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Fall des Monats April 2003

Gehäuftes Auftreten von aggressivem Ferkelruß 

 

Der Betrieb
In unserer Praxis häufen sich in der letzten Zeit Fälle von massiven Hautentzündungen bei Ferkeln, die auch unter dem Namen „Ferkelruß“ oder „nässendes Ekzem“ bekannt sind. Da diese Erkrankung nicht immer typisch verläuft, wollen wir einen solchen Fall vorstellen. Es handelt sich hier um einen Sauenbestand mit 350 Sauen und angegliederter Mast. Die Ferkel werden im Wochenrhythmus mit 21 Tagen abgesetzt. Im Bestand werden routinemäßig bei den Sauen Impfungen gegen Influenza, Rotlauf, Parvovirose und Coli durchgeführt, bei den Ferkeln gegen Mycoplasmen. Der Bestand ist PRRS- und Circovirus frei. 2 mal jährlich werden alle Sauen mit einem Fütterungsarzneimittel entwurmt.
Die Ferkel werden in ein separates Gebäude abgesetzt. Hier wird, ebenso wie im Abferkelbereich, streng nach Rein / Raus - Prinzip gearbeitet. Abteilweise Reinigung und Desinfektion sind selbstverständliche Routinearbeiten.
 
Der Fall
Bereits die dritte Ferkelgruppe in Folge zeigte ca. 5 Tage nach dem Absetzen, teilweise massivste Erscheinungen von Hautentzündungen im Sinne von Ferkelruß. Innerhalb von drei Tagen waren ganze Gruppen in der Weise betroffen, dass die Entzündung generalisiert am ganzen Körper einschließlich der Bauchdecken festzustellen war. Eine dreimalige Injektionsbehandlung mit Penicillin war bereits im Abstand von 24 Stunden durchgeführt worden. Der Behandlungserfolg musste als unbefriedigend eingestuft werden. 

 
Verdachtsdiagnose, erste Maßnahmen
Aufgrund des recht eindeutigen klinischen Bildes und des zeitlichen Auftretens wurde die Verdachtsdiagnose „Ferkelruß“, verursacht durch Staphylococcus hyicus, gestellt. Zur Abklärung der Wirksamkeit von Penicillin wurden zwei Hauttupfer entnommen und zur bakteriologischen Untersuchung gegeben.

Beim sog. „Ferkelruß“ handelt es sich um eine Infektion mit Staphylococcus hyicus Bakterien, die nahezu in jeder Schweinehaltung vorkommen. Als Eintrittspforte dienen in aller Regel Hautabschürfungen, die sich die Ferkel schon als Saugferkel im Kampf um die beste Zitze, aber insbesondere auch nach dem Absetzen im Backenbereich und an den Schultern in Folge von Rangkämpfen beibringen. Es bildet sich eine nässende Hautentzündung aus und durch die Ablagerung von Schwebstaub entwickelt sich im Gefolge das Bild von sog. Ferkelruß. Bei generalisiertem Verlauf sind oft auch innere Organsysteme wie Nieren, Zentralnervensystem, aber auch Gelenke oder Lunge betroffen, was dann häufig das Verenden solcher Tiere zur Folge hat. 

Auffällig in diesem Fall war, dass die Hautveränderungen nicht nur im Backen- und Schulterbereich, sondern auch in der Flanke, an den Hintergliedmaßen oder zuerst an den Bauchdecken in Form von mehr oder weniger kreisrunden Veränderungen auftrat. Diese pockenartige Verlaufsform kann fälschlicherweise als Pilzinfektion gedeutet werden.



Als Sofortmaßnahme wurde die Injektionsbehandlung auf den Wirkstoff „Danafloxacin“ umgestellt und eine metaphylaktische Behandlung der letzten Absetzergruppe mit Amoxicillin über das Trinkwasser angeordnet. Hier konnten bei den ersten Tieren bereits klinische Symptome gefunden werden.
Ca. 10 Ferkel mussten unmittelbar wegen fortgeschrittener, generalisierter Erkrankung euthanasiert werden.
 
Untersuchungsergebnisse, Diagnose
Die Untersuchung der Hauttupfer ergab eine massive Infektion mit Staphylococcus hyicus. Der durchgeführte Resistenztest bestätigte, dass Penicillin in diesem Fall nicht wirksam war. Ferner waren die Staphylococcen gegen Ampicillin, Tetracyclin, Colistin und Sulfonamid/Trimetoprim Kombination resistent.
 
Weiterer Verlauf
Nach Umstellung der Therapie auf einen anderen Wirkstoff trat eine Besserung des klinischen Bildes ein. Die Ferkel trockneten ab und der Allgemeinzustand besserte sich zusehends. Die metaphylaktisch behandelte Absetzergruppe entwickelte sich nahezu störungsfrei. Diese vorbeugende Behandlung über das Trinkwasser soll noch die nächsten drei Wochen fortgeführt werden. 

Weitere Maßnahmen, Diskussion
Weitere unmittelbare Maßnahmen wurden zunächst nicht ergriffen. In Betrieben, die bei den Saugferkeln keine Zähne schleifen, kann eine solch Maßnahme vorrübergehend Sinn machen, um Hautverletzungen vorzubeugen. In Problembetrieben kann prinzipiell eine Muttertierschutzimpfung mit stallspezifischer Vaccine versucht werden. Zu bedenken ist aber hierbei, dass verschiedene Serotypen von Staphylococcus hyicus vorkommen, die untereinander keine Kreuzimmunität vermitteln.

Bemerkenswert erscheint die Tatsache, dass seit ca. 2 Jahren die Fälle zunehmen, in denen die Therapie mit Penicillin versagt. In der Literatur wird dieser Wirkstoff immer noch als Mittel der Wahl neben Trimetoprim/Sulfa und auch Erythromycin genannt. Zumindest für sehr aggressive Verlaufsformen können wir das nicht bestätigen. Die Resistenzteste der letzten Jahre in unserer Praxis weisen zu 95% Penicillin als nicht mehr wirksam aus! Daher verwenden wir in diesen Fällen ausschließlich Dana- oder Enrofloxacin. 

Ferner muss bei der Behandlung beachtet werden, dass das Hautgewebe in den oberen Schichten sehr schlecht durchblutet ist. Deshalb muss ein Wirkstoff immer in relativ hoher Dosierung (2-3 fach) und mindestens 2x im Abstand von 24 Stunden verabreicht werden, um in genügend hoher Konzentration im Zielgewebe vorzuliegen! Waschungen - mit welchen Zusätzen auch immer - beeinflussen den Krankheitsverlauf dagegen nicht wesentlich.
 

 

 

 

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