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Fall des Monats Dezember 2000

Plötzlich auftretendes Saugferkelsterben 

Der Fall des Monats Dezember ereignete sich in Quebec, Kanada.


Vorbericht
In einem Betrieb mit 120 Sauen und eigener Mast stieg die Verlustrate der Saugferkel in den Monaten September und Oktober dramatisch auf 33,8% bzw. auf 55,8% an. In den Monaten zuvor hatten die Saugferkelverluste bei 9,3 und 8,0% gelegen, das Management und der allgemeine Gesundheitszustand der Tiere konnte durchweg als sehr gut bezeichnet werden.


Untersuchung
Bei einem Durchgang durch den gesamten Betrieb machten die Schweine einen allgemein gesunden Eindruck. Auch bei den Saugferkeln konnten keine Symptome für Durchfall-, Atemwegserkrankungen oder Lahmheiten beobachtet werden. Es schien, als ob viele der Ferkel nicht saugen wollten oder konnten.

Bei der Geburt schienen die Ferkel völlig normal, starben dann aber einige Tage später vermutlich an Entkräftung und Austrocknung.


Befund
Einige Tiere wurden zur Untersuchung der Todesursache an ein Laboratorium eingeschickt, wo jedoch keine Krankheit als Ursache festgestellt werden konnte. 

Nach einer erneuten klinischen Untersuchung fiel bei einigen stark geschwächten Ferkeln eine Veränderung der Zungenspitze auf. Diese war bläulich oder schwarz verfärbt. Die daraufhin durchgeführte Laboruntersuchung erbrachte den histologischen (mikroskopische Untersuchung) Befund einer ulcerativen Glossitis (=schwere Entzündung der Zunge) aller 4 eingesandten Ferkel. Daneben fiel auf, dass bei diesen Ferkeln der Magen- und Darmtrakt völlig leer war.


Weitere Untersuchungen
Da die Laboruntersuchungen keine definitive Todesursache liefern konnte, wurde der Betriebsleiter nochmals eingehend nach dem Umgang mit den Saugferkeln befragt. 

Bei der Beschreibung des Zähneabkneifens trat dann die Ursache für die rätselhaften Todesfälle ans Licht. 
Der Betriebsleiter benutzte hierzu eine spezielle Kneifzange. Um die Übertragung von Infektionen von Ferkel zu Ferkel zu vermeiden, legte er diese Kneifzange nach jedem Gebrauch in ein Desinfektionsmittelbad. Schon seit vielen Jahren übte er diese Praxis mit gutem Erfolg aus. 


Ursache
Nun war das gewohnte Desinfektionsmittel vorrübergehend nicht verfügbar, er war auf ein anderes Präparat ausgewichen. Dabei handelte es sich um ein Konzentrat quaternärer Ammoniumverbindungen, das in einer Verdünnung von 1 : 256 zur Desinfektion von Böden und Wänden vorgesehen war. Ohne die Anwendungshinweise zu beachten, hatte er es unverdünnt zum Desinfizieren der Zahnzange verwendet.

Die Folge waren schwerste Zungenverätzungen bei den Ferkeln, die höchst schmerzhaft waren und das Saugen völlig unmöglich machten. Die Ferkel sind daraufhin schlicht verhungert. 

Nach Umstellung auf das "alte" Desinfektionsmittel war das Problem beseitigt, die Verluste bewegten sich wieder im normalen Rahmen. In diesen 2 Monaten lag der reale Verlust bei 150 Ferkeln mehr als gewöhnlich, ein hoher Preis für eine Nachlässigkeit!

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