Header-Grafik

Fall des Monats Juni 2003

Versteckte Infektion 

Der Betrieb
In diesem Fall handelt es sich um einen Betriebe von 350 Sauen mit angeschlossenem Flatdeck, wöchentlicher Abferkelung, abteilweises Rein-Raus wird angestrebt, kann aber nicht 100 %ig eingehalten werden. Die Ferkel werden mit 21 Tagen abgesetzt und direkt in das angeschlossene Flatdeck umgestallt. Die Sauenherde wird routinemäßig gegen Influenza, Parvo/ Rotlauf und Clostridien geimpft. Die regelmäßige Entwurmung der Sauen findet im Abferkelstall über die Fütterung statt.


Der Fall
Im Abferkelbereich trat zunehmend Durchfall bei den Ferkeln aller Altersgruppen auf. Dieser Durchfall war anfänglich gelblich und von pastöser Konsistenz, aber auch wässrige braune Formen kamen vor. Später war er bei den meisten Tieren wässrig-gelblich. Es gab erhöhte Verluste sowie eine steigende Anzahl von Kümmerern. Mehrere Kotproben wurden von unterschiedlich alten Ferkeln zur bakteriologischen Untersuchung an ein Labor geschickt.


Untersuchungsergebnisse
Bei der bakteriologischen Untersuchung wurden 6 unterschiedliche E. coli - Stämme, z.T. nicht typisierbar, und Clostridien gefunden. Im Antibiogramm gab es bei den verschiedenen Erregern kaum übereinstimmende Resistenzen, d.h. es waren für die Keime unterschiedliche Arzneimittel wirksam, so dass kein "ideales" Antibiotikum zur Verfügung stand. 

Mit den angezüchteten Keimen wurde die Herstellung einer stallspezifischen Coli/Clostridien - Vakzine zur Muttertierschutzimpfung in Auftrag gegeben.


Verlauf
Bis zur Fertigstellung der Vakzine wurde versucht, mit Antibiotika den Durchfall einzudämmen. Hygienemaßnahmen wie die tägliche Reinigung der Abferkelbuchten und der Einsatz von Stallosan wurden verstärkt durchgeführt. Den Ferkeln wurde von Anfang an eine Zusatztränke mit Elektrolytlösung angeboten.

Das Krankheitsbild verschob sich auf Grund dieser Maßnahmen; es erkrankten vermehrt die älteren Tiere in der 2. Hälfte der Säugezeit. Die Erkrankungshäufigkeit bei den jüngeren Tieren ging zurück, es zeigten aber immer noch einzelne Würfe die oben beschriebenen Symptome in den ersten Lebenstagen.

Indes wurde die Sauenherde mit der stallspezifischen Vakzine 2 mal im Abstand von 4 Wochen geimpft. Als die ersten Ferkel der vollständig mit der Muttertiervakzine geimpften Sauen geboren wurden, hörten die Erkrankungsfälle in den ersten 10 Lebenstagen schlagartig auf. Danach trat jedoch wieder ein gelblicher, wässriger Durchfall auf, der nach wie vor nicht mit Medikamenten zu beeinflussen war. Die Verluste bewegten sich zwar im Rahmen, die Anzahl der Kümmerer war entschieden zu hoch.

Da bei diesem Krankheitsbild auch an eine Infektion mit Kokzidien gedacht werden muss, wurde eine entsprechende Probennahme veranlasst. Da der Erreger Isospora suis nicht immer auf Anhieb zu finden ist, wurde eine relativ große Anzahl von Kotproben entnommen, nämlich 25 Stück, und als Sammelkotproben (insgesamt 5) in ein Labor zur Untersuchung gesandt.


Ergebnisse
In einer der Sammelkotproben war der Nachweis auf Isospora suis positiv.


Therapie
In diesem Fall wurden alle Ferkel ab dem 3. Lebenstag mit dem Wirkstoff Toltrazuril (Baycox), einem speziellen Arzneimittel gegen Kokzidien behandelt. Zusätzlich wurden die Abferkelbuchten mit einem kokzidienwirksamen Desinfektionsmittel (hier: Neopredisan) desinfiziert. 


Wirkung der Maßnahmen, Ausblick und Fazit
Die so behandelten Ferkel zeigten keinen Durchfall mehr. Um einen Rückfall zu vermeiden, wird die prophylaktische Anwendung von Baycox beibehalten. Die Impfung der Sauen mit der stallspezifischen Vakzine findet noch immer statt.

In diesem Fall "versteckte" sich der eigentliche Erreger sozusagen hinter den Sekundärkeimen, die in der ersten Laboruntersuchung nachgewiesen wurden. Es liegt in der Natur der Kokzidien, dass sie relativ schwer nachweisbar sind, und daher häufig übersehen werden. Sollten jedoch die "normalen" Therapiemaßnahmen gerade beim Jungtierdurchfall nicht greifen, muss immer auch an Kokzidien gedacht werden. Um Untersuchungskosten zu sparen, ist es durchaus legitim, Sammelkotproben untersuchen zu lassen. Das erhöht auch die Wahrscheinlichkeit, die Einzeller nachzuweisen.

zurück zur Übersicht