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Aktueller Fall Januar / Februar

Erst kommt das Fressen, dann die Leistung
Jens Jungbloot, Vet-Team-Schleswig-Holstein, 25782 Tellingstedt

Der Bestand
Wir berichten von einem großen Sauenbestand, der auf einem hohen Leistungsniveau Ferkel produzierte und sie als Mastferkel vermarktete. Der Betrieb wurde an einem isolierten Standort aufgebaut und mit SPF-Sauen bestückt. Seitdem arbeitete er im geschlossenem System, hat also eine eigene Jungsauenvermehrung. Den hohen Gesundheitsstatus konnte er  bisher halten, so dass der Betrieb frei von  PRRS und Mycoplasmen (EP) ist. Für die Vermarktung werden die Ferkel allerdings gegen Mycoplasmen (EP) geimpft.

Der Fall
Der Landwirt beklagte, dass über einen längeren Zeitraum das Fressverhalten der Sauen in der Abferkelung immer schlechter wurde. Einige Sauen verweigerten das Futter schon bei Einstallung in die Abferkelung eine Woche vor Termin. Hiervon waren vor allem die Jungsauen betroffen. Andere stellten das Fressen nach der Abferkelung ein oder fraßen nur zögerlich. Wiederum andere Sauen unterbrachen die Futteraufnahme mitten in der Laktation. Nebenbei bekamen viele Sauen Fieberschübe und Milchmangel (MMA) in der ersten und zweiten Säugewoche. Dadurch traten Ferkeldurchfälle auf und die Absetzgewichte der Ferkel gingen zurück.

Die Untersuchung
Zum nächsten Abferkeltermin wurde ein Bestandsbesuch vereinbart. Bei diesem konnten keine Auffälligkeiten bei der Wurfqualität und beim Abferkelverhalten der Sauen festgestellt werden. Die geborenen Ferkel waren gut entwickelt. Allerdings war auffällig, dass alle Sauen einen besonders festen Kot absetzten. Die Kotballen waren nicht verformbar und zerbröselten bei festerem Druck. In der aktuellen Abferkelgruppe (73 Tiere) verweigerten 24 Sauen das Futter. Sensorisch war das Futter nicht auffällig. Die Sauen hatten freien Zugang zum Tränkewasser.  Die Konditionierung der Altsauen war gut, die Jungsauen waren zu stark gefüttert worden was wiederum in einem BCS von 4-5 zu sehen war. Dies konnte aber nicht die alleinige Ursache für das Problem sein. Daraufhin kontrollierten wir das Fütterungsregime. Die Sauen wurden im Tragendbereich (Gruppenhaltung) zum Schluss mit 3 kg /Tag NT-Futter ( 12,2 MJ ME) gefüttert. Die Umstallung in den Abferkelbereich war eine Woche vor Termin. Hier erfolgte die weitere Versorgung mit  Laktationsfutter (13,00 MJ ME). Davon erhielten die Sauen 2,2 kg pro Tag. Zur Abferkelung wurde die Menge nicht  reduziert und danach ziemlich schnell gesteigert.

Maßnahmen
Folgende Fütterungsempfehlung sollten umgesetzt werden:

  1. Reduzierung des Futters zur Geburt: 114. TT 2kg /115. TT 1,5 kg und zur Geburt max. 700g
  2. Bei verzögertem Geburtstermin 1,5 kg beibehalten bis zur Geburt + 200g Dextrose pro Tag, um Insulinspiegel für eine reibungslose Geburt hochzuhalten
  3. Am 1. Säugetag 1,5 kg füttern und dann tägliche Steigerung um 500g
  4. Am4. Und 8. Säugetag Steigerung aussetzen
  5. Ab 13. Säugetag individuelle Steigerung je nach Fressverhalten der Sau – Futter muss in 30 Minuten aufgefressen sein
  6. Jungsauen langsamer steigern
Weiterer Verlauf
Die neue Futterstrategie brachte eine gewisse Verbesserung. Die Erkrankung der Sauen an MMA ging zurück und es gab auch weniger Sauen mit Futterverweigerung. Insgesamt war das Bild aber noch nicht zufriedenstellend. Vor allem blieb der harte Kot auffällig. So wurde als nächster Schritt die Futterzusammensetzung kontrolliert. Mycotoxine spielten keine nennenswerte Rolle, aber eine hohe Anzahl von Futterkomponenten viel sofort auf und zwar im Tragend- und im Lactfutter. Der Gerstenanteil in beiden Mischungen war relativ gering, was nicht unseren Vorstellungen eines guten Sauenfutters entspricht. Beide Futtermittel wurden außerdem einer nassen Siebanalyse unterzogen. Dabei waren die Feinanteile (Partikelgröße unter 0,2mm) mit fast 50% viel zu hoch. Damit ließen sich die Verstopfungen erklären.

