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Fall des Monats Mai 2011

Lahme Sauen. Kleine Ursache - große Wirkung
Jens Jungbloot, Praxis für tierärztliche Bestandsbetreuung und Qualitätssicherung im Erzeugerbetrieb Schwein
Dr. Reinhold Heggemann, 25782 Tellngstedt

Der Bestand
Diesen Monat stellen wir Ihnen keine Infektionskrankheit vor, sondern eine sogenannte Technopathie, die sich in einer Herde mit 600 Sauen ereignet hat. Die tragenden Sauen werden in einer Großgruppe mit Transponderfütterung und Abrufstationen gehalten. Lediglich zur Belegung und zur Abferkelung stehen die Sauen in Einzelständen. Vermarktet werden Absetzferkel. Die Herde ist positiv auf PRRS, Mycoplasmen (EP) und Circoviren. Dagegen werden sowohl die Sauen als auch die Ferkel geimpft.


Der Fall

Seit längerer Zeit verschlechterte sich zunehmend die Fundamentgesundheit. Einzeltierbehandlungen wegen Klauen- und Gelenkentzündungen mussten häufig durchgeführt werden und führten auch nicht selten zum Totalverlust oder zur vorzeitigen Schlachtung. Die Folge war eine erhöhte Remontierungsrate und eine sinkende Abferkelrate. Als Folge wurde es immer schwieriger, die vertraglich vereinbarte Menge an Absetzferkeln zu liefern.


Die Untersuchung

Zuerst wurde ein Bestandsdurchgang zusammen mit dem Landwirt durchgeführt. Dabei konnte bei etwa 15% der Sauen Lahmheiten festgestellt werden. Diese Sauen wurden näher untersucht und die festgestellten Veränderungen dokumentiert. Dabei konnte nur bei Einzeltieren echte Klauenschäden durch Deformationen und/oder Hornverletzungen nachgewiesen werden.

Ein Großteil der erkrankten Sauen zeigte Verletzungen oberhalb des Hornsaumes der Außenklauen und zwar immer nur an den Hinterbeinen. Solche Verletzungen treten typischerweise durch andauernde, mechanische Reizungen auf.
Durch zu spätes Erkennen dieser verletzten Tiere entstanden in der Folge häufig schwere Entzündungen, die dann auch die Klauen und unteren Gelenke der Hinterbeine nachhaltig schädigten.
     


Behandlung und Vorbeugung

Betroffene Sauen erhielten ein geeignetes Antibiotikum in Kombination mit einem Entzündungshemmer (Antiphlogistikum). Diese Behandlung wurde konsequent im Anfangsstadium der oben beschriebenen Verletzungen durchgeführt.
Dazu musste der Sauenbestand in der Gruppenhaltung täglich kontrolliert werden. Bei Tieren mit älteren Verletzungen traten Therapieversager auf; diese wurden nach Ablauf der Wartezeit der Schlachtung zugeführt.

Wichtiger war es allerdings, durch genaue Beobachtung des Tierverhaltens die Ursache für die Verletzungen zu entdecken.
Bei der Beobachtung der Sauen an einer Abrufstation fiel auf, dass sich die Türen der Station hinter dem jeweils eingetretenen Tier nicht richtig schlossen und so die fressende Sau ständig von der nachfolgenden Sau hochgehoben wurde. Durch dieses Aushebeln schlugen und scheuerten die Hinterbeine ständig mit der gleichen Stelle an den Gittern. Genau an diesen Lokalisationen entstanden die Verletzungen.

Als Ursache für den fehlenden Verschluss der Türen war kein mechanischer Fehler verantwortlich, sondern eine verdreckte Lichtschranke, die somit außer Funktion war und nicht erkannte, wann ein Tier die Station betreten hatte. Nach der Reinigung der Lichtschranken kamen diese Verletzungen nicht mehr vor. Zusätzlich wurden im Zuge der Überprüfung der Stationen überstehende Bodenanker gekürzt.







Um den "echten" Klauenschäden vorzubeugen wird der Laufstall jetzt einmal wöchentlich mit einem stark alkalisch wirkenden Einstreupulver abgestreut. Dieses Pulver wirkt keimreduzierend und austrocknend. Die Aufwandmenge beträgt ca. 100 Gramm/ m² Bodenfläche.


Diskussion

Durch die einstreulose Laufstall- (Gruppen-)haltung werden die Gliedmaßen der Sauen stark beansprucht und deren Erkrankungen nehmen generell zu. Daher ist besonderes Augenmerk auf die Bodenbeschaffenheit, Stalleinrichtung, Ruhezonen, Trockenheit der Böden, etc. zu legen. Die Funktionalität von Abrufstationen sollte regelmäßig überprüft werden, um Verletzungen, wie in diesem Fall, gar nicht erst entstehen zu lassen.

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