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Aktueller Fall Oktober 2012

Halbierung des Salmonellen- Grenzwertes (Cut-Off-Wert) vom Tisch!
Jetzt erst recht bei hohen Titern handeln!

Dr. Reinhold Heggemann, Praxis für tierärztliche Bestandsbetreuung und Qualitätssicherung im Erzeugerbetrieb Schwein, 25782 Tellingstedt


Der Bestand
Heute wollen wir Ihnen einen Schweinemastbetrieb vorstellen, der seine Ferkel bereits seit mehreren Jahren aus dem gleichen Ferkelerzeugerbetrieb bezieht. Die biologischen Leistungen können mit über 950 g Tageszunahme und Verlusten unter 1 Prozent als exzellent bezeichnet werden. Das Futter ist hofeigen; wird also am Hof gelagert, gemahlen und gemischt. Die Tiere werden in drei verschiedenen Gebäuden auf einem Betriebsgelände gehalten. Der Hygienestatus ist als gut zu bezeichnen; alle Abteile werden Rein/Raus mit anschließender Reinigung und Desinfektion bewirtschaftet.
 
 
Der Fall 
Der Betrieb lag in den vergangenen Jahren im Salmonellenscreening immer in Kategorie I, rutschte dann aber im Sommer 2011 in Kat. II ab und im langfristigen Mittel lag der Betrieb in den letzten Monaten immer in Kat. II. Da die Salmonellen-Grenzwerte zum Jahreswechsel 2012/2013 halbiert werden sollten, machte sich der Betriebsleiter Gedanken und Sorgen um die zukünftige Kategorisierung des Betriebes in 2013. Eine Herabstufung in Kat. III könnte unter Umständen auch negative finanzielle Folgen haben.
In Absprache mit unserer Praxis wurde ein Salmonellenscreening vereinbart, um mögliche Salmonellen-Eintragsquellen zu identifizieren und gegebenenfalls zu eliminieren. Ziel sollte es sein, den Betrieb mittelfristig wieder dauerhaft in Kat. I zu etablieren.
 

Die Untersuchung
Bei der Untersuchung des Bestandes wurde zweiphasig vorgegangen. Die erste Untersuchungsreihe bestand darin, von allen Altersgruppen aus allen drei Gebäuden mittels Blutproben den aktuellen Salmonellentiter zu bestimmen. Diese Beprobung sollte dazu dienen, zunächst ein Salmonellenprofil des Gesamtbestandes zu erhalten und die Fragen abzuklären, ob möglicherweise bereits ein Eintrag über die Ferkel stattfindet oder auch Einträge in den verschiedenen Gebäuden unterschiedlich ablaufen. Konkret wurden in den drei Gebäuden jeweils von den jüngsten und ältesten Tieren jeweils 5 Blutproben; insgesamt somit 30 Proben entnommen. Die Kosten von insgesamt ca. 200,- € für Entnahme, Versand, Untersuchung und Auswertung sind dabei überschaubar. Diese Stichprobenzahl ist aufgrund der hohen Varianz der Titer zwingend notwendig und in größeren Beständen eher noch zu erhöhen.  


Die Ergebnisse 
In dieser Untersuchung sind die Proben analog zum QS-Salmonellenscreening ab einem OD-Wert von 40 als positiv bewertet; bei einer möglichen Halbierung der Grenzwerte wären dann  bereits OD-Werte ab 20 als positiv bewertet. Daher haben wir die Werte entsprechend farbig markiert (grün = negativ, blau = positiv bei Halbierung des Grenzwertes, rot = positiv).

Stall Gewicht (kg) OD-Wert %
1 75    40
1 75 4
1 75 52
1 75 29
   
1 100 12
1 100 36
1 100 15
1 100 23
   
2 32 9
2 32 14
2 32 6
2 32 6
   
2 48 38
2 48 41
2 48 14
2 48 45
   
3 55 10
3 55 1
3 55 30
3 55 49
   
3 110 17
3 110 13
3 110 25
3 110 19
3 110 21

 
Bei dieser Untersuchung waren insgesamt 6 Proben mit einem OD-Wert über 40 positiv, was einem Prozentsatz von 20 % entspricht (6 von 30). Mit diesem Ergebnis wäre der Betrieb im QS-Monitoring bereits jetzt nur in Kat. II (20-40% positive Proben) eingestuft worden. Nach einer Halbierung des Grenzwertes hätte dieses Ergebnis unweigerlich eine Einstufung in Kat. III zur Folgegehabt; es wären dann insgesamt 13 Proben = 43% (rot und blau) als positiv bewertet worden! 

