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Fall des Monats Juni 2001

Circovirusinfektion in einer Aufzuchtgemeinschaft
Dr. E. Sohst, Nordlingen 

Einleitung
Der ferkelerzeugende Betrieb
Nach Abschluss einer Aufstockungsphase (Sauenbestand um 50% vergrößert) stabilisierte der Betrieb seine Produktionsleistung auf mehr als 23,5 abgesetzte Ferkel pro Sau und Jahr. Die Zuführung der Sauen erfolgte aus vier verschiedenen Zulieferbetrieben. Im Zuge von Neubaumaßnahmen wurden im Verhältnis zum Bestand ausreichend Flatdeck-Plätze geschaffen und gleichzeitig ein altes, kontinuierlich belegtes Flatdeck außer Betrieb gestellt, in welchem es seit Jahren immer wieder PRRS-Einbrüche gab. Klinisch und serologisch wurde im neuen Flatdeck PRRS nicht mehr festgestellt.

Die Aufzuchtbetriebe
Die Aufzuchtbetriebe bestehen aus sogenannten "Großraumställen", die kontinuierlich beliefert werden. Eine Trennung verschiedener Altersgruppen ist nur sehr bedingt möglich, in praxi kaum durchführbar. Es wurden in den Betrieben deutlich klinisch und serologisch teilweise hochgradige PRRS-Erkrankungen registriert. Auf Grund inkonsequenter Impfmaßnahmen gelang es bisher nicht, das PRRS-Geschehen zu reduzieren.

Anfang Februar kam es im Ferkelerzeugerbetrieb zu einer Influenza-Erkrankung, die mit einer entsprechenden begleitenden Medikation relativ zügig überwunden wurde. Die vereinbarte Auslieferung der Läufer wurde um eine Woche verschoben. Im Abstand von 5 Tagen wurden in die Aufzuchtbetriebe Ferkelpartien in der Größenordnung von jeweils 60 - 80 Tieren geliefert. Die Tiere wurden bei Einstallung gegen PRRS geimpft. Diese Festlegung wurde auf Grund der bisherigen Erfahrungen in anderen Betrieben getroffen.


Verlauf
Nach ca. 3 Wochen kam es zeitversetzt wie geliefert in den Betrieben zu einer erhöhten Krankheitsanfälligkeit.

In einem Betrieb erkrankten 80 Läufer mit ca. 35 kg an Colienterotoxämie, was in den letzten Jahren überhaupt nicht mehr zu beobachten war. Die Mortalitätsrate lag bei 20%, trotz Einsatzes von Colistin. Auffällig war in diesem Zusammenhang, dass zeitgleich im Betrieb ein PRRS-Schub zu beobachten war. Außerdem wurde bei ca. 70 -80 kg schweren Tieren Durchfall im Sinne von PIA registriert. 

Im anderen Betrieb stieg die durchschnittliche monatliche Mortalitätsrate um 100%. Hier traten sowohl deutliche Atemwegserkrankungen als auch PIA-Durchfälle sowie Meningitiden bei Einzeltieren auf. In den Betrieben wurden Bestandsbehandlungen durchgeführt, um das akute Mortalitätsgeschehen zu reduzieren, es wurden Körpertemperaturen von über 40°C gemessen. Etwa eine Woche nach Beginn des akuten Krankheitsgeschehens erholten sich fast alle Tiere über 50 kg Körpergewicht, während bei den leichteren Tieren keine Besserung zu beobachten war. 
Nach etwa 10 Tagen wurden Hautveränderungen im Sinne PDNS beobachtet. Die Tiere erhielten Einzelbehandlungen mit Dexamethason und Procain-Penicillin, worauf die Hautirritationen innerhalb von 1 1/2 Tagen zurückgingen. Dennoch verendeten wenige Tage später 75% der PDNS-Tiere.

Zeitgleich mit dem Auftreten der Hautveränderungen wurde eine Verdachtsdiagnose "Circovirusinfektion" gestellt, es wurden Tiere zur Untersuchung eingeschickt. Unter Einbeziehung weiterer Institutionen konnte der Circovirusverdacht erhärtet werden.

Im Zeitraum von etwa 4 Wochen verendeten ca. 20% der akut erkrankten Tiere, des weiteren überlebten etwa 30 - 40% der Tiere mit schwerem Kümmerer-Syndrom.



Überlegungen zur Epidemiologie
Durch das zeitgleiche Auftreten der Krankheitssymptome ca. 3 - 4 Wochen nach Anlieferung der Tiere in den Aufzuchtbetrieben wurde der Ursprung der Erkrankung beim Ferkelerzeuger vermutet. Zu diesem Zeitpunkt war das gesamte Flatdeck klinisch ohne besonderen Befund. Da der Zusammenhang von PRRS und Circovirus immer wieder dargestellt wird, wurde das Flatdeck nochmals serologisch auf PRRS untersucht. Das Ergebnis war negativ und zu keinem Zeitpunkt konnte ein klinischer Verdacht auf Circovirus ausgesprochen werden.

Nach Rücksprache mit dem Impfstoffhersteller wurde empfohlen, die Ferkel im Herkunftsbetrieb gegen Ende der 3. Lebenswoche gegen PRRS zu impfen, da einerseits ein frühzeitiger PRRS-Schutz den Tieren die Auseinandersetzung mit dem Circovirus erleichtern könnte, andererseits die Impfung der Läufer in den Aufzuchtbetrieben auf Grund des nach wie vor hohen PRRS-Druckes zu spät kommt und man möglicherweise in eine Inkubationsphase hineinimpft. Aus eben diesem Grunde wurde ausdrücklich vor einer Impfung im Flatdeck gewarnt, da mit dem Verschwinden der maternalen Antikörper eine vergleichbare Situation bestehen würde, die durch die PRRS-Impfung sich noch komplizieren könnte.

Durch äußere Zwangsumstände wurde die Impfung auf dem Flatdeck durchgeführt.


Derzeitiger Stand
Ferkelerzeuger
Im Flatdeck wird ein Wachstumsstillstand bzw. Entwicklungsrückstand von ca. 1 - 3 Wochen bei 10 Wochen alten Läufern beobachtet. Ca. 15 - 20% des Ferkelbestandes zeigt mehr oder weniger deutlich ein Kümmerer - Syndrom. 

Die Sauen des Bestandes sowie die Ferkel in der Abferkelperiode sind klinisch ohne besonderen Befund.



Aufzuchtbetriebe
Die Kümmerer sind in der Zwischenzeit verendet bzw. wurden gemerzt. Der Entwicklungsrückstand der übrigen beträgt ca. 2 - 3 Wochen. Die Tiere über 50 kg Körpergewicht zum Zeitpunkt des Ausbruches der Erkrankung zeigten kaum Entwicklungsstörungen, jedoch sind noch immer klinische Anzeichen von PRRS vorhanden.
Die Begleiterkrankungen konnten deutlich reduziert werden.

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