Header-Grafik

Fall des Monats Dezember 2003

Plötzliche Todesfälle im Flatdeck 

Der Betrieb
Es handelt sich um einen Zuchtbetrieb mit 450 Sauen, der die Ferkel im Alter von 10 Wochen verkauft. Die Säugezeit beträgt 21 Tage, die Abferkelställe und auch die Großraumbuchten für die Absetzer werden im Rein/Raus-Verfahren mit Reinigung und Desinfektion belegt. 
 

Prophylaktische Maßnahmen im Bestand
Seit 1996 ist die Sauenherde PRRS (= Porcines respiratorisches und reproduktives Syndrom) positiv. Alle 4 Monate wird eine Bestandsimfpung der Sauen und Eber mit einem PRRS-Lebendimpfstoff durchgeführt. Die Ferkel werden nicht gegen PRRS geimpft. Ferner wird alle 6 Monate eine prophylaktische Parvovirose/Rotlauf Kombinationsimpfung der Sauenherde wiederholt. Gegen Influenza werden die Sauen kontinuierlich geimpft, wenn sie in den Abferkelstall kommen. Beim Absetzen erhalten die Ferkel einen One-Shot-Impfstoff gegen Mykoplasmen. 


Der Fall
Im Juni diesen Jahres trat im Flatdeck bei den abgesetzten Ferkeln plötzlich vermehrt Husten auf. Die Verluste stiegen, die Anzahl der Kümmerer schnellte nach oben. Sofort wurden 3 verendete Ferkel zur Sektion mit der Bitte um Feststellung der Todesursache in ein Untersuchungslabor gebracht. 


Untersuchungsergebnis
Die nachgewiesenen Infektionserreger waren beim 1. Ferkel:

  • Salmonellen
  • Porcines Circo-Virus, Typ 2
  • Mykoplasmen
  • Pasteurella multocida
  • Clostridium perfringens
Beim 2. Ferkel wurden nachgewiesen:
  • Porcines Circo-Virus, Typ 2
  • Pasteurella multocida
  • Hämophilus spp.
  • Streptokokkus suis
  • Mykoplasmen
  • hämolysierende E.coli.
Beim 3. Ferkel wurden nachgewiesen:
  • Porcines Circo Virus, Typ 2
  • Hämophilus spp.
  • Mykoplasmen
  • hämolysierende E. coli.
Bei allen 3 Ferkeln konnten außerdem PRRS- Viren nachgewiesen werden; sie wurden als Impfvirus (amerikanischer Genotyp) identifiziert.

Bei der klinischen Untersuchung der erkrankten Tiere dominierten die Atemwegssymptome. Die Tiere husteten, hatten Nasenausfluss, z. T. eine stark pumpende Atmung und nahmen häufig die so genannte "hundesitzige Stellung" als Entlastungshaltung ein.
 


Die Erkrankung
Es handelt sich hier um eine Infektion mit dem Porcinen Circovirus 2 mit zahlreichen Sekundärinfektionen. Das Immunsystem der Ferkel wird durch das Virus geschwächt, so dass viele (normalerweise vorkommende) bakterielle Krankheitserreger sich übermäßig im Tier vermehren können. So kommt es, in Abhängigkeit von dem jeweiligen Keimspektrum, zu einem relativ uneinheitlich aussehenden Krankheitsbild der Gruppe. Um die genaue(n) Ursache(n) herauszufinden, ist eine gründliche Laboruntersuchung von mehreren, typisch akut erkrankten Tieren notwendig. Ohne diese Untersuchung(en) ist kein auf Fakten basierendes Behandlungskonzept möglich.

In diesem Fall wurden die am stärksten betroffenen Tiere mit Enrofloxacin (Baytril) per Injektion behandelt. Zusätzlich wurde in allen betroffenen Buchten Tetracyclin über das Futter eingesetzt. Diese Antibiotika wurden nach Resistenztest ausgewählt.

Als Managementmaßnahmen wurde die Rein/Raus- Belegung 100% strikt durchgeführt. Kein Ferkel durfte von einer zur anderen Gruppe versetzt werden. Insbesondere Kümmerer wurden konsequent ausgemerzt.


Der Verlauf
Im August war die Verlustrate auf 3% zurückgegangen, vor allem weil eine intensive Einzeltierbehandlung durchgeführt wurde. Es traten aber immer wieder vereinzelt Husten und Lungenentzündungen auf. Die Erkrankung war also nur durch eine gezielte und sehr arbeits- und kostenaufwändige Therapie mit Antibiotika eingeschränkt worden, man konnte nicht von einer Heilung sprechen.

Als unterstützende Maßnahme wurde eine Muttertierschutzimpfung mit einer handelsüblichen Vaccine gegen Bordetellen und Pasteurellen (Schnüffelkrankheit) eingeführt. Die Sauen erhielten diese Impfung 10 und 4 Wochen vor dem Abferkeltermin. Damit sollte der Antibiotikaeinsatz deutlich oder ganz zurückgedrängt werden.


Derzeitiger Stand
Es kann kein Husten mehr im Flatdeck beobachtet werden. Die Verluste sind auf unter 2% zurückgegangen. Auch Kümmerer treten kaum noch auf. Als einzige Maßnahme neben der Muttertierschutzimpfung wird derzeit noch eine Einstallmetaphylaxe mit Tetrazyklin für die ersten 10 Tage nach dem Aufstallen durchgeführt. Wenn im gesamten Flatdeck seit mindestens drei Monaten nur noch geimpfte Ferkel sind, soll auch diese Maßnahme versuchsweise eingestellt werden.
 

zurück zur Übersicht