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Fall des Monats November 2007

Perakute Verendungen trotz Medikation 
Praxis Dr. Reinhold Heggemann, 25782 Tellingstedt, Praxis für tierärztliche Bestandsbetreuung und Qualitätssicherung im Erzeugerbetrieb Schwein 

Der Bestand   
Diesen  Monat stellen wir Ihnen einen Mastbetrieb mit 900 Plätzen vor. Die Tiere kommen aus einem Betrieb und sind gegen Mycoplasma hyopneumoniae geimpft. Der Bestand wirtschaftet Abteilweise Rein/Raus mit genereller Reinigung und Desinfektion zwischen den Belegungen. 

  
Der Fall   
Der in diesem Monat vorgestellte Fall resultierte aus einer ganz alltäglichen Situation, wie Sie immer wieder vorkommt. Im Betrieb lag seit längerer Zeit ein Hustenproblem vor und nach Medikationen mit verschiedenen Wirkstoffen und durchgeführter Diagnostik, sollte ein nicht routinemäßig eingesetzter Wirkstoff Tiamulin zum Einsatz kommen. Das Produkt wurde gemäß Herstellerangaben mit 4,5 g pro 100 kg Körpergewicht eingesetzt und sollte für die Dauer von 7 Tagen verabreicht werden. Bereits am ersten Tag der Medikation verendeten 3 Tiere perakut. Eine Überprüfung der Dosierung ergab keinen Fehler und so wurde die Medizinierung fortgesetzt. Am nächsten Tag meldete der Besitzer wiederum 3 tote Tiere, mit den gleichen klinischen Symptomen wie übermäßig schnelles Aufgasen und großflächige, bläulich-rote Verfärbung der Haut. Daraufhin wurde die Verdachtsdignose „Clostridieninfektion“ gestellt. 


                                                             






perakut verendetes Schwein mit aufgegastem Bauch und Blauverfärbung der Haut



Zeitgleich wurde die Medikation mit dem gleichen Wirkstoff auch in einem anderen Betrieb durchgeführt, der nach Rücksprache keinerlei Verluste zu verzeichnen hatte. Daher wurde die Medizinierung nicht sofort gestoppt, sondern als Sofortmaßnahme die Verabreichung der täglichen Dosis von zunächst einmal pro Tag auf zweimal pro Tag aufgeteilt. 
  

Die Untersuchung   
Am dritten Tag der Behandlung verendeten erneut 5 Tiere unter den beschriebenen Symptomen; von diesen gelangten zur Absicherung der Verdachtsdiagnose und Tierseuchen zwei zur Sektion. Die Medikation wurde gestoppt. 
  

Ergebnisse und weiteres Vorgehen   
Die Sektion ergab neben einer Circovirusinfektion auch das Vorhandensein von Clostridien (Cl. perfringens) im Darm; allerdings bei einem Tier nur geringgradig und beim zweiten Tier in mittelgradiger Intensität. Tierseuchen wurden als Todesursache ausgeschlossen. 

  
Verlauf  
Auch zwei Tage nach Absetzen des Medikamentes verendeten noch weitere Tiere. Aus diesem Grund wurde ad hoc eine dreitägige Medikation mit Amoxicillin durchgeführt. Erst diese beendete das Verlustgeschehen. Insgesamt verendeten 18 Tiere. 
  

Diskussion und Bewertung   
In dem beschrieben Bestand kam es in der Vergangenheit neben der eigentlichen Hustenthematik immer wieder auch sehr vereinzelt zu perakuten Todesfällen, bei denen die Tiere ebenfalls durch starke Aufgasung und bläuliche Hautverfärbung auffielen. Der massive Anstieg der plötzlichen Todesfälle kann nur damit erklärt werden, dass der eingesetzte Wirkstoff Tiamulin sehr potent und breit in der Wirkung zur Geltung kam. Viele Erreger wurden durch diesen Wirkstoff wirksam bekämpft und eliminiert, so dass für die Clostridien eine sogenannte ökologische Nische geschaffen wurde, in der sie sich ohne Konkurrenz  optimal vermehren konnten und letztlich ursächlich zum Tode führten. 
  
Relativ typisch ist der Sektionsbefund, bei dem entgegen der Erwartung nicht massenweise Clostridien nachgewiesen werden. Hier ist das klinische Bild und der perakute Verlauf der Erkrankung aber bezeichnend. 
  
Unverträglichkeiten des Wirkstoffes Tiamulin sind in der Vergangenheit im Zusammenhang mit dem Leistungsförderer Salinomycin bekannt geworden, der aber seit geraumer Zeit nicht mehr eingemischt werden darf. Da der Landwirt in diesem Fall auch Selbstmischer ist, konnte diese Möglichkeit der Intoxikation ( die auch ein anderes Erscheinungsbild hat) sicher ausgeschlossen werden. 
  

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