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Fall des Monats September 2006

Durchfall und plötzliche Todesfälle bei Mastschweinen 
Christin Lehmann, Praxis Dr. Heggemann in 25782 Tellingstedt 

Der Bestand   
Es geht in diesem Monat um einen gepachteten Maststall mit 900 Plätzen. Der Betrieb wurde von Milchviehhaltung auf Schweinemast umgestellt. Die Aufstallung erfolgt in 7 unterschiedlich großen Abteilen, je nach den baulichen Gegebenheiten auf Stroh, Teil- oder Vollspalten mit Flüssig- oder Automatenfütterung. 
Nachdem der Betrieb ein Jahr leer stand, wurden nach gründlicher Reinigung und Desinfektion 900 Kastrate eines Jungsauenvermehrers eingestallt. Die Lieferung erfolgte in 3 Partien im Abstand von einer Woche bzw. 14 Tagen. Die Ferkel wurden beim Erzeuger gegen Mykoplasmen geimpft und im Flatdeck 3 Wochen mit Tylosin gegen PIA behandelt. 
  

Der Fall   
Die erste Lieferung von Ferkeln war sehr gleichmäßig und gut entwickelt. Einzelne Tiere zeigten breiigen Kot und wurden mit Tylosin per Injektion behandelt. Die nächsten beiden Lieferungen waren deutlich ungleichmäßiger. Breiiger Durchfall trat gehäuft, inzwischen auch bei der 1. Partie, auf. Zusätzlich zeigten einige Tiere eindeutige PDNS-Symptome (Circovirus-Infektion). Eine Medizinierung mit Tylosin über das Futter wurde über 3 Wochen durchgeführt. Unter der Medizinierung war deutlich weniger Durchfall zu sehen. Jetzt traten jedoch plötzlich Todesfälle bei klinisch völlig unauffälligen Tieren auf (5 pro Woche). 
  

Die Untersuchung   
Ein am Morgen frisch verendetes Tier wurde zur Untersuchung in ein Labor gebracht. Bei der pathologischen und histologischen Untersuchung wurden eine hochgradig eitrige Entzündung der Hirnhäute, eine geringgradig hämorrhagisch nekrotisierende Pleuropneumonie (ähnlich einer APP-Lunge) und eine hämorrhagisch nekrotisierende Darmentzündung (PIA-Verdacht) gefunden. Die PCR-Untersuchungen verliefen für Lawsonien, Brachyspiren, Circovirus, PRRS, Schweinepest und Influenza negativ. Bei der mikrobiologischen Untersuchung wurden im Gehirn E.coli und Actinobacillus suis, in der Lunge und in den übrigen Organen Streptokokken und Actinobacillus suis und im Darm E.coli gefunden. Die eitrige Hirnhautentzündung wurde als Todesursache angenommen. Blutuntersuchungen im Erzeugerbetrieb bei gleichaltrigen Jungsauen ergaben positive Ergebnisse bei PCV 2. Im Kot wurden E.coli und Salmonellen gefunden. 
  

Weiteres Vorgehen   
Die Medizinierung des Bestandes mit Amoxicillin und Colistin entsprechend der Antibiogramme wurde unverzüglich eingeleitet. 
  

Verlauf   
Bereits zwei Tage nach Beginn der Medikation traten keine Todesfälle mehr auf. 
Das Durchfallgeschehen kam nach ca. einer Woche zum Erliegen. Nach 10 Tagen wurde die Medizinierung beendet. Noch vereinzelt auftretende Durchfälle wurden mit Enrofloxacin per Injektion erfolgreich behandelt. 
  

Diskussion   
Der Gesundheitszustand einer Tierherde ist immer als ein dynamisches System zu betrachten. In diesem Fall musste eine am Anfang klinisch eindeutige Diagnose (PIA) nochmals hinterfragt werden.Durch die Medizinierung mit Tylosin hat sich offensichtlich das Bakteriengleichgewicht verschoben. Die klinisch manifeste Circovirusinfektion hat das Immunsystem zusätzlich beeinträchtigt. Es ist anzunehmen, dass sich sowohl die Streptokokken und Actinobacillen als auch die Coli - Keime durch die Dezimierung von Konkurrenzkeimen explosionsartig vermehrt haben. So wurde ein perakuter Krankheitsverlauf möglich. 

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