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Fall des Monats Juni 2004

Eine alte Krankheit, oft nicht erkannt aber hoch aktuell: die Eperythrozoonose 

Allgemeines
Die Eperythrozoonose ist lange bekannt, in vielen Beständen unterschwellig vorhanden und zeigt in stabilen Herden oft keine klinischen Symptome. Der Erreger Eperythrozoon suis, parasitiert in den roten Blutkörperchen. Im Laufe einer Infektion werden diese zerstört, was zu einer hämolytischen Anämie (Blutarmut) führt und damit eine Sauerstoffunterversorgung bedingt.


Klinisches Bild
In stabilen Beständen gibt es keine Klinik, es herrscht ein Gleichgewicht zwischen den Tieren und den Erregern - das Bild einer gesunden Abwehrlage.

Diese Abwehrlage kann gestört werden durch

  • Stress (Kastration, Umstallung, Absetzen...)
  • Virusinfektionen (Porcines Circovirus II, PRRS, etc)
  • schlechtes Management (z. B. Fütterung, Hygiene, häufiges Wechseln von Zulieferbetrieben)

In der Regel verläuft die Krankheit chronisch:
  • leichte Fieberschübe (werden oft übersehen), 
  • blasse, auseinanderwachsende Tiere, Einzeltiere kümmern
  • vereinzelt tritt Ikterus (Gelbsucht) auf, manchmal allergische Reaktionen der Haut (Nesselsucht und Unterhautblutungen)
  • Blauverfärbung der Ohrränder und Absterben dieser (Ohrrandnekrosen)
  • Ansteigen der Verlustrate
  • Sinken der Tageszunahmen

Einzeltiere erkranken akut:
  • Fieber bis 42°C, blasse bis bläuliche Hautverfärbung (Zyanose)
  • in der Regel verenden die akut betroffenen Tiere

Besonders betroffen sind Flatdeck-Ferkel und Vormasttiere, aber auch Sauen erkranken akut.

Diagnose
  • In der akuten Phase lassen sich die Erreger im Blutausstrich nachweisen
  • als Hinweis diesen auch Veränderungen des Blutbildes: Der Anteil der roten Blutkörperchen ist zu niedrig, der der weißen Blutkörperchen zu hoch.

Bekämpfung
Wichtig bei der Bekämpfung ist es wie bei allen Infektionskrankheiten, einen möglichst hohen Hygienestandard einzuhalten. Z. B. kann die Eperythrozoonose beim Impfen mit einer Automatikspritze von Tier zu Tier übertragen werden. Mit einer Zwischendesinfektion der Spritzen und Kanülen wenigstens von Wurf zu Wurf oder von Bucht zu Bucht wird die Ansteckungsgefahr deutlich verringert. 

Als Therapie empfiehlt sich bei Einzeltieren die Gabe des Antibiotikums Tetrazyklin in einer Dosierung von 20mg/kg Lebendgewicht mit der Spritze. Sind sehr viele Tiere betroffen, kann Tetrazyklin auch über das Futter in einer Dosierung von 500 ppm (parts per million) verabreicht werden. 

Bei der Eperythrozoonose ist in der Regel keine vollständige Erregerfreiheit zu erreichen, mit der Behandlung erzielt man jedoch die Symptomfreiheit.
 Klinische Fälle (1)In einem Ebervermehrerbetrieb, der jahrelang die Jungsauen aus der eigenen Herde remontiert hat, werden wegen der Umstellung auf Mastferkelproduktion eine große Anzahl an Jungsauen zugekauft. Die Jungsauen zeigen in der 1. Abferkelung Blässe, Gelbsucht, Milchmangel, schlechte Aufzuchtleistungen, einzelne Tiere kümmern und verenden. Auf dem Flatdeck treten plötzlich vermehrt Ohrnekrosen und Kümmerer auf, die Verlustrate steigt.



Verlauf
Durch die zugekauften Jungsauen wurde die Eperythrozoonose in den Bestand eingeschleppt. Die Jungsauen wurden wegen fehlender Quarantäneställe nicht optimal in den Bestand eingegliedert, sie kamen dadurch in eine Belastungssituation was zu einem akuten Ausbruch der Erkrankung im Abferkelstall führte. Die Erreger wurden, wahrscheinlich durch Instrumente, in die Ferkelherde übertragen, wodurch es zu den Erkrankungen im Flatdeck kam. Besonders kompliziert wurde dieser Fall durch eine gleichzeitige Infektion mit Porzinem Circovirus Typ II.
 


Klinische Fälle (2)
Ein ferkelerzeugender Betrieb belieferte über viele Jahre ausnahmslos einen Mastbetrieb. Beide Betriebe waren PRRS-negativ und Mykoplasmen-frei. Da niemals Probleme auftraten, wurden die Ferkel auch nicht gegen Mykoplasma hyopneumoniae geimpft. Die Leistungsparameter im Mastbetrieb waren in der Regel sehr gut, so lagen die Verluste durchschnittlich unter 1% und die Tageszunahmen im Mittel über 800g/Tag.

