Header-Grafik

Fall des Monats Februar 2010

Mastdarmvorfälle- ein züchterisches Problem? 
Dr. Reinhold Heggemann, Praxis für tierärztliche Bestandsbetreuung und Qualitätssicherung im Erzeugerbetrieb Schwein, 25782 Tellingstedt 

Der Bestand 
Diesen Monat wollen wir ein Problem vorstellen, dass immer mal wieder in Schüben auftritt: Mastdarmvorfälle bei Schweinen. In einem Ferkelerzeugerbetrieb mit 500 Sauen traten seit ca. 3 Wochen sporadisch und unregelmäßig- aber immer wieder- Mastdarmvorfälle bei einzelnen abgesetzten Ferkeln auf. Die Ferkel werden gegen PIA geimpft und sind PRRS und Mycoplasmen frei! 


Der Fall 
Dieser Fall ist insofern etwas ungewöhnlich, als dass die Mastdarmvorfälle nicht bei Masttieren, sondern bei Ferkeln/Läufern auftraten. Das Alter der betroffenen Tiere lag zwischen 6 und 9 Wochen. Im Durchschnitt trat ca. alle 2 Tage ein Fall auf. In aller Regel verendeten diese Tiere und es entstand somit ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden. Als mögliche Ursachen für dieses Geschehen wurde zunächst eine genetische Disposition oder schlechtes Futter in Betracht gezogen. 





Die Untersuchung

Beim Stalldurchgang konnte im Hinblick auf die Problematik nichts gravierendes festgestellt werden. Futter und Wasser lagen in ausreichender Menge und Qualität vor. Das Futter zeigte bei der grobsinnlichen Untersuchung keine Abweichungen. Auch die Siebfraktionierung des Futters ergab keinen erhöhten Anteil an zu feinen Partikeln. Der Kot schien im Hinblick auf Menge, Farbe, Geruch und Konsistenz unauffällig. Hustende Tieren waren nicht vorhanden. 

Ein möglicher genetischer Einfluss auf die Thematik wurde ausgeschlossen, da in letzter Zeit sowohl auf der Sauen-, als auch auf der Eberseite keine Änderungen vorgenommen worden waren. 

Im Laufe des Gespräches entwickelte sich der Verdacht, dass die Probleme doch wohl erst seit der letzten Futterlieferung vor 3 Wochen bestehen. Für die Untersuchung des Futters auf Mycotoxine wurde eine Probe, sowie ein Rückstellmuster entnommen und der Futtermittellieferant von den Geschehnissen unterrichtet. 


Die Ergebnisse 
Die Untersuchung der Futterprobe auf Inhaltsstoffe und die Toxine DON und Zearalenon ergab keine von der Deklaration abweichenden Befunde. Die Toxingehalte lagen deutlich unter den Toleranzwerten von 0,2 mg/kg für DON und Zearalenon. (Bezüglich der zulässigen bzw. tolerierbaren Höchstwerte gibt es immer wieder Diskussionen unter Experten. Aktuell wird bezüglich Zearalenon ein max. Wert von 0,05 mg/kg Futter diskutiert.) 


Weiteres Vorgehen 
Trotz des unauffälligen Untersuchungsbefundes blieb das Futter als Auslöser für die Mastdarmvorfälle im Verdacht. Der zeitliche Zusammenhang zwischen Neuanlieferung und Auftreten der Symptome war einfach zu auffällig. Da das Futter mittlerweile zur Neige ging und in wenigen Tagen eine neue Charge bestellt werden musste, wurde auf ein Austausch des Futters verzichtet. 


Weiterer Verlauf 
Mit dem Verfüttern aus der neuen Futterlieferung verschwanden die Mastvorfälle komplett. Bis dato ist auch nach 4 Wochen kein einziger Fall mehr aufgetreten. 


Diskussion 
Mastdarmvorfälle sind vor allem in der Schweinemast als sporadisch auftretendes Ereignis bei Einzeltieren bekannt. Die Häufigkeit liegt im Normalfall deutlich unter 1%. Hinsichtlich der Entstehung von Mastdarmvorfällen werden verschieden Ursachen diskutiert: Bekannt ist das vermehrte Auftreten im Zusammenhang mit chronischen Atemwegserkrankungen, die mit starkem Husten einhergehen. Erklärt wird dies durch eine Überdehnung des Bindegewebes im Rektalbereich. Anerkannt ist auch das vermehrte Auftreten im Zusammenhang mit Toxinbelastungen im Futter. Hier wird in erster Linie ein überhöhter Gehalt von Zearalenon verantwortlich gemacht. Eine Beteiligung von anderen Toxinen (viele sind noch nicht bekannt oder hinreichend untersucht!) ist sicher nicht auszuschließen. Ein Zusammenhang mit Mykotoxinen wird auch im vorliegenden Fall stark vermutet. 
Genetische Einflüsse wurden in der Vergangenheit immer mal wieder von einzelnen Autoren berichtet. Insbesondere in Inzuchtprogrammen wird das Vorkommen eines genetischen Einflusses vermutet. 
Andere Beschreibungen von Ursachen wie: kalte Jahreszeit, Geschlecht, Geburtsgewicht unter 1000 g, bestimmte Medikamente wie Tylosin oder Lincomycin sind Einzelberichte oder widersprüchlich. 
Generell kann allerdings wohl davon ausgegangen werden, das bei einer Irritation/Entzündung der Darmschleimhaut immer ein erhöhtes Risiko von Mastdarmvorfällen gegeben ist. Bei einem gehäuften Auftreten in einem Betrieb mit Flüssigfütterung wäre hier auch die Überprüfung der Hygiene der Fütterungsanlage anzuraten. 

zurück zur Übersicht