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Fall des Monats Januar 2008

Lebensschwache Ferkel und Totgeburten
Christin Lehmann, Praxis für tierärztliche Bestandsbetreuung und Qualitätssicherung im Erzeugerbetrieb Schwein Dr. Reinhold Heggemann, 25782 Tellingstedt 

In diesem Monat stellen wir Ihnen einen Ferkelerzeuger mit 250 Sauen vor. Der Betrieb hatte bislang kaum gesundheitliche Probleme und wird mit einem hohen Hygienestatus geführt. 
Die Jungsauen werden aus einem Betrieb zugekauft; der Bestand ist PRRS- und PCV 2- frei, Dysenterieerreger und Lawsonien (PIA) wurden ebenfalls bisher nie nachgewiesen. Der Bestand wird halbjährlich gegen Parvovirose / Rotlauf geimpft, die Ferkel erhalten eine einmalige Mycoplasmenimpfung. 
 

Der Fall   



Der Landwirt berichtete telefonisch über einen Spätabort bei einer Altsau und über eine erhöhte Zahl von Totgeburten in den letzten Abferkelgruppen. Die Verbringung des Abortmaterials in ein Untersuchungslabor wurde veranlasst und ein Bestandsbesuch vereinbart. 
 






Die Untersuchung   
Bei der nachfolgenden Bestandsuntersuchung war die Zahl der lebensschwachen und untergewichtigen Ferkel auffällig. Die Auswertung der Betriebsdaten ergab, dass die Sauen im Schnitt ein bis zwei Tage zu früh ferkelten, pro Wurf 2,7 Totgeburten auftraten und die Umrauscherrate deutlich über den bisherigen Werten lag. 
                      

Diese Ergebnisse hatten sich im Verlauf der letzten 3 Monate Schritt für Schritt verschlechtert und wurden zunächst gar nicht wahrgenommen. Weitere klinische Auffälligkeiten waren im Sauenbereich und im Flatdeck nicht festzustellen. 
 

Die Diagnostik   
Von 5 Sauen mit auffälligen Würfen wurden Blutproben entnommen. Die Proben wurden auf Leptospirose und PRRS untersucht und ergaben folgende Ergebnisse: 
  
Abortmaterial: geringe Bakterienbesiedlung – Mischflora 
                        Chlamydien – Antigen positiv 
                        AK/ ESP/ PCV 2/ Parvovirus negativ 
                        PRRS – EU positiv 
  
Blutproben: PRRS – Antikörper: 5 x positiv (3+ bis 4 +) 
                    Leptospiren und Chlamydien negativ 
 

Beurteilung der Ergebnisse   
Als Ursache für die schlechten Fruchtbarkeitsleistungen ist eine Infektion mit PRRS anzusehen. Bei der Untersuchung des Abortmaterials wurde Virus nachgewiesen, in den Blutproben bei den Sauen bereits Antikörper gefunden, was darauf hindeutet, dass die Infektion schon seit längerer Zeit im Bestand war. 
  
Außer einer erhöhten Umrauscherrate traten keine weiteren, sog. typischen Symptome (blaue Ohren, ondulierendes Fieber, Fressunlust) einer PRRS Infektion auf, auch vom Mäster gab es keinerlei Beanstandungen. 
  
Der Chlamydiennachweis im Abortmaterial ist als Nebenbefund zu werten, da die Blutproben von den Sauen keine weiteren Hinweise für eine Chlamydieninfektion ergaben.  


Weiteres Vorgehen   
Als Sofortmaßnahme wurde die Impfung des Sauenbestandes gegen PRRS durchgeführt. Die Immunisierung wird nach 4 Wochen wiederholt. Die Abferkelgruppe nach der ersten Impfung zeigt bereits eine positive Tendenz. Bei bereits infizierten Sauen wird die Impfung allerdings keinen Effekt haben, da die Impfung das Virus nicht verdrängt. Es ist also auch in den nächsten Wochen noch mit Verlusten zu rechnen. Durch die Bestandsimpfung erreicht man jedoch relativ schnell eine Senkung des Infektionsdruckes und einen geschlossenen Aufbau der  Herdenimmunität. 
Da der Betrieb keine separate Quarantäne hat, sollten in Zukunft jüngere Tiere zugekauft werden, so dass vor der ersten Belegung genügend Zeit für eine Grundimmunisierung gegen PRRS vorhanden ist. 


Diskussion   
Es stellt sich hier, wie immer in solchen Fällen, die Frage wie der Erreger den Weg in den Betrieb gefunden hat. Es ist nachgewiesen, dass das PRRS – Virus über einen Radius von 3 km durch die Luft übertragbar ist. Dieser Infektionsweg ist in diesem Fall aber als unwahrscheinlich anzusehen, da es im weiteren Umkreis keinen weiteren schweinehaltenden Betrieb gibt. Die Eberstation ist, wie auch der Jungsauenvermehrer, nach wie vor PRRS frei. Das Schwarz – Weiß – Prinzip wird strikt eingehalten, sämtliche Hygienemaßnahmen sind vorbildlich. 
  
Der Betrieb war noch bis zu den Routineblutproben im Juli 2007 komplett PRRS frei. Die ersten Symptome traten wohl im September auf, als es in einer Abferkelgruppe extrem viele Totgeburten gab. Danach wurde es wieder relativ normal, nur die Sauen ferkelten fast alle zwischen dem 111. und 113. Tag ab, die Geburtsgewichte waren entsprechend geringer und es gab mehr lebensschwache Ferkel, bis dann im November der klassische Spätabort am 109. Tag  zum Auslöser für die Untersuchung wurde. 
  
Der Landwirt berichtete davon, dass es im August bei einer Ferkelabholung einmal vorgekommen sei, dass auf dem Viehtransporter bereits Ferkel aus einem anderen Betrieb waren. Es ist sicherlich spekulativ und jetzt auch nicht mehr nachvollziehbar, ob dies die Infektionsquelle darstellte. Es bedeutet aber zumindest, dass man sich auch in schwierigen Zeiten an die Grundregeln der Hygiene halten sollte. 
  
Das die Infektion relativ schleichend und unbemerkt verlief, obwohl es sich um einen voll empfänglichen Bestand handelte, bedeutet, dass es sich um einen wenig virulenten Erreger handelt. Bei heutigen PRRS Erstinfektionen scheint die klinisch eher unauffällige Variante mit unspezifischen Symptomen - im Gegensatz zu den Ausbrüchen vor einigen Jahren - vorzuherrschen. Differentialdiagnostisch muss daher bei Fruchtbarkeitsproblemen, auch bei fehlenden typischen Symptomen, eine PRRS Infektion immer in Betracht gezogen und diagnostisch mit abgeklärt werden. 

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