Ferner ist aus der Beprobung ersichtlich, dass die Tiere mit 32 kg KGW die niedrigsten Titer aufweisen und somit ein Eintrag über die zugekauften Ferkel zu diesem Zeitpunkt nicht stattfindet. Allerdings machen die Tiere dann relativ schnell eine Salmonelleninfektion (ohne jede klinische Symptomatik!!) durch, was sich in einem Anstieg der OD%- Werte in den Gruppen 48 kg und 55 kg KGW dokumentiert, die dann wieder gegen Mastende deutlich abfallen.

In der zweiten Phase der Beprobung sollte nun durch eine PCR- Untersuchung von Tupfern, die an verschiedenen Stellen im Betrieb entnommen wurden, versucht werden die Eintragsquelle(n) zu identifizieren. Dazu wurden unter Einbeziehung der gesamten Futterstrecke insgesamt acht Proben entnommen. Diese Probenzahl mag gering erscheinen, die Untersuchungskosten sind mit ca. 30,- €/Probe allerdings ungleich höher als bei dem serologischen Screening. In der PCR wurde auf Salmonella Enteritidis und S. Typhymurium untersucht. Bei der Beprobung wurden  -wo es sinnvoll erschien- insbesondere Lokalitäten, die mit Nagerkot und/oder Nagerurin kontaminiert waren in die Untersuchung einbezogen.

Die Probenentnahme und Untersuchungsergebnisse im Detail:
 

Entnahmestelle Salmonella spec. S. Enteritidis S. Typhymurium
Getreide Vorlagerzelle Negativ Negativ Negativ
Dachstuhl
Gebälk
Negativ Negativ Negativ
Getreidewagen Negativ Negativ Negativ
Elevator Negativ Negativ Negativ
Wasser Stall Negativ Negativ Negativ
Unterflur Zuluftschacht Positiv Negativ Positiv
Ablüfterblech Negativ Negativ Negativ
Ablüfter Negativ Negativ Negativ



Weiteres Vorgehen 
Aus den Ergebnissen abgeleitet wurde in der Folge für diesen Betrieb ein Hygienekonzept zur Reduzierung der Salmonellenprävalenzen erarbeitet. Dabei lag der Schwerpunkt in diesem Falle auf dem Thema Schadnagerbekämpfung, aber auch Themen wie Gülletechnik sowie allgemeine und spezielle Desinfektion wurden diskutiert und verbessert.
     
Ein besonderer Schwerpunkt stellte auch die kritische Beurteilung des Futtervermahlungsgrades dar. Die Hereinnahme von Gerste oder- dort wo es möglich ist- auch CCM als Komponente hat einen sehr positiven Einfluss auf die Salmonellenprävalenz in einem Betrieb. Auf eine detaillierte Auflistung der einzelnen Punkte soll bewusst verzichtet werden, da ein Konzept immer auf einzelbetrieblicher Basis erstellt werden muss und auch im Hinblick auf die abzuprüfenden Punkte sehr komplex sein kann. So werden z.B. auf der Internetseite von QS in der herunterladbaren  „Eigenkontrollcheckliste Salmonelleneintrag“ 60 verschiedene Punkte abgefragt.
    
 
Diskussion 
Dieser  Fall zeigt sehr deutlich, dass es sehr gut und mit vertretbarem Aufwand möglich ist, ein Salmonellen-Screening durchzuführen und Maßnahmen zur Reduzierung des Salmonelleneintrages zu erarbeiten. Die Umsetzung dieser Maßnahmen und der Erfolg sind ganz wesentlich vom Verständnis und Willen der handelnden Personen im Stall abhängig. Ein Überstülpen von Maßnahmen kann nur zum Scheitern führen, vielmehr sind detaillierte Erklärungen der Zusammenhänge notwendig, um die erforderliche Akzeptanz bei den handelnden Personen zu wecken.