Weitere Maßnahmen
Die Futterzusammensetzung wurde vollständig geändert. Für beide Sauenfutter, Lac und NT, wurden gequetschte Gerste, Weizen vom Walzenstuhl, Sojaextraktionsschrot, Trockenschnitzel, Sojaschalen, Weizenkleie, Sojaöl und Mineralstoffmischung genutzt. Ziel war eine grobe Struktur um das Risiko für Magengeschwüre zu reduzieren, die Verweildauer im Magen zu verlängern (bessere pH-Wert Absenkung und zufriedenere Sauen) und die  Dickdarmverdauung zu fördern. Außerdem wurden beide Futter betreffend Komponenten, Energie und Rohfaser besser aufeinander abgestimmt um die Futterumstellung so schonend wie möglich zu gestalten. Da in diesem Betrieb nur pelletiertes Futter einsetzbar ist, entschieden wir uns für 5mm Pellets (vorher 3mm), da diese mit deutlich weniger Druckgepresst werden und somit weniger Struktur beim Pelletieren wieder verloren geht. Durch diese Maßnahmen erreichten wir in der Siebanalyse einen Feinanteil (Partikel kleiner als 0,2 mm) unter 25 % und einen Grobanteil (Partikel größer als 1mm) von knapp 50 %.

Das Futterkonzept und die vorher geschilderte Fütterungsempfehlung werden seit einem halben Jahr in dem Betrieb umgesetzt. Die Kotkonsistenz im Tragend- und Abferkelbereich ist nun optimal. Das Auftreten von MMA und Ferkeldurchfällen ist vorbei, so dass Behandlungen kaum noch notwendig sind. Die Absetzgewichte der Ferkel liegen auf noch etwas besserem Niveau als vor der Problematik.

Diskussion
Eine ungenügende Futteraufnahme führt zu einer Leistungsdepression. Dies ist an der Ferkelqualität, sprich Gewicht, sofort feststellbar. Erkrankungen in Form von MMA und Ferkeldurchfall sind vorprogrammiert.
Die Ursachen für eine mangelnde Futteraufnahme sind sehr vielfältig. Einerseits kann ein fehlerhaftes Fütterungsregime dazu führen. Anderseits kann das Futter selber die Ursache sein und dann fängt das Suchen an. Die Palette geht von Fehlmischungen (Fehler passieren jedem Menschen), falschen Komponenten oder zu hohem Anteil  geschmackbeeinflussender Komponenten, Mycotoxinen wie DON und Vomitoxin, Futterstruktur …, bis hin zur falschen Lagerung, so dass es zur Schimmelbildung bzw. Fäulnis kommt. Letztendlich kann auch eine infektiöse Erkrankung zur geringeren Futteraufnahme führen. Die Ursache ist nur durch eine gründliche Recherche feststellbar. Dabei ist die Wasserversorgung mit zu beurteilen.
Eine der häufigsten Schwachstellen ist der Übergang von NT- auf Lactfutter. Viele Futter sind hier nicht ausreichend aufeinander abgestimmt. Ein zweiter Knackpunkt ist die Futterstruktur. Häufig trifft man in der Praxis auf das Vorurteil, Futter muss so fein wie möglich gemahlen werden, um die Verdaulichkeit zu erhöhen. Ein großer Irrtum bei Sauen (und auch im FD und der Mast)! Wenn das Futter keine ganzen Körner enthält (einzelne stellen kein Problem da), kommt die Sau ohne Probleme mit einer groben Struktur, bei gleichbleibender Leistung, klar. Genannte Futtermischungen sind auf mehr als einem Dutzend Betriebe im Einsatz. Trotz der höheren Futterkosten und der nicht mehr perfekten Pellets (gröbere Struktur nach Mahlvorgang und weniger Druck in der Pelletpresse) ist noch kein Kunde wieder von diesen Futtern abgerückt.
 

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