse@agrikontakt.de
Internet: www.agrikontakt.de
Schwein, Beratung, und mehr .


Antwort auf:

Wenn ich mit 27 Abgesetzten Ferkeln gute bis sehr Gute Wirtschaftliche Leistungen Fahre und sonst auch alles Passt warum Sollte ich dann die Genetik wechseln? ... Die Frage stellt sich erst dann wenn ich wirtschaftlich nicht zur Besseren Hälfte gehöre.

Wir haben Danzucht aus eben diesem Grund. Wir setzen zur Zeit 33 Ferkel ab Flatdeck 2,5 % Verluste und 98 % werden Als Qualitätsferkel verkauft... Meiner Erfahrung nach kommt es nicht zu sehr auf das Geburtsgewicht der Ferkel an sondern viel mehr auf die Ausgeglichenheit und Vitalität...

Aber man muss auch lernen damit umzugehen. Ich muss mich viel mehr mit Ammenmanagement auseinandersetzen. Und das kostet Zeit.

Zu guter letzt bleibt zu Sagen das eine Sau mit Hoher Leistung auch höhere Anforderungen ans Management stellt. Es bleibt mir nichts weiter übrig ( und das ist in der Sauenhaltung immer so ) Meinen Betrieb zu optimieren. Ein Lanz Bulldog fährt vielleicht auf Fritösenfett... Der Neuste 200 PS Trecker bestimmt nicht. Aber mit dem Lanz ziehe ich auch keinen 6 Scharr Pflug...

GRUß Torsten


Antwort auf:

Lieber Jürgen,

ich habe das zweifelhafte Vergnügen, an Europas größtem Spanferkelschlachthof zu arbeiten und ich kann Dir nur versichern, das Maximum ist nicht immer das Optimum. Was nützen Dir 32 Ferkel wenn 1/3 davon untergewichtig auf die Welt kommt und dann nach ein paar Wochen an meinem Arbeitsplatz aufschlägt, drei Wochen alt und 2,5kg schwer?
Eine Sau kann nun mal keine 16 oder gar 20 Ferkel gebären, die alle das Idealgewicht von 1,5kg haben. Je größer die Würfe, desto höher die Anzahl untergewichtiger Ferkel.
Bei meinen Schafen sieht man noch nach Monaten, welches Lamm als Drilling geboren wurde, selbst wenn sie sich gut entwickeln, bleiben sie einfach kleiner. Französische Studien belegen, dass ein 1kg höheres Geburtsgewicht sich als 2kg höheres Schlachtgewicht niederschlägt.
Und dann muss man sich vor Augen halten, was man der Muttersau antut mit so großen Würfen: Wieviel Gramm Kalzium für die Knochenentwicklung der Ferkel, wieviel Glucose für das Glycogen ("tierische Stärke" in der Leber der Ferkel als Starthilfe) sie am Ende der Trächtigkeit bereitstellen muss. Ganz zu schweigen von dem Gewicht der trächtigen Gebährmutter.
Die Holstein Frisian Züchter haben es Euch vorgemacht, Leute, wie man eine Zucht, die einseitig auf eine zweifelhafte Höchsteistung und nicht auf Vitalität und lange Nutzungsdauer ausgerichtet ist, an die Wand fahren kann.
Müssen das die Schweinezüchter unbedingt nachmachen?

Liebe Grüße

Ulrike (Tierärztin und Bäuerin)


Antwort auf:

Moin Jürgen,

eine sehr spannende Frage. Wir selber produzieren mit Danzucht. Ich kenne die HAG Genetik gut. Meld dich bei Interesse...01721724252

Gruss

Christian

Antwort auf:

Hallo,

ich weiss ja nicht, ob es eine sinnvolle Diskussion geben kann zum Thema Wirtschaftlichkeit von Sauengenetiken, aber fragen wollte ich trotzdem mal.

Ich überlege auf dänische Genetik umzusteigen, da ich bei meiner jetzige Genetik ( HAG ) einfach nicht über 27 abgesetzte Ferkel / Sau / Jahr hinauskomme.

Man liesst immer wieder, dass weiterhin die Anzahl der abgesetzten Ferkel / Sau / Jahr über den Betriebserfolg entscheidet!!!

Der Mitarbeiter meiner Hausbank kennt diese Zahl auch und "wundert" sich, dass bei mir "nur" 27 steht, wo andere Genetiken 32 + schaffen. Wenn ich dann mit der Gesamtwirtschaftlichkeit daher komme ist es schwierig zu argumentieren.

Mein Erzeugerring-Berater sagt mir aufgrund der Gesamtwirtschaftlichkeit sollte ich bei der HAG bleiben.

Gibt es neutrale Wirtschaftlichkeitsberechnungen (von der Landwirtschaftskammer, von großen Erzeugergemeinschaften / Tierarztpraxen ) zu diesem Thema ?

Auf eine spannende Diskussion freut sich Jürgen