Eine ganz andere Frage ist die Diskussion über die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit der Halbierung der Salmonellen-Grenzwerte. Nach unserer Ansicht ist diese Halbierung weder fachlich noch politisch gerechtfertigt. Sicherlich gibt es nach wie vor Salmonellen bedingte Lebensmittelinfektionen mit sogar teilweise tödlichem Ausgang, aber die bereits derzeitigen Bekämpfungsprogramme auch und gerade im Geflügelsektor haben die Salmonelleninfektionen laut Statistik des Robert Koch Institutes (RKI) seit 2007 kontinuierlich und rapide abnehmen lassen, sodass in 2010 die Häufigkeit der beim RKI gemeldeten Fälle bundesweit um 43% und auf Niedersachsen bezogen sogar um 81% gesunken sind. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) berichtet in ihrem Jahresbericht  über Zoonosen und lebensmittelbedingte Krankheitsausbrüche 2009, dass bereits im fünften Jahr in Folge die Fälle von Salmonella-Infektionen rückläufig seien.
Die EFSA berichtet ferner, dass in 2008 Salmonellen in Lebensmitteln mit durchschnittlich 5,1%  in frischen Hähnchen, zu 5,6 % in Puten und nur zu 0,7% in Schweinefleisch nachgewiesen wurden! Die QS Organisation selbst führt aus, das die Zahl der Schweinemastbetriebe mit einem hohen Salmonelleneintragsrisiko für die Lebensmittelproduktion (Kat. III Betriebe) von 7 auf 3 % gesunken seien. Aus gesundheitspolitischen Aspekten kann also eine Verschärfung der Salmonellen-Grenzwerte nicht ohne weiteres abgeleitet werden.

Aus fachlicher Sicht ergeben sich außerdem weitere Fragezeichen. So ist bereits die Methodik insofern fragwürdig, als dass bei dieser Methode sowohl aus Blutproben wie auch aus Fleischsaftproben auf Antikörper untersucht wird, die im Grunde nur eine Aussage darüber zulässt, ob ein Schwein in seinem Leben eine Salmonelleninfektion durchlaufen hat; aber nicht darüber, ob dieses Schwein zum Schlachtzeitpunkt ein Salmonellenträger bzw. Ausscheider ist. Genau das aber wäre für das Risiko der Einschleppung von Salmonellen in die Lebensmittelkette ausschlaggebend! Die Geflügel- und Eierproduzenten gehen seit Jahren einen ganz anderen und äußerst erfolgreichen Weg! Hier wird z.B. neben einer Impfpflicht gegen Salmonellen bei den Legehennen direkt mit der sogenannten „2 Paar Sockenmethode“ nach den Salmonellen gefahndet und zwar zeitnah zum Schlachttermin!

Salmonellentiter sind zudem in der Zeitachse und innerhalb einer Tiergruppe sehr variabel (wie man auch in dieser Untersuchung sehen kann), ein bekannter Umstand und der Grund dafür, dass die Kategorisierung nicht nur an einer einzigen Untersuchung festgemacht, sondern durch ein langfristiges gleitendes Mittel gebildet wird.

Ein weiterer Aspekt ergibt sich aus dem in den Niederlanden und Dänemark völlig anders konzipierten Salmonellenmonitoring. So reichen in Holland bereits maximal 36 statt 60 Proben im Jahr und eine Halbierung der Grenztiter wird hier nicht diskutiert. In Dänemark werden die Betriebe erst bei 65% positiver Proben in Kat. III eingestuft, in Deutschland dagegen bereits bei 40% der Proben und in Zukunft eventuell bei noch niedrigeren Grenzwerten.
Nach internen Schätzungen von QS würden bei einer Halbierung des Grenzwertes ca. 50% aller deutschen Betriebe in Kat. II und III abrutschen! Eine eklatante Wettbewerbsverzerrung bei der außerdem befürchtet werden muss, das Schlachtunternehmen möglicherweise eine Kategorisierung in Kat. III zum willkommenen Anlass nehmen, solche Tiere mit Abschlägen zu belegen.
Zumindest für Zukaufbetriebe wäre es außerdem wünschenswert und fachlich sinnvoll, wenn Salmonellenmonitoring und Reduzierung der Salmonellenhäufigkeit beginnend von der Zuchtebene über die Produktionsebene und dann in der Mastebene umgesetzt werden würden oder aber zumindest zeitgleich erfolgen würden. So werden reine Sauenbetriebe und Ebervermehrer bis heute nicht oder nur unzureichend beprobt. Auch hier ist die Geflügelbranche beginnend in der Produktionsspitze, nämlich den Brütereien einen konsequent anderen Weg gegangen.

Ähnliche Gedanken und Bedenken scheinen auch innerhalb QS diskutiert worden zu sein. So hat sich aktuell der QS- Fachbeirat Rind- und Kalbfleisch, Schweinefleisch auf seiner jüngsten Sitzung September/Oktober 2012 gegen eine Senkung des Salmonellen-Grenzwertes ausgesprochen und es soll geprüft werden, ob es Alternativen zur aktuellen Kategorisierung der Betriebe in Risikoklassen gibt!

Bleibt zu hoffen, dass sich eine interdisziplinäre Fachgruppe des Themas annimmt und ausschließlich nach fachlichen Gesichtspunkten ein Salmonellenmonitoring in der gesamten Schweineproduktion etabliert.

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