Plötzlich sanken im Mastbetrieb die Zunahmen in dramatischer Weise und die Verluste stiegen an. Dagegen wurden im Vermehrerbetrieb keine Auffälligkeiten beobachtet. Die betroffenen Vormasttiere sahen blass aus, vereinzelt traten Ohrrandnekrosen auf, ebenso war bei einigen Tieren eine Gelbsucht zu beobachten. Neben einigen kümmernden Tieren zeigten wieder andere Durchfall. 

Bei der Untersuchung wurden folgende Erreger nachgewiesen: 
  • Lawsonia intracellularis (PIA)
  • PCV II - Infektion (Porcines Circovirus Typ II)
  • Eperythrozoon suis

In diesem Fall wird vermutet, dass Infektionen mit Lawsonia intracellularis und mit Eperythrozoon suis schon seit längerem im Bestand persistierten, ohne dass jemals Symptome aufgetreten sind. Eine dazu kommende Infektion mit PCV II schwächte die Tiere so, dass die Symptome der PIA und der Eperythrozoonose ausbrachen. 

Eine metaphylaktische Behandlung mit Chlortetrazyklin über das Futter brachte eine deutliche Besserung, da dieses Antibiotikum gegen beide Erreger wirksam ist.
 


Klinische Fälle (3)
Auch hier handelt es sich um eine bislang sehr erfolgreiche Züchter-Mäster-Beziehung. Der Erzeugerbetrieb lieferte 3 Wochen alte Ferkel an einen Mäster, der die Ferkel in ein eigenes Flatdeck einstallte. Die Vormast und Mast erfolgten dann jeweils in getrennten Ställen. Jahrelang lief diese Konstellation störungsfrei mit sehr guten Leistungsparametern. In beiden Beständen bestand PRRS-Virus-Freiheit.

Plötzlich trat beim Ferkelerzeuger ein PRRS-Ausbruch (Porcines reproduktives und respiratorisches Syndrom) auf. Im Flatdeckstall des Mästers kam es zu erhöhten Verlusten durch Gehirnhautentzündungen, hervorgerufen von Streptokokken. Eine Behandlung mit dem Antibiotikum Amoxycillin über das Trinkwasser wurde durchgeführt. 

In der Vormast traten dann vermehrt Kannibalismus auf. Viele Tiere hatten Bissverletzungen der Ohren und Schwänze, daneben wurden ein starkes Auseinanderwachsen beobachtet. Mittels einer Laboruntersuchung wurde der Erreger Eperythrozoon suis nachgewiesen, eine Behandlung mit Tetrazyklin wurde eingeleitet. 

Als Therapie des Erkrankungskomplexes wurden die Sauen im Erzeugerbetrieb nach Abklingen der akuten Phase der PRRS gegen diese Erkrankung geimpft. Die Ferkel erhielten nach der akuten Phase der Erkrankung eine Impfung im Abferkelstall eine Woche vor dem Absetzen. 

Beim Ferkelerzeuger legten sich die Probleme erst nach ca. 2 Monaten, danach hatten die Ferkel wieder einen stabilen Gesundheitszustand. Auch beim Mäster konnten mit diesen Ferkeln wieder die gewohnt guten Leistungen erreicht werden.
 


Klinische Fälle (4)
In diesem Fall trat die Erkrankung in einem ferkelerzeugenden Betrieb auf. In der Vergangenheit hatte der Betrieb die Jungsauen bereits als Ferkel bekommen und eingegliedert. Dann wechselte der Lieferant, der die Tiere als fertige Jungsauen auslieferte. In der Abferkelung fielen die Jungsauen des neuen Lieferanten durch blasse oder gelbliche Hautfärbungen auf. 

Bei den nachfolgenden Untersuchungen kam folgendes zu Tage:
  • Der Altsauenbestand war PRRS-positiv, die Jungsauen PRRS-negativ.
  • Im Altsauenbestand lagen Infektionen mit Actinobacillus pleuropneumoniae und Eperythrozoon suis vor.

Bei der Einstallung der Jungsauen wurden diese mit den bestandspezifischen Keimen zu stark belastet. Dazu kam es zu einer Weiterverschleppung der Eperythrozoonose bei Bestandsimpfungen. In der Abferkelung wurde die Belastung dann so hoch, dass akute Symptome auftraten und die Erkrankung manifest wurde. 

In diesem Fall empfiehlt sich eine konsequente Eingliederungsquarantäne, in deren Verlauf die Jungsauen gegen die im Bestand vorkommenden Erreger (Actinobacillus pleuropneumoniae und PRRS-Virus) geimpft werden. Erkrankte Tiere sollte mit Tetrazyklin behandelt werden, und gegen einen Ausbruch der Eperythrozoonose sollte eine metaphylaktische Gabe von Tetrazyklinen zum Zeitpunkt der Einstallung in den Wartebereich über 7 Tage erfolgen.
  

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