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Fall des Monats Oktober 2004

Akute Todesfälle bei Mastschweinen 
Dr. Reinhold Heggemann, Tellingstedt 

Diesen Monat wollen wir Ihnen zwei Betriebe aus Belgien vorstellen:

Bestand 1
Hierbei handelt es sich um einen geschlossenen Bestand mit 50 Sauen. Die Ferkel blieben bis zu einem Alter von ca. 10 - 12 Wochen im Abferkelstall, um dann in den Maststall in Buchten mit jeweils 12 Tieren eingestallt zu werden. Gefüttert wurde mit einem handelsüblichen Starterfutter, in der Mast kam ein kommerzielles Mastfutter zum Einsatz. Futter und Wasser stand den Tieren ständig zur Verfügung, in jeder Bucht befand sich ein Tränkenippel mit der Durchflussrate von 1,5 l/min, angeschlossen an die öffentliche Wasserversorgung.


Klinische Beobachtungen
In den Buchten der Tiere über 60 kg fanden sich häufig kalkige Substanzen auf den Spalten.
Am Tag der Untersuchung verendete ein ca. 90 kg schwerer Kastrat spontan ohne vorherige Krankheitssymptome. Das Tier wurde daraufhin seziert, wobei folgende Befunde erhoben werden konnten:


  • Ruptur der Harnblase mit der Folge, dass der gesamte Bauchraum voller Urin stand
  • Ein Blasenstein (Durchmesser 4mm) befand sich in der Harnröhre im Bereich der S-förmigen Krümmung des Penis

Weitere Untersuchungen wurden an 20 Schlachttieren durchgeführt. Dabei fanden sich bei 7 Tieren deutlich sichtbares Sediment in der Harnblase, bei 2 Tieren wurden Blasensteine festgestellt. Der pH-Wert des Urins lag bei allen Schweinen über pH 8, also im alkalischen Bereich.

Die Blasensteine sowie auch das Sediment bestand aus den Mineralien Calciumcarbonat und Calciumoxalat.
 


Bestand 2
In diesem Betrieb stehen ca. 200 Sauen und 1500 Mastschweine. Auch hier wurde ad libitum mit handelsüblichem Futter gefüttert. Die Wasserversorgung erfolgte aus dem eigenen Tiefbrunnen über Tränkenippel, die täglich von 22.00 bis 7.00 abgestellt wurden.
Die Tageszunahmen im Maststall waren durchaus zufriedenstellend, es fiel aber eine erhöhte Mortalitätsrate (= Sterblichkeitsrate) von ca. 5% auf. Kalkige Auflagerungen auf den Spaltenböden im Maststall wie im ersten Fall waren hier nicht zu beobachten. 
Bei 3 verendeten Kastraten in der Gewichtsklasse von 50 - 70 kg wurden Sektionen durchgeführt:
  • Ein Tier wies eine Harnblasenruptur (Riss) auf. In der Harnröhre befand sich ein 3 mm großer Blasenstein.
  • Beim zweiten Tier lag ebenfalls eine Blasenruptur vor. Hier fand sich eine große Anzahl von Blasensteinen mit einem Durchmesser von 3 - 8 mm in der Bauchhöhle.
  • Das dritte Tier hatte ebenfalls eine Blasenruptur mit Urin und Blasensteinen in der Bauchhöhle. Darüber hinaus verlegte ein Stein einen Harnleiter total, beide Nieren waren durch Cysten verändert.

Auch hier bestanden die Steine aus Calciumcarbonat und Calciumoxalat.
 


Ursachen
Die Ursachen für dieses Geschehen ist in beiden Fällen in der Fütterung zu suchen. Der Natriumgehalt der eingesetzten Futtermittel war niedrig und sie enthielten durchgehend zu wenig Phosphor. Das führt zu einem ungünstigen Calcium - Phosphor - Verhältnis. (siehe auch Tabelle 1). Beim 2. Betrieb kommt die eingeschränkte Zuteilung von Trinkwasser hinzu. Dem Betriebsleiter wurde empfohlen, das Wasser durchgängig 24 Stunden verfügbar zu lassen.

Tabelle 1: Mineralstoffgehalte der verschiedenen Futtermittel in g pro kg Futter:



 
Diskussion
Blasensteine kommen bei Sauen und Saugferkeln relativ häufig vor und sind gut untersucht. Das Auftreten bei Mastschweinen ist jedoch seltener und wird nicht immer richtig diagnostiziert, daher sind auch die Informationen hierüber spärlich. 
Bei diesen beiden Fallbeispielen wird deutlich, dass Blasensteine durch den Verschluss der ableitenden Harnwege (auch gehäuft) zu Todesfällen führen können. Bei erhöhten Mortalitätsraten in Mastbeständen sollte daher immer auch an diese Möglichkeit gedacht werden. Hinweise hierfür sind ein hoher Harn - pH-Wert und oft nur geringe Abweichungen der Minaralstoffkonzentrationen des Futters. Unbedingt zu überprüfen ist auch die Vit. D- Versorgung; der Tagesbedarf liegt lediglich bei 5-20 I.E./kg KGW. 
Eine unzureichende Trinkwasserversorgung kann eine solche Problematik verschärfen!
